Das Dilemma des falschen Weges

Wer genug erlebt hat in seiner Biographie, der kennt auch das: Irgendwann muss man in einer brenzligen Situation eine Entscheidung treffen und man tut das, was der bisherigen Praxis entspricht, obwohl man bereits seit einiger Zeit das Gefühl nicht los wird, grundsätzlich etwas falsch gemacht zu haben. Aber die Autoritäten, das Umfeld, die Kommentatoren und alles, was dich umgibt, applaudieren dir, wenn du das machst, was in der falschen Logik folgerichtig ist. Dass sich die Ergebnisse dann irgendwann gegen dich stellen, ist durchaus folgerichtig, aber nichts hilft dann mehr. Je weiter der falsche Weg beschritten wird, desto schwieriger wird es, sich zu korrigieren. Wenn eine große Gruppe so unterwegs ist, dann endet das normalerweise in einer grandiosen Pleite.

Allerdings dauert es bis dahin noch ein bisschen. Es tauchen Stimmen der Kritik auf, die allerdings bei diesem Setting keine Chance haben. Sehr oft passiert dann etwas, was man als einen höchst problematischen negativen Nebeneffekt bezeichnen muss. Erstens treibt man die Kritiker, die es gut meinen, den Bauernfängern zu, die ganz anderes im Sinn haben und freudig die Arme ausbreiten, um die kritischen Stimmen zu empfangen. Und zweitens bleibt denen auf dem falschen Weg nichts anderes übrig, als die Stimmen, die ihr Handeln kritisch begleiten, zu beschimpfen und sie denen zuzurechnen, die das Ganze zerstören wollen.

Für die, die in einem solchen Prozess in der Verantwortung stehen, wird die Situation irgendwann nicht mehr beherrschbar. Zum einen, weil sich auf dem falschen Weg eine beträchtliche Summe unfähigen Personals eingeschlichen hat, das die Tragweite des Irrtums weder begreift noch richtig einzuschätzen vermag. Zum anderen ist die Möglichkeit einer radikalen Kurskorrektur ab einem kritischen Punkt nicht mehr möglich. Ab diesem Zeitpunkt liefert nicht mehr die analytische Unterscheidung zwischen richtig und falsch den Kompass, sondern Ängste. Wie verhalten sich die Mächte, in deren Interesse ich bisher gehandelt habe, wenn ich schwächele und kann ich mit denen, gegen die ich agiert habe, überhaupt noch ins Gespräch kommen? Oder sind dann beide Lager, das eigene wie das gegenüberliegende, zu Feinden geworden, die sich ihrerseits aus der Affäre ziehen wollen und sich bereits der Überlegung hingeben, wer sich bei dem zu erwartenden Desaster als bester Schuldiger machen würde?

Es handelt sich bei dieser Betrachtung nicht um eine weit hergeholte Geschichte aus der Märchenwelt, sondern um ein Beispiel aus dem Alltag. Es passiert, jeden Tag, im Kleinen und im Großen. Nennen wir es das Dilemma des falschen Weges. Und es gibt sogar einen Rat, den jeder und jede befolgen sollte: Entscheiden Sie immer so, wie sie es für richtig halten, auch wenn die Konsequenzen schmerzhaft sein können. Dann sind Sie nicht nur mit sich im Reinen, sondern dann genießen Sie auch bei allen anderen Beteiligten zumindest soviel Achtung, dass man Sie ernst nimmt. Andernfalls werden sie verachtet. Wegen Ihrer Schwäche und wegen Ihrer Verlogenheit. Da nützt Ihnen dann auch nicht, wenn Sie Gott und die Welt beschimpfen, dass es kein Halten mehr gibt. Das macht Sie nur noch lächerlicher.  

Oder Sie machen so weiter, wie bisher. Auch dieses Stück hat einen Ausgang: Denn dann kommt der Sensenmann und alle landen in der Hölle.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..