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Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Der Kurs auf den Eisberg

Laut Scientists for Future werden die weltweiten Ausgaben für den Klimaschutz im laufenden Jahr 321 Milliarden US-Dollar betragen. Das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI spricht hingegen von weltweiten Rüstungsausgaben im gleichen Jahr von 2,2 Billionen US-Dollar. Setzt man die beiden Zahlen in Beziehung zueinander, dann wird global das 70-fache des Budgets für den Klimaschutz in Rüstungsgüter investiert. Man braucht nicht anzufangen, nach den Schuldigen zu suchen. Es ist zwecklos. Fakt ist, dass Fragen wie militärische Sicherheit, Macht, Einfluss, Zugriff auf Ressourcen und die Verteidigung der nationalen Souveränität den Staaten wichtiger ist, als die Fragen von Ökologie und Umwelt. 

Neben der Hausnummer der bloßen Investitionen in Ausrüstung und Kriegsmaterial muss noch der wesentlich schlimmere Faktor der Folgen von militärischen Operationen, sprich den so genannten lokalen Kriegen, mit ins Kalkül gezogen werden. Noch bevor der Staudamm in der Ukraine brach oder gebrochen wurde, waren die Folgen der bisherigen Kampfhandlungen eine lang anhaltende Katastrophe für Mensch und Natur. Der CO2-Ausstoß ballistischer Kampfhandlungen übersteigt die positiven Aspekte eines jeden Gesetzes der EU hinsichtlich der Emmissionseindämmung. Der Staudammbruch ist das nächste Kapitel, diesmal geht es um Vernichtung von Saatgut, der Verbreitung kontaminierten Bodens und – das wird in summa nie erwähnt, einer rapide ansteigenden Anzahl von toten Menschen und Tieren. Und die Ukraine ist nicht das einzige Land, in dem ein Krieg geführt wird, bei dem es um geopolitische und geostrategische Interessen geht.

Angesichts dieser Zahlen und Fakten ist es schon verblüffend, wenn die hiesige politische Klasse und die mediale Öffentlichkeit dieses Missverhältnis nicht aufgreifen. Und, um es beim Namen zu nennen: die Diskrepanz zwischen dem immer wieder formulierten Anspruch der klimatologischen Weltrettung und den Taten, die sich einzig und allein auf die Eskalation internationaler Konflikte konzentrieren und das eigene Land längst zu einer aktiven Kriegspartei gemacht haben, ist so gewaltig, dass ein massives Interesse besteht, sie nicht ins Blickfeld kommen zu lassen.  

Es ist müßig, sich darüber Gedanken zu machen, worin die Motive bestehen. Für viele Menschen ist das sonnenklar. Und es kann auch nicht darum gehen, entweder mit Korruptionstribunalen aufzuwarten oder eine Therapiecouch für fehlgeleitete Politiker einzurichten. Aber konfrontieren kann man diese Klasse schon mit der Frage, ob sie ihr eigenes Geschwafel vom Klimaschutz ernst meint und wenn ja, warum sie dann nicht im entferntesten mit Ideen aufwarten kann oder will, wie die Waffen zum Schweigen gebracht werden können und wie eine internationale Friedensordnung aussehen könnte und müsste. Und eine solche ist die Voraussetzung für die weitere Existenz der Menschheit, wenn die These der nahenden ökologischen Katastrophe stimmt.

Eine Politik, die in hohem Maße asynchron zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist, die sich verlagert hat auf symbolische Handlungen, die kaum Auswirkungen auf die realen Lebensverhältnisse vieler Menschen haben, muss zweifelsohne Widerspruch hervorrufen. Es mutet an wie ein Treppenwitz, wie gerätselt wird über den Zuspruch, den als radikal geltende Parteien in ganz Europa derzeit erhalten, ohne das eigene Handeln kritisch zu hinterfragen. Da sind entweder minderbemittelte Wählerinnen und Wähler oder feindliche Meinungsmacher oder beides die Ursache. Die eigene Widersprüchlichkeit fällt keinem mehr ins Auge. Auch nicht denen, deren Aufgabe es wäre. Die stehen auf den Gehaltslisten mächtiger Lobbies und pfuschen sich die Realität zurecht. Bleiben wir bei den Naturgewalten: Wir nehmen streng Kurs auf den Eisberg.

Eine letzte Frage sei noch erlaubt!

