Ein zerbombtes Belgrad und das Modell der Schuldknechtschaft

Die Reaktionen auf den Friedensnobelpreis für die Europäische Union waren überschwänglich. Zumindest hier in Deutschland. Da standen Veteranen der Brüsseler Berichterstattung den Tränen nahe vor laufenden Kameras und berichteten aus den Zeiten, als es noch Grenzkontrollen gab und man die Rotweinkisten im Kofferraum öffnen musste. Und man führte an, dass aus der nahezu siebzigjährigen Nachkriegsgeschichte keine inner-europäischen Kriege zu verzeichnen seien. Und dass es vorwärts ginge, über eine gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung. Da ist, mit Verlaub gesagt, gehörig Verdrängung im Spiel und bei aller Euphorie über die verfallenden Wachhäuser an den Grenzen seien Gedanken erlaubt, die zur Beunruhigung beitragen müssen.

Im Grunde sind es zwei Ereignisse, die in Europa für Furore sorgen müssen, wenn über den Sinn der Europäischen Union räsoniert wird. Das eine ist die Zerschlagung und Neuaufteilung des Balkans und das andere ist die finanzielle Kolonisierung von Mitgliedsstaaten. Beides hängt zusammen und folgt in der Konsequenz dem gleichen Muster. In beidem spielte und spielt Deutschland eine gewichtige Rolle und beides wird dazu beitragen, dass der Frieden gefährdet ist.

Vor gut einem Jahrzehnt hatte vor allem die damalige Bundesregierung unter dem ersten Grünen Außenminister die europäischen Protagonisten eingesammelt, um sich für eine NATO-Intervention gegen Serbien auszusprechen. Die Folge war die Zerbombung Belgrads, die Neuaufteilung des ehemaligen Jugoslawiens und die Installierung von Kriminellen Vereinigungen wie der Kosovo-Regierung, die mit EU-Unterstützung die Region gezielt destabilisieren. War die militärische Intervention schon ungeheuerlich, so ist die Unterstützung derartiger Vasallenregierungen mit Milliardenbeträgen aus den EU-Töpfen ein Skandal, der bis heute aktuell ist.

Das, was heute als Griechenlandkrise in den Journalen tituliert wird, ist das Ergebnis einer Integration nach dem Muster, Kreditgewährung mit dem Ziel der Korruption der lokalen Eliten und Ermöglichung von Konsum von Waren aus dem Zentrum, z.B. Kauf von deutschen Rüstungsgütern, wie gesagt, auf EU-Kredit. Bei Staatspleite rollt dann der Internationale Währungsfond im Windschatten der EU heran und zwingt die betroffenen Länder nachhaltig mit einem Rezept in die Knie, das aus den Zeiten des Post-Kolonialismus stammt und immer wieder zu Bürgerkriegen geführt hat: Drastische Senkung der Staatsausgaben inklusive der Sozialsysteme, Schuldenrückzahlung und die Liberalisierung(!) des Bankwesens. Kaum zwei Wochen ist es her, dass Madame Lagarde vom IMF den Griechen mit kalter Schnauze diese Strategie ins Pflichtheft schrieb.

Ziel militärischer Intervention wie kreditgeladener Aggression ist und war immer die Etablierung von konsumptiven Märkten. Bei allen Passvereinfachungen muss klar sein, dass es letztendlich um diese Strategie geht. Und es muss klar sein, dass die Protagonisten der deutschen Europapolitik immer das meinen, wenn sie davon reden, dass gerade die Deutschen von der EU profitieren. Nur sind es nicht die Deutschen par excellence, sondern diejenigen, die ihre Waren auf den neuen Märkten absetzen. Die anderen sind dann dazu da, diese Märkte aus ihren Steueraufkommen zu stützen.

Es stellt sich die Frage, wie die Verleihung des Friedensnobelpreises in den Ländern wirkt, die durch die gewaltsam hergestellte Marktaffinität einen sehr hohen Preis bezahlt haben. Und es stellt sich die Frage, wie lange der Friede innerhalb dieser Länder noch hält, angesichts des vor allem von der Kanzlerin so favorisierten Modells der Schuldknechtschaft.