Die Revolutionierung der Arbeit durch die Digitalisierung der Information hat nicht nur in ökonomischer Hinsicht vieles verändert, sondern auch die physische Struktur und die damit verbundene Organisation der Arbeit hat sich in vielen Bereichen dramatisch gewandelt. Bereits vor einem Jahrzehnt sind in der Dienstleistungsbranche Wege gegangen worden, die unter einem Terminus wie Non-Territorial-Work-Station Geschichte geschrieben haben. Damit war quasi die Auflösung des Büros gemeint, die möglich geworden war, nachdem eine Rechner- und Instrumentenmobilität gewährleistet war und die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr notwendiges technisches Utensil unter den Arm nehmen konnten.
Die Erfahrung mit den aufgelösten Büros war keine dominant positive. In den Großunternehmen, die von der Option der organisatorischen Dissoziation am radikalsten Gebrauch gemacht haben, traten Folgen auf, die nicht vorausgesehen worden waren. Der Umfang der psychischen Erkrankungen nahm dramatisch zu, Vereinsamungs- und Depressionszustände wechselten sich ab mit oszillierenden Überforderungssyndromen. Psychologen sahen die Ursache in der architektonischen Auflösung der Gemeinschaft, die, wie rudimentär auch immer, noch in den Büros geherrscht hatte. Der Mensch, zumindest der des 20. Jahrhunderts, als soziales Wesen reagierte mit Störungen auf die physische Vereinzelung.
Mit den genialen Erfindungen aus dem Hause Apple und der daraus entstandenen und noch entstehenden Infrastruktur ist nun ein neuer Trend in Wirkung, auf den viele Unternehmen mit dem Slogan Bring Your Own Device reagiert haben. Mitarbeiter wählen und kaufen ihre digitalisierten Arbeits- und Kommunikationsinstrumente selbst, bekommen von ihren Arbeitgebern pauschal eine Summe pro Jahr und erhalten von wo auch immer Zugang zu den für sie und das Unternehmen relevanten Datenbanken. Arbeit ist somit komplett privatisiert und eine neue Welle der Auflösung von physischer Arbeitsarchitektur steht bevor.
So ist es mehr als ein Treppenwitz, dass ein derzeit in Berlin gebautes Ministerium mit ca. 3000 Einzelbüros zu einem der größten Museen für archaische Formen der Büroarbeit werden könnte, noch ehe diese offiziell bezogen sind. Es kristallisiert sich mehr und mehr heraus, dass die Atomisierung des Individuums, die mit der Virtualisierung der Arbeit einhergeht, zumindest subjektiv von den jüngeren Generationen besser verkraftet werden wird als von denen aus dem zurückliegenden Jahrhundert. Lehren aus deren Leiden bei den Tendenzen einer neuen Architektur der Arbeit könnten Kommunikationsforen und –lounges sein, die den Assoziierungswünschen des Individuums entgegenkommen.
Alleine die Übung, heutige Industrie- wie Büroarchitektur unter dem Aspekt ihrer untergehenden Notwendigkeit zu denken, würde nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche tiefgreifend verändern und revolutionieren. Derartige Szenarien, ob sie dem Einzelnen nun erstrebenswert erscheinen oder nicht, sind die Blaupausen für strategische Überlegungen zu einer Politik der Gestaltung des Gemeinwesens.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.