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1.700 neue Beamtenstellen im oberen Segment!

Natürlich kann man alles skandalisieren. Gerade in Zeiten der technischen Möglichkeiten, blitzschnell welche Öffentlichkeit auch immer erreichen zu können und sofort eine Reaktion darauf zu erhalten, ist die Versuchung groß, durch das Beschleunigungsmittel Skandal Aufmerksamkeit zu erreichen. Anlass dieses Gedankens war die Meldung in den Radionachrichten, dass die Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt 1.700 neue Beamtenstellen im oberen Besoldungssegment eingerichtet hat. Selbstverständlich meldete sich die Opposition ad hoc per Aufschrei und der Bund der Steuerzahler war sogleich mit einem Statement zur Stelle. Zudem dürfte die Befindlichkeit der Teile der Bevölkerung, die Beamte als die Verkörperung einer schwerfälligen und lebensfremden Bürokratie ansehen, ebenfalls bei dieser Meldung nicht zum besten bestellt sein.

Schnelle Urteile sind ab und zu nicht zutreffend. Manche bestätigen sich jedoch auch nach genauer Betrachtung. Was die Meldung anbetrifft, so sollte zunächst die Frage gestellt werden, was die Motive derer waren, die die Entscheidung einer doch gewaltigen personellen Aufstockung im administrativen Apparat zu verantworten haben. Leider liegen, zumindest der Öffentlichkeit, darüber keine Informationen vor. Was schlecht ist, da der nicht unerhebliche Finanzierungsaufwand aus öffentlichen Mitteln bestritten wird.

Eine nächste Frage wäre die, ob durch diese Maßnahme ein Kompetenzzuwachs zu verzeichnen ist. Wäre das der Fall, dann spräche vielleicht einiges dafür. Auch da muss allerdings konstatiert werden, dass dieses bislang nicht aufgefallen wäre.

Ein anderer Punkt ist der, und der trifft das sich über Jahrzehnte sich haltende Virus der deutschen Gesellschaft, nämlich die Abwehr von Innovation und die Blockierung wichtiger Veränderungen. Wieso sich so etwas wie das Beamtenrecht sich hat bis ins 21. Jahrhundert hat halten können? Dieses Instrument aus Kaisers Zeiten, das aus strikter Loyalität und der Fixierung auf bestehendes Recht besteht, steht für Gleichbehandlung und Ordnung, ist jedoch sui generis das Henkersbeil für schnelle Reaktion und die Konzeption neuer Wege. Versuche, an diesem arbeitsrechtlichen Zustand etwas zu ändern, hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Regierungen unterschiedlicher Couleur zwar gegeben, gescheitert sind sie alle an einer parlamentarischen Mehrheit dieser Berufsgruppe, über Parteigrenzen hinweg. Die Beamtenlobby ist eine starke Kraft, die bis heute ihre Interessen durchzusetzen wusste. 

Man muss daraus folgern, dass alle als wichtig und groß beschriebenen Vorhaben an der Denk- und Vorgehensweise dieser Gruppe scheitern werden. Sowohl die Digitalisierung als auch die Energiewende sind mit den zivilen Soldaten eines Kaisers nicht zu bewerkstelligen. Und, by the way, alle anderen europäischen Länder, die in der EU versammelt sind, kommen ohne dieses Instrument aus. Und bei vielen sind die genannten Projekte weitaus erfolgreicher verlaufen. Und komme niemand mit dem Argument der hoheitlichen Aufgaben! Wer das Vertragsrecht hochhält und konsequent handelt, ist auf der sicheren Seite.

Kommen wir zurück auf die Meldung, dass die Bundesregierung 1.700 neue, hoch besoldete Beamtenstellen errichtet hat. Politische Motive sind unbekannt, ein Kompetenzzuwachs ist nicht zu verzeichnen, der Beamtenstatus bleibt unberührt: Da ist der Verdacht mehr als berechtigt, dass es da um die sichere Versorgung von Parteiklientel ohne sonderliche Qualifikation geht. Wie jüngst zu beobachten gewesen im Familienministerium von Robert Habeck, dass immer noch als Wirtschaftsministerium geführt wird. Es erhärtet sich der Verdacht, dass in dieser Regierung das System von Korruption, Kollusion und Nepotismus gewaltig an Boden gewonnen hat. Da ist die Empörung mehr als berechtigt!  

