Nicht selten stellt sich die Frage, wie es kommen kann, dass einzelne Personen oder sogar ganze Organisationen nach einer Krise einfach nicht mehr auf die Füße kommen. Sie analysieren, was passiert ist, was die Krise ausgelöst hat, sie überlegen sich neue Strategien und sie investieren wieder gehörig: an Ideen, an Energie, an Ressourcen aller Art. Aber es wird einfach nichts mehr. Der Punch war der berühmte tödliche. Dabei hätten, in vielen Fällen, die Aktivitäten in anderen Zeiten durchaus gereicht, um aus einer Krise eine Chance zu machen. Aber manchmal soll es einfach nicht sein. Welche Umstände spielen in solchen Fällen eine Rolle?
Meistens liegt es an den anderen Beteiligten. Wenn sie nicht mehr gewillt sind, mit der Person oder Organisation weiter zu kooperieren, dann können diese unternehmen, was sie wollen, es wird einfach nichts mehr. Die Verweigerung der Kooperation kann vielfältige Gründe haben. Es kann einfach und objektiv der Bedarf an Kooperation gedeckt sein, was einfach nur tragisch wäre. Es kann aber auch eine Verletzung der Kooperationspartner sein, die einfach die Unzuverlässigkeit nicht ertragen oder akzeptieren. Es kann aber auch ein moralisches, ein kulturelles Aus sein. Das ist immer tödlich. Da hilft kein Neustart mehr. Da ist etwas untern durch, wie es in unserer Sprache so schön heißt. Und wer unten durch ist, der braucht sich nicht mehr zu bemühen, der hat seine Schuldigkeit getan.
Manchmal kann das sehr schnell gehen. Da steht ein Mensch oder eine Organisation im Rampenlicht, da wird angeregt über ihre Qualitäten gesprochen, ja die Qualitäten werden regelrecht gepriesen, und plötzlich passiert irgend etwas, das nie eine Rolle gespielt hat, das niemand aller Beteiligten und Kooperierenden je im Sinne dieser Gemeinsamkeit vermutet hat, und schon ist schlagartig Schluss. Je nach Stärke und Macht des Individuums oder der Organisation bricht dann die Zeit an, in der sich herausstellt, ob jemals wieder kooperiert werden kann.
Die ganz Mächtigen, denen das Prädikat der Systemrelevanz zugeschrieben wird, die werden von einem großen Ensemble an Spielern gedeckt und gefördert und oft auch wieder ins Spiel gebracht. Andere, die einen großen Beliebtheitsgrad genießen, aber nicht über derartige Lobbys und Allianzen verfügen, die sind dann mausetot. Es ist hoch spannend, zu verfolgen, wie diese Krisen ausgelöst werden, was die Akteure selbst unternehmen, wie sie damit umgehen und wie sie versuchen, da wieder heraus zu kommen. Und es ist interessant zu sehen, wie sich die ehemaligen Kooperationspartner verhalten. Das Spannende dabei ist, dass es sich um ein Leben-oder-Tod-Spiel handelt. Ja, das gibt es. Und meistens ist es existenziell und nicht physisch. Manchmal geht es aber bis zum physischen Ende.
Das Gemeinsame an Krisen, die zur Folge haben, dass manche nicht mehr auf die Füße kommen, ist der Bruch gesellschaftlicher Tabus. Das Wesen von Tabus ist, dass sie nirgends in einer Liste stehen und man sie nicht nachlesen kann, sondern dass sie aus dem Gespür aller Interakteure heraus gelesen werden müssen. Das Interessante ist, dass in Zeiten, in denen der normative Geist penetranter wirkt als die lässliche Gegenwart, die Anzahl der Tabus beängstigend gestiegen ist. Je unaufgeklärter der Verband, desto höher die Zahl der tödlichen Verbote. Die Chancen, aus Krisen wieder herauszukommen, sind dramatisch gesunken. Für jene, die Tabus brechen.
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