Vieles ereignete sich im zur Neige gehenden Jahr, über das sich nachzudenken lohnt. Es ist aber auch so, dass der Zug der Zeit über so manches, das uns bewegt, unbarmherzig hinwegrollt und dann doch in wenigen Monaten zumindest im Bewusstsein gar keine große Rolle mehr spielt. Was aber bleibt, das sind die Faktoren, die unser Dasein bestimmen. Da ist die Frage von Krieg und Frieden, die existenziell ist, weil davon das direkte Überleben abhängt, da bleibt die Frage nach den Mitteln, die ein Mensch braucht, um auch in Friedenszeiten überleben zu können und da ist der Faktor der Umweltbedingungen, die so sein müssen, dass wir Säugetiere in der jetzigen biologischen Form eine gute Prognose auf den Fortbestand haben. Alle drei Bedingungen sind seit langem nicht überall auf dem Globus gegeben. In zu vielen Regionen tobt ein Krieg, in zu vielen Regionen herrscht Armut und die Menschen sterben des Hungers und in zu vielen Regionen haben sich die Umweltbedingungen so entwickelt, dass bereits gelitten und irgendwann kein Leben mehr möglich sein wird. Tendenz: Kriege breiten sich aus, die Armut nimmt zu und der Raubbau am Planeten setzt sich fort.

Angesichts dieser Ausgangslage sei eine Überlegung erlaubt. Laut dem Stockholm Institute for Peace Research, kurz S.I.P.R.I. genannt und ob seiner wissenschaftlichen Vorgehensweise wie seiner Neutralität international anerkannt, haben die Staaten dieser Welt in diesem laufenden Jahr insgesamt mehr als 2 Billionen Dollar für Militärausgaben aufgewendet. Angeführt wird die unselige Liste von den USA, die alles mit mehr als 800 Milliarden Dollar überragen, gefolgt von China mit ca. 290 Milliarden bis hin zur Bundesrepublik Deutschland, die neben den jährlichen Ausgaben von ca. 52 Milliarden Euro nun noch ein Sondervermögen von 100 Milliarden für die militärische Aufrüstung angelegt hat. 

Militärausgaben sind, noch bevor sie zum Einsatz kommen, denn bei ihrem Einsatz sprengen sie alles, was noch sinnvoll als ökologischer Fußabdruck bezeichnet werden könnte, von ihrer Konzeption her ein Klimakiller per se. Sie basieren auf dem Verbrauch von Unmengen fossiler Energieträger und ihre Emissionen bei Anwendung ruinieren alle Bilanzen. Das zu Ende gehende Jahr war, wie die Jahre davor, ein Jahr des Krieges. Dass viele Menschen anders empfinden und genau das Jahr 2022 als besonders schrecklich in dieser Hinsicht begreifen, hängt mit der geographischen Nähe eines neuen Krieges zusammen und mit der propagandistischen Verarbeitung desselben. Das Perverse: Diese Kampagnen werden betrieben, um noch mehr Kriegswerkzeuge herstellen und verkaufen zu können.

Im Jahr 2022 fanden allerdings auch zwei Konferenzen statt, die sich mit der ökologischen Entwicklung des Planeten befassten. Einerseits die COP27 im ägyptischen Sharm El-Sheikh, bei der es um die Klimaentwicklung ging und die Weltnaturschutzkonferenz im kanadischen Montréal. Beide Konferenzen wurden mit hochkarätiger internationaler Besetzung abgehalten, Staatspräsidenten gaben sich die Klinke in die Hand, Tausende von Teilnehmern waren angeflogen und, wie immer bei solchen Gelegenheiten, bis spät in die Nacht wurde verhandelt. Was unter dem Strich herauskam, stand in keinerlei Verhältnis zu den skizzierten Problemen. Wenn man es in Geld messen wollte, so käme man zu dem Schluss, dass es, und damit sind alle gemeint, die dort dabei sind, der vermeintlich freie Westen wie der gelenkte Osten, alle, die industriell konstituiert sind und die das Wachstum predigen, insgesamt, global, d.h. weltweit nicht einmal ein Vierzigstel der weltweiten jährlichen Militärausgaben bereit sind aufzuwenden, um etwas gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen zu unternehmen.

Wer, das meine Frage, glaubt bei einer solchen Gegenüberstellung überhaupt noch an die Möglichkeit zur Besinnung, wenn die Grundlagen der menschlichen Existenz denen, die die Verantwortung tragen, nicht einmal ein Vierzigstel dessen wert sind, was sie bereit sind für die bewusste und geplante Zerstörung auszugeben? Und wer, bitte schön, wird nicht von gerechtem Zorn und Verachtung übermannt, wenn gerade diese Figuren es wagen, einer armen Seele, die ihre Zukunft existenziell gefährdet sieht und sich irgendwo festklebt, um auf sich aufmerksam zu machen, vorwirft, sie befinde sich auf dem Weg zum Terrorismus? Die Zeitenwende, die nötig wäre, würde keiner von diesen Zynikern politisch überleben.