Voll auf Sekte

Als letzter Spot vor den Hauptnachrichten in der ARD kommt des öfteren die Werbung für eine Bank. Es geht, natürlich, um deren revolutionär gute Leistungskraft. Letzteres wird entlehnt der unglaublichen Zielstrebigkeit der Deutschen generell. „Sind wir Deutschen noch normal“, so beginnt eine Suggestivsequenz, in der auf den politischen Willen verwiesen wird, die Energiewende tatsächlich hinzubekommen. Wer sich so etwas vornimmt, so die Botschaft, der ist zu allem fähig. Wir Deutschen sind es, die sich mit solchen Zielen von der Welt abheben. Vielleicht ohne es zu wollen, packen die Werbefachleute die potenzielle Kundschaft genau da, wo diese am labilsten ist: An ihrem Überlegenheitsgefühl und ihrem Prestigedenken. Ja, wir sind schon tolle Hechte, wir Deutschen.

Das Sendungsbewusstsein gehört nun schon seit mindestens einem Vierteljahrhundert zum Gestus derer, die den großen Krieg nicht mehr erlebt haben und deren politische Arbeitsfelder mit dem Ende des Kalten Krieges brachlagen. Anti-Militarismus, Anti-Imperialismus und bloßer Pazifismus waren passé, alles war gerichtet für den sanften Aufstieg in eine neue Mittelklasse, die sich nur zu bereitwillig von ihrer eigenen Geschichte lossagte. Zyniker nannten die politischen Konvertiten gerne eine Renaissance der „Zurück, oh, Mensch, zur Mutter Erde“-Bewegung der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Und, von der Themenwahl, mit der sich diese neue Kraft auch politisch formierte, ähnelte sie dieser in sehr starkem Maße. Denn sie wirkte zunächst einmal unpolitisch, bis auffiel, dass sie Ernährungsgewohnheiten, Sexual- und Kaufverhalten über jedes Maß politisierten, während sie soziale Lebensbedingungen, Fragen der Gerechtigkeit und Friedenserhaltung bewusst bagatellisierten. 

Der Trugschluss derer, die entweder an der politischen Vorgeschichte dieser neuen Klasse beteiligt waren und auch zum Teil derer, die ihr ein politisches Mandat verliehen, war der, dass sie glaubten, es noch mit einer politischen Bewegung zu tun zu haben. Das ist, zumindest wenn die Dialektik zum Instrumentarium der Betrachtung gehört, einerseits richtig und trivial und andererseits nur der Schein von etwas anderem. Denn aus sich selbst heraus war der neue Stand nur noch egoistisch auf seine Interessen bedacht, er verstand es aber, die Illusion einer allgemeinen politischen Interessenvertretung auch bei denen zu suggerieren, die sie nur wählten, ihr aber nicht angehörten.

Und so erleben wir heute einen neuen bildungsbürgerlichen Mittelstand, der den Mächtigen in diesem Land in keiner Weise mehr weh tut, solange ihm  die Stimmen dazu reichen, sich selbst nach den eigenen Bedürfnissen zu bedienen. Alles, was das Gros der Bevölkerung heute an Bevormundung und Schikane ärgert, ist zumeist den Bedürfnissen der in dieser Klasse vereinigten Sonderlingen zu verdanken, die, im übertragenen Sinne, unablässig an allem kränkeln, was ihren Gewohnheiten fremd ist. Und ihr etabliertes Refugium zu erhalten, das ist ihr ganzes Ansinnen.

Alles, was diesem Partikularinteresse und der ihm zugrunde liegenden Werte entgegensteht, wird als feindliche Bedrohung gesehen und daher rigoros bekämpft. In dieser Auseinandersetzung werden selbst eigene Werte geopfert, solange das hilft, die eigene, gefühlte Bedrohung zu eliminieren. Der eigene Kanon von Interessen und den dazugehörigen Werten und Ritualen wird in dieser Auseinandersetzung überhoben. Was herauskommt, ist die wohl sektiererischste Erscheinung in der westlichen Zivilisation.  Diese pseudo-alternative und nicht von ungefähr archaisch daher kommende Lebensweise wird, so der Glaube, die restliche Welt beglücken. Der neue Mittelstand, dessen Stimme so stark ist, dass sie über die Grenzen in andere Länder