Archiv für den Monat Dezember 2016

Die Notbremse glänzt in der Sonne

Es ist merkwürdig. Obwohl das Maß an Kritik, dass sich überall zeigt, so groß ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr, liegt eine seltsame Ruhe über dem Land. Nur dort, wo die Kritik in den einfachen, enthemmten Trieb umschlägt, da brennen die Bäume. Nur ist es nicht dort, woher das Kritisierte kommt. Sündenböcke haben Hochkonjunktur. Das ist übrigens nichts Neues. In einem Land, in dem die Angst eine lange, aufwendige und politisch immer wieder bediente Tradition hat, in einem solchen Land wird nur sehr selten frontal das angegangen, was eigentlich als die Verursachung für das Böse gilt. Nein, da wirft man sich lieber auf Schutzlose, auf zufällige Boten oder auf welche, die so weit weg sind, dass man gar nichts machen muss. Eine Heldengeschichte ist das nicht gerade. Und von Adoleszenz bei einer Nation wie der deutschen zu sprechen, ist absurd wie schädlich.

Die Gründe, die für das Rumoren zu finden sind, sind fundamental. Es haben sich, vor allem im letzten Jahr, besondere Akzente herausgebildet, an die vorher niemand so richtig geglaubt hat. Das für viele Beobachter Erstaunliche ist das, was immer geleugnet und als der deutsche Sonderweg bezeichnet wurde. Mit Gefälligkeitswissenschaftlern wie dem Historiker Winkler, der die Warnung vor dem deutschen Sonderweg vor sich herträgt wie ein Mantra, wurde eine der geschicktesten Täuschungen überhaupt manövriert. Wurde mit der Warnung vor dem deutschen Sonderweg immer das Abweichen von dem Bündnis mit den USA genannt, so stellte sich nach der Wahl Donald Trumps heraus, dass die eigentlichen Scharfmacher bei der Konfrontation mit Russland nicht in Washington, sondern in Berlin sitzen. Und die Reaktionen auf jegliche Spekulation, inwieweit sich Moskau und Washington nach der Wahl des neuen Präsidenten annähern könnten, sind blanke Hysterie.

Das ist ein Grund, warum die Notbremse in der Sonne glänzt. Die Bundesrepublik hat sich mit dieser Regierung zu einer international aggressiv operierenden imperialen Macht entwickelt. Das ist längst nicht mehr mit dem zu rechtfertigen, die eigenen, tollen Autos verkaufen zu wollen. Die Studien, vor allem auch von dem Think Tank Wissenschaft und Politik, der seit Jahren unter anderem für das Auswärtige Amt arbeitet, zeigen, dass es um die Sicherung von Seltenen Erden in Afghanistan und Gaslieferungen aus Katar in Syrien geht. Das ist das Spiel, das die USA ein ganzes Jahrhundert lange getrieben haben und das sich so manch aufgeblasener Zwerg in Berlin. Jetzt als angemessen erdenkt. Da ging es in der Ukraine natürlich um das mögliche Fracking im Donbas und nicht um die berühmten Hähnchen aus dem Westen des Landes. Es ist bitter, aber so geht das nicht weiter, sonst kommt der Krieg, an dem das Land bereits in vielen Teilen der Erde heiß beteiligt ist, auch ins eigene Land. Das Hemd ist bekanntlich näher als der Rock.

Gedanklich inszeniert wird das in den Köpfen der Dogmatiker des Wirtschaftsliberalismus. Denen ist hier und jetzt der Krieg zu erklären. In den USA, dem Land der brutalen Pragmatiker, sind sie schon längst zum Teufel gejagt. Hier feiern die Schäubles und ihre Epigonen eine schwarze Messe nach der anderen. Daher beflügelt die Aussicht auf zwei Ereignisse, die mindestens im nächsten Jahr stattfinden müssen: Die Demission besagten Großinquisitors der Finanzdiktatur und die Ächtung der Regierungsbauchredner in den öffentlich-rechtlichen Meinungsfabriken.

MSpiegelMining – Informatiker David Kriesel dokumentiert auf dem 33. Chaos Communication Congress die Zensur beim SPIEGEL — Die Propagandaschau

Die meisten politisch interessierten und medienkritische Zeit­genossen haben die Zensur­maßnahmen in den Main­stream­medien, die wir auch hier im Blog mehrfach thematisiert haben, am eigenen Leib erfahren. Auf den ersten Blick willkürlich, zeigten sich sehr schnell Muster, die eine politische Agenda der Meinungsunterdrückung und Meinungsmache offenbarten; immer auf Linie der Regierung und trans­atlanti­scher Geopolitik. David Kriesel […]

über SpiegelMining – Informatiker David Kriesel dokumentiert auf dem 33. Chaos Communication Congress die Zensur beim SPIEGEL — Die Propagandaschau

Blick zurück im Zorn? Nur ganz kurz!

