Solomon Burke. Nothing´s Impossible
Seit Jahrzehnten ist er eine Ikone des R&B. Er tingelte den berühmten Chitlin´ Circuit, die harte Straße der Gigs durch den Süden der USA so oft, dass er jeden Diner auf tausenden von Meilen ausgiebig testen konnte. Schon vor Jahrzehnten konnte er es sich leisten, einen jungen Gitaristen wie Jimi Hendrix aus der Band zu werfen, weil der ihn mit seinen Riffepisoden nervte. Solomon Burke, der schwergewichtige Platzhirsch des R&B aus Philadelphia, der vor kurzem seinen 70. Geburtstag feierte, hat mit seinem neuen Album Nothing´s Impossible, vier Jahre nach seinem überaus erfolgreichen Nashville wiederum bewiesen, dass es in seinem Genre eine Zeit der Reife gibt, die sich in Rhythmus und tonaler Qualität äußert und die Weltmeisterschaft der Virtuosität den Jungen überlässt. Ähnlich wie B.B. Kings There Is Always One More Time, das letzterer ungefähr im gleichen Lebensalter aufgenommen hat, dokumentiert Solomon Burke in beeindruckender Weise, dass das Leben mit siebzig längst nicht vorbei ist, und der musikalische Ausdruck noch große Chancen birgt. Nothing´s Impossible hat das Zeug, das R&B-Album des Jahres zu werden.
Natürlich fängt der Reigen mit Oh What A Feeling an, denn die Voraussetzung für seine Musik ist ein tiefes, von Melancholie und sensueller Lebensfreude geprägtes emotionales Befinden, dass die dem Blues entlehnten Weisen mit einer in den Soul tauchenden Befindlichkeit ausmacht. Die allen Stücken innewohnende Romantik wird getragen von einem Bläserensemble, das die Dimensionen des wandernden Daseins ausschmückt: Fett, etwas ölig, doch nicht so sehr, dass es in die Trivialität abgleitet. Wie im Titelsong Nothing´s Impossible, der getragen wird von der weite des Landes wie der Lebenserfahrung, die dem entspringt, der sich auf es einlässt, entsteht alles, nur keine Aufregung. Egal, welche Geschichten Burke mit seiner kräftigen, gefälligen, mitten im Leben stehenden Stimme zum Besten gibt, sie sind geprägt von tiefer Erfahrung, Sehnsucht und Hoffnung. You´re Not Alone oder When You´re Not Here, New Company oder The Error Of My Ways, egal, welchen Song man sich anhört, es ist ein Thema, um das sich alles rangt. Es ist die Geschichte des Lebens, des Unterwegsseins, des Sichtreffens wie des Abschiednehmens. Ohne dass Solomon Burke sich Erklärungen behelfen muss, ihm gelingt es, diese Urmetapher der menschlichen Existenz in immer wieder variierenden Versionen zu thematisieren, ohne zu langweilen. Eine exzellente Band, mal gestützt von einem Chor oder von Bläsern, intoniert die Idee, dass es das Hinnehmen der Vergänglichkeit ist, die das Leben zu einem gelungenen Projekt macht. Da wundert es kaum, dass der Abschluss mit dem Titel I´m Leaving gefunden wird. Da sitzt niemand, der sagt, so, jetzt ist Schluss, nein, es geht immer so weiter, so ist es, und so wird es bleiben.
Solomon Burke ist es gelungen, ein Album zu komponieren, das die Tiefe seines Genres spüren lässt, das musikalisch überzeugt und eigentlich zeitlos ist. Das können sich die anhören, die schon lange dabei sind und auch die, die immer noch dabei sind, wenn der gute Solomon mit seinem Lincoln Continental längst vorm Himmelstor vorgefahren ist.
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