Archiv für den Monat Januar 2022

Im Zerstörungswahn irregesoffen…

Irgendwie geht mir der Streit um das so genannte Schulgeheimnis der Hegel´schen Philosophie nicht aus dem Sinn. Hegel, der lange als der Staatsphilosoph Preußens galt, war dorthin mit dem viel zitierten Satz gekommen: „Alles, was ist, ist vernünftig.“ Das wurde als die Begründung und Legitimation der bestehenden Verhältnisse gesehen und löste bei allen, die sich nach einem epochalen Aufbruch in das Zeitalter der aufgeklärten bürgerlichen Gesellschaft sehnten, große Enttäuschung aus. Was allerdings nicht in den offiziellen Journalen stand, aber in den Notizen von Hegels Berliner Studenten, die seine Vorlesungen besuchten, war der darauf logisch folgen müssende Satz:  „Alles, was vernünftig ist, muss sein.“ Das war die Aufforderung zum konkreten, gesellschaftlichen und politischen Handeln. Und es war so gefährlich, dass es nicht in den offiziellen Protokollen stand.

Mann verzeihe den Gedankensprung ins schmutzige Heute, aber bei der Betrachtung dessen, was sich im Gros die Freie Pressen nennt, so scheint sich dort nur der erste Satz der Hegel´schen Maximen durchgesetzt zu haben. Alles, was ist, ist vernünftig. Egal, um was es sich handelt, ob Corona-Politik, oder der Außen-, oder besser gesagt, Kriegspolitik, nicht das, was gemacht wird, wird aus der Perspektive des gesellschaftlich Vernünftigen einem kritischen Blick unterzogen, sondern alles, was ist, ist die Verkörperung und Materialisierung des höchst Möglichen und Wünschenswerten. Es ist nicht so, dass man der Branche lediglich vorwerfen könne, sie propagiere den Status quo, nein, darüber hinaus beteiligt sie sich noch an der Diskreditierung aller, die sich um einen Weg bemühen, der dazu führen würde, das Vernünftige, das zu sein hat, zu finden. 

Aber genug der Schelte, es ist vertane Zeit. Propaganda verdient keine Energie, die auch für eine konstruktive Entwicklung genutzt werden kann. Das, was dort als Torso einer komplett unseligen Periode existiert, wird nicht lange überleben, wenn erst einmal deutlich wird, was vernünftig wäre und zu sein hat.

Nehmen wir die momentane Situation, oder sollte man sagen das Schauspiel, das sich abspielt um den Konflikt an der ukrainischen Grenze. Und bleiben wir bei dem Streit um die Hegel´sche Philosophie. Ist das, was sich dort abspielt, vernünftig? Oder wäre es an der Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was vernünftig wäre, um die Situation zu befrieden? Der Gedanke kommt weder den handelnden Politikern noch den darüber berichtenden Journalisten. Sie propagieren eine Vernunft, deren Adjektive Eskalation und Vernichtung sind. Sind wir tatsächlich in einem Stadium der Menschheitsgeschichte angekommen, in der die Vernunft die konkrete Form der Vernichtung angenommen hat? Und leben wir in Zeiten, in denen niemand mehr merkt, zu was die ganze Überhöhung der eigenen Position, die Apologetik und die moralisierende Rechthaberei geführt haben? Sind Kriege und Sanktionen tatsächlich die Ultima Ratio eines Zeitalters, das mit der Vernunft als Wahrheitsprinzip begann? 

Man muss sich dieser Tendenz nicht widersetzen. Man kann so weiterleben bis zum dem Crash, bei dem es nicht nur die fernen Völker trifft, auf deren Kosten man sein Dasein fristet, sondern auch die eigenen Belange kräftig durcheinanderbringen wird. Aber man kann auch anders. Man kann Vorschläge machen, wie man zurück zur Vernunft kommt, wie man Konflikte entschärft, anstatt sie zu befeuern. Wer das nicht kann, dem kann und sollte man nicht mehr helfen. Es geht zunehmend ums nackte Überleben derer, die sich noch nicht im Zerstörungswahn irregesoffen haben, sondern an einem Zusammenleben auf diesem Planeten interessiert sind, das sich an der Vernunft orientiert. „Alles, was vernünftig ist, muss sein.“ Seien Sie sich dessen sicher!

Sonnenfinsternis: Der Herr wird ihnen nicht vergeben!

