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Soul im kalten Norden

Maceo Parker. Soul Classics

Von Maceo Parker stammt das geflügelte Wort, when I need Sax, I call Candy. Damit meint er die niederländische Alt-Saxophonistin Candy Dulfer, die nicht nur mit ihren funkigen Rhythmen, sondern auch ihren langen Beinen für Furore sorgte. Abgewandelt ließe sich dieses Zitat auf den Initiator selbst übertragen: If you need Funk, call Maceo. Die heute kurz vor seinem siebzigsten Geburtstag stehende Funk-Ikone aus North Carolina, Maceo Parker, hat nicht nur dem Sound von James Brown die so signifikante Note verliehen, sondern danach auch eine unglaublich hart erarbeitete Karriere hingelegt. Bis heute absolviert der Ur-Funker nahezu 200 Konzerte im Jahr, von welchen keines unter drei Stunden dauert und währenddessen sich nicht nur seine immer perfekt sitzenden Anzüge langsam dunkel färben, sondern die Raumtemperaturen in äquatorialen Dimensionen flimmern.

Bereits im Jahr 2007 kam es zu einem Encounter zwischen Maceo Parker und der WDR Big Band. Letztere steht hier, im kalten Norden, zu Recht in dem Ruf, ein hervorragendes Jazz Ensemble zu sein, das bereits mit vielen transatlantischen Größen Live-Alben aufgenommen hat, die bereits kurze Zeit später als legendär galten. Die Zusammenarbeit aus dem Jahr 2007 konzentrierte sich auf Stücke von Ray Charles. Heute, 2012, sind es Soul Classics, von denen einige fester Bestandteil der brodelnden Konzerte Maceo Parkers mit seiner eigenen Band sind. Genauer gesagt handelt es sich bei dem vorliegenden Album um einen Mitschnitt von den Leverkusener Jazztagen im November 2011.

Zu Soul Classics brachte Maceo Parker gleich noch die Schlagzeugerin Cora Coleman-Dunham und den Bassisten Christian McBride mit, die, um es vorweg zu nehmen, als Rhythmuskatalysatoren einen genialen Job machen. Und egal, welche Stücke der inklusive Zugabe insgesamt 10 Titel man sich anhört, die Fusion von cartesianischem Norden und schwülen Süden ist gelungen. Ob papa´s got a brand new bag, i wish, higher ground, do your thing oder soul power, Maceo Parker spielt für seine Verhältnisse etwas unterkühlt, um sich in die technisch brillant gesetzte Sphäre der Big Band einzufügen. Die Stücke leiden nicht darunter, aber sie werden anders, als sie im parker´schen Original sind. Das mag am Big Band Sound generell liegen, oder an den unterschiedlichen Temperamenten, die hier zusammentreffen. Am Charakter der Soul Classics, auch bei rocky steady oder one in a million you, ist in keiner Weise zu zweifeln, denn sie beschreiben das, was den Süden und den Funk ausmacht: heiße Rhythmen, hohe Temperaturen und eine vorweg genommene Erschöpfung.

Soul Classics ist ein live mitgeschnittenes, brillantes Album, das natürlich von den Protagonisten Parker, Coleman-Dunham und McBride lebt, und das dokumentiert, zu was Michael Abenes WDR Big Band Cologne in der Lage ist. Es ist technisch perfekt eingespielt, es groovt, und die Qualität der Aufnahme ist gut. Es ist auf jeden Fall zu empfehlen, auch wenn die Skepsis nicht weicht und eine bestimmte Frage sich nicht ausblenden läßt: Ist der Soul nicht ein Genre, das woanders hingehört als auf Jazztage?