Immer weiter! Vom Hindukusch zum Indo-Pazifik!

Warum es ausgerechnet Sozialdemokraten sein müssen, die irrwitzige imperiale Phantasien zum  Besten geben, mag die Partei für sich entscheiden. Tatsache ist, dass sie sich zum Sprachrohr des unverblümten Imperialismus machen. Hatten noch der damalige Verteidigungsminister Peter Struck im Jahr 2003 verkündet, dass die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland auch am Hindukusch verteidigt werde, so gehen seine Nachfolger noch große Schritte weiter. Struck hatte damals das Engagement der Bundeswehr zusammen mit einem Strauß Verbündeter unter Führung der USA gegen den souveränen Staat Afghanistan aufgrund von Aufenthaltsvermutungen bezüglich als terroristisch geltender Individuen mit unterschiedlicher Staatszugehörigkeit verteidigen wollen. Mit dem heute gerne und viel zitierten Völkerrecht hatte das genauso wenig zu tun wie danach in vielen anderen Fällen. Egal. Man war dabei, 20 lange Jahre lang, und danach zog man überstürzt ab, ohne etwas zivilisatorisch Wertvolles hinterlassen zu haben. Neben afghanischen Leben kostete es auch das von deutschen Soldatinnen und Soldaten, die monetären Ausgaben werden offiziell mit 17,3 Milliarden Euro beziffert. Eine Evaluierung des gesamten Unternehmens wurde von der aktuellen Regierung zwar angekündigt, wurde bis heute jedoch nicht vorgenommen.

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, nach einem vorhergegangenen Plot des Regime-Change und us-amerikanischer Investitionen von 10 Milliarden Dollar zur Destabilisierung eines souveränen Staates, übrigens alles unter der Federführung eines gewissen Joe Biden, war nicht nur der Aufschrei groß, obwohl es sich um eine logische wie intendierte geostrategische Reaktion handelte. Und prompt sprang wieder ein Sozialdemokrat auf die Rednerbühne, und zwar der Parteivorsitzende selbst, und forderte seinerseits, dass Deutschland wieder eine europäische militärische Führungsmacht werden müsse. Mit der schon im Falle Strucks anzuzweifelnden Fähigkeit, das eigene Land zu verteidigen, was im Grundgesetz das einzige und oberste Ziel eigener Streitkräfte sein kann und muss, hatte das auch nichts zu tun. Und dass diese Koryphäe deutscher Geostrategie dieses am Jahrestag des Unternehmens Barbarossa verkündete, der Invasion der Wehrmacht in die Sowjetunion, ist ebenso pervers und widerlich wie die Tatsache, dass mittlerweile Panzer deutscher Fabrikation mit von den ukrainischen Verbündeten aufgemalten SS-Runen Richtung Russland rollen. 

Wer bis dahin dachte, eine Steigerung der imperialen Verwegenheit sei nicht mehr vorstellbar, hat mit dem neuen Darling der militärischen Renaissance nicht gerechnet. Pistorius, dessen Name an die Spionagethriller des letzten Jahrtausends erinnert, war kaum im Amt als Nachfolge einer ganzen Serie unglücklicher Frauen, als er den Aufwind des öffentlichen Zuspruchs hinsichtlich seines anpackenden Wesens spürte und dann wohl dachte, da setz ich doch noch einen drauf. Gesagt, getan. Zwar wird die Klaviatur der globalen Konfrontation bereits seit langer Zeit von den Grünen bedient, aber wer in der sozialdemokratischen Militaristentradition steht, muss sich dahinter noch lange nicht verstecken. Und schon war die deutsche Präsenz im Indo-Pazifik Thema, bis dato mit einer, demnächst aber sogar mit zwei furchterregenden Fregatten. Irgendwie erinnert das alles an die Weise, dass uns heute Deutschland und morgen die ganze Welt gehört. Und bei soviel Euphorie kann es schon einmal passieren, dass man sich am Liedgut ganz anderer Entitäten vergreift. Dass es diesem, aus einem ganz anderen Holz geschnitzten Minister der exterritorialen Verteidigung auch noch en passant gelang, den Chinesen den Marsch zu blasen, die es wagen, sich von deutschen pensionierten Ex-Piloten trainieren zu lassen, was ganz offiziell bei anderen, aktiven Kriegsteilnehmern seitens der eigenen Streitkräfte geschieht, schlägt da kaum noch zu Buche.