Wer momentan die Meinung vertritt, die Gesellschaft sei nicht gespalten, folgt anscheinend zu sehr der offiziellen Berichterstattung. Zugrunde liegt dieser Annahme das Kalkül, dass der Widerstand gegen die Politik sich auf die dem Rechtsextremismus zugeschriebene Mobilmachung beschränke. Das ist falsch. Was sich als probates Mittel der Ausblendung als nützlich erwiesen hat, muss nicht unbedingt die Realität widerspiegeln. Das bis zur Übersättigung wiederholte Argument, wer sich gegen die immer weniger nachvollziehbare Corona-Politik wende, müsse notwendigerweise Sympathisant der AFD sein, kann zwar Menschen davon abhalten, sich an bestimmten Aktionen zu beteiligen. Die exklusive Diskreditierung von Kritik führt jedoch zum Gegenteil. Immer mehr Menschen, die in den letzten zwei Jahren existenziell gelitten haben und die mit dem Regierungskurs der tendenziell immer mehr auf einen autoritären Staat zusteuernden Maßnahmen und eine einem Hasard gleichende außenpolitische Orientierung nicht einverstanden sind, fühlen sich mißachtet und verleumdet. Daran ändern auch angesichts der Beibehaltung dieser Politik halbherzige Verlautbarungen nichts. Immer mehr Menschen haben das untrügliche Gefühl, nicht mehr gehört zu werden.

Das wohl Abgeschmackteste und leider allabendlich in den öffentlich-rechtlichen Medien in unendlichen Variationen wiederholte Narrativ, eine Kritik an dem kontinuierlichen Abbau von Grundrechten sei das Werk von Verfassungsfeinden, führt zu einer emotionalen Aufladung zweier sich immer mehr konturierender Lager. Diejenigen, die aus Angst und was auch immer Getriebenen, die jeder Anweisung folgen, haben sich mehrheitlich darauf geeinigt, die Anderen als die Ursache allen Übels auszudeuten. Und diejenigen, die es mit dem Begriff der Unveräußerlichkeit von Rechten ernst meinen, die übrigens in allen Parteien und Schichten vertreten sind, sind der ständigen Verdächtigung und Verleumdung überdrüssig und ballen zumindest die Faust in der Tasche.

Wenn die Bewältigung einer Krise dazu führt, dass es nur noch hier die Guten und dort die Schlechten gibt, dann ist etwas grandios schief gelaufen. Es erscheint einigen, die zum Beispiel für die jahrelange Demontage des Gesundheitssystems verantwortlich zeichnen und die sich jetzt als Retter aufspielen, von großem Nutzen zu sein, die Wut und den Argwohn auf andere zu lenken. Und es gehört schon eine große Chuzpe dazu, Kritiker an der immer wieder verlängerten Aussetzung verfassungsmäßig garantierter, unveräußerlicher Rechte als Verfassungsfeinde zu bezeichnen. Dass sich an der Kritik von Regierungspolitik auch Parteien beteiligen, die eine andere Agenda verfolgen, soll, nach dieser Logik, dazu führen, selbst den Mund zu halten.

Es ist immer wieder hilfreich, sich anzusehen, wozu eine derartige Argumentation führt. In diesem Zusammenhang sei der tief unter die Haut gehende Roman von Arthur Koestler „Sonnenfinsternis“ verwiesen. Dort geht es um die Liquidierung kritischer Geister in den Moskauer Prozessen in den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts. Zu ihnen gehörten auch renommierte Mitglieder der Kommunistischen Partei, die nach ihrer Inhaftierung mit der Argumentation konfrontiert wurden, dass die Kritik, die berechtigt und vernünftig war, auch von Feinden des Landes formuliert wurde. Es wird schmerzhaft geschildert, wie diese Logik zur Zerstörung von Persönlichkeiten geführt hat, die das Potenzial gehabt hätten, das Land vor Schlimmerem zu bewahren. Es handelt sich um ein Lehrstück darüber, wohin eine totalitäre Logik führen kann, wenn sie bis zum Exzess durchexerziert wird. 

Die Wortführer, die aktuell mit dieser Logik hausieren gehen, sind auf dem besten Weg, die Gesellschaft noch tiefer zu spalten, als dies bereits geschehen ist. Und der Herr wird ihnen nicht vergeben, ob sie wissen, was sie tun, oder auch nicht.    

Die Atlantik-Brücke und die Full Spectrum Dominance — Neue Debatte

Es geht um Interessen. Das war immer so und das wird so bleiben. Und die Interessen, für die Organisationen wie die Atlantik-Brücke eintreten, sind auf die einer bestimmten Fraktion in den USA zugeschnitten und nicht nur gegen Russland, sondern auch gegen Europa gerichtet. Der Beitrag Die Atlantik-Brücke und die Full Spectrum Dominance erschien zuerst auf Neue…

Die Atlantik-Brücke und die Full Spectrum Dominance — Neue Debatte