Madonna wird überall zitiert. Im Hinblick auf das Jahr 2016. Es solle sich endlich verpissen, meinte sie. Und diese Formulierung stößt allenthalben auf große Begeisterung. Madonna hatte es auf die vielen Todesfälle ihrer Branche bezogen und dabei Worte gewählt, die sie in ihrer Jugend in Detroits Arbeitermilieu gewählt haben mag. Wenn sie die Äußerung jedoch auf alles bezöge, was sich 2016 ereignet hat, dann hätte ihr viel zitierter italienischer Vater ihr wahrscheinlich den Hintern versohlt. Denn Defätismus, den konnte sich die Arbeiterklasse nie leisten.

Und das trifft für alle zu, die eine Vorstellung von der Zukunft haben, in der sie selbst eine Rolle spielen. Wer in Depression verfällt, weil sich Dinge nicht so entwickelt haben wie prognostiziert, sollte sich die Frage stellen, wie gefestigt das eigene Bild von der Zukunft ist. Und das ist keine Aufforderung zu einer neuen religiösen Sicht, sondern sehr diesseitig formuliert die Überzeugung, dass Geschichte von Menschen gemacht wird und dass Verhältnisse, die dem Interesse vieler widersprechen, auch geändert werden können.

Bei der Betrachtung dessen, was in den letzten 12 Monaten hinter uns liegt, sollte auffallen, dass der negative Zungenschlag gerade aus den Medien kommt, die sich auf die Seite einer Politik geschlagen haben, die keine Zukunft hat. Und tatsächlich, die Verfolgung einer Europapolitik des „Weiter so!“ ist ins Stocken geraten, die militärische und ökonomische Integration der Ukraine in den Westen ist fehlgeschlagen, der Flüchtlingsdeal mit der Neodiktatur Türkei steht, allerdings auf brüchigen Füßen, die politische Befriedung von Europas Süden ist im Großen und Ganzen misslungen und es stehen 2017 in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland Wahlen an, die manches verändern können. Der Krieg in Syrien um die Gasroute von Katar nach Europa wurde verloren und das militärische Abenteuer von Afghanistan stellt sich als kapitaler Fehler heraus. Jeder, der eine solche Politik zu verantworten hat, bekommt eine zwischenzeitliche Depression, aber das ist nicht das Problem derer, die für eine andere Politik eintreten.

Da fällt mir eine Episode ein, deren Geist für vieles gilt: Ein Amtsnachfolger fragte seinen Vorgänger, der als ein Inbegriff des Gelingens und der guten Führung galt, ihm einen Rat zu geben, um so souverän werden zu können wie er. Ohne mit der Wimper zu zucken antwortete der: Fälle Entscheidungen, mache Fehler, hol dir die Schläge ab und mache weiter. Nur aus Fehlern kannst du lernen und nur dein Wille ist der Garant dafür, dass du dich durchsetzt und Erfolg hast! Und genau so kann es nur funktionieren, das Suchen nach einer anderen und dann das Betreiben einer neuen Politik. Das zwar verständliche, aber nichts bringende Verharren in der passiven Beobachtung führt zu nichts. Am Ende steht ein alles erdrückender Skeptizismus, der die Welt nicht verändern wird.

Es geht auch darum, die Erfahrung derer zu bündeln, die nicht unbefleckt sind von den Versuchen in der Politik. Sie haben wichtige Erfahrungen, die denen fehlen, die sich vielleicht zum ersten Mal gegen den Wagen werfen, der wieder einmal alles zu überholen droht. Denn gewiss ist, dass die Profiteure von der Entstaatlichung, von der Entmachtung der Politik und von der nie da gewesenen Ausbeutung des Planeten den Wagen weiter rollen lassen werden ohne Skrupel und ohne moralische Bedenken. Da darf ein Blick zurück im Zorn erlaubt sein, aber nur ganz kurz, denn die ganze Kraft muss der Zukunft gehören, und die liegt, für alle, die es noch nicht wissen, immer vor dem Jetzt!