Immer weiter! Vom Hindukusch zum Indo-Pazifik! Nebenbei noch Russland ruinieren! Ganz ehrlich, wer im Koma lag und jetzt erwacht, der sehnt sich schnellstens zurück. Und alle, die das jetzt in sich herein stopfen wie Weinbrandpralinen, sei gewünscht, dass sie die ersten Schüsse nicht mehr hören.

Ukraine: Bis zur bitteren Neige!

Wir alle kennen das. Es gibt Situationen, da muss man schnell reagieren. Zumeist, und das ist bereits nachgewiesen, spielt das, was als Bauchgefühl bezeichnet wird, die wichtigste Rolle. Alles Wissen und alle zur Verfügung stehenden Informationen haben in der Regel nicht das Gewicht wie der Bauch. Nun stellt sich das eine oder andere Mal heraus, dass dieses Gefühl nicht immer den richtigen Trend vermittelt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn eine allgemeine Stimmungslage vorherrscht, die jede Form des In-Sich-Gehens verhindert und übertönt. Dann kommen die Entscheider nicht einmal mehr dazu, auf ihren eigenen Bauch zu hören. Denn dann singt der Chor des richtigen Gefühls in voller Lautstärke und allein das Verlangen, einen Moment der Einkehr zu gestatten, wird als unerhörte Widerborstigkeit stigmatisiert.

Wenn wir ehrlich sind, und dieses Bekenntnis erhält man nicht selten hinter hervor gehaltener Hand auch von denen, die an den Entscheidungen beteiligt waren, hat die Weichenstellung im Falle des Ukraine-Krieges nicht das erbracht, was man sich erhofft hat. Ziel war der Ruin Russlands. Die Weigerung von Energieimporten aus Russland hat die Inflation befeuert, die immer weiter gesteigerten Waffenlieferungen haben die Ukraine nicht befreit und der Stapel von Sanktionserlassen hat, man muss dazu sagen, wie immer, nicht zur Schwächung des Gegners geführt, sondern die Armen auf allen Seiten getroffen. Wenn man es resümieren sollte, müsste man davon sprechen, dass das medial hergestellte Bauchgefühl hierzulande zu Entscheidungen geführt hat, die an Hirnriss nicht zu überbieten sind. Außer, auch das sei erwähnt, man wechselt die Perspektive und sieht das Ganze aus den Augen der USA. Dann macht das alles großen Sinn. Nur sollte das, aus hiesiger Sicht, nicht die Zielsetzung von Politik sein. Da geht es immer noch um die eigenen Interessen.

Nun gut. Kehren wir zurück in unseren Alltag. Was machen wir, wenn wir feststellen, dass wir im Eifer des Gefechts und beim hereinhören in unsere Bauchbefindlichkeit Entschlüsse gefasst haben, die sich sehr schnell als falsch, Selbstverleugnung und unsinnig herausgestellt haben? Wir gehen in uns, korrigieren die Fehler und kommunizieren unseren Sinneswandel mit allen, die beteiligt sind. Oder machen wir lieber weiter, weil wir selbst nicht zugeben wollen, dass wir falsch lagen? oder untersagt uns eine andere Instanz, dass wir den Mund halten und so weitermachen sollen, wie bisher und die Schäden hinzunehmen sind? Die erste Variante, die Fehlerkorrektur, wäre das Verhalten von vernunftbegabten, erwachsenen Menschen, die zweite das Bild eines bockigen Kindes und die dritte Möglichkeit der Spielraum eines Sklaven.

Nun können wir beobachten, angesichts der unglaublichen Entwicklung, dass trotz der offensichtlichen Fehlurteile hinsichtlich der Instrumente von Embargos, Sanktionen und Waffenlieferungen, von den Entscheidern im Land und der EU die einzige Konsequenz in der jeweiligen Eskalation gesucht wird. Und die von ihnen immer wiederholten Formulieren wie „as long es it takes“ etc. zeugen von dem Willen, eine falsche Politik bis ins Unendliche verfolgen zu wollen. Oder, wenn wir die im kollektiven Bewusstsein existierende Beschreibung zitieren wollen, dann heißt die Devise: Bis zur bitteren Neige. 

Das ist fatal. Und es zeugt von einer Abgehobenheit und mentalen Isolation vom Wahlvolk sondergleichen, wenn sich die Verschiebungen im Wählervotum bei Umfragen nie aus der eigenen Politik erklären, sondern lediglich aus dem boshaften Agieren von Staatsfeinden und Defätisten. Da ist schon ein wenig die Atmosphäre aus dem Führerbunker im Spiel. Oder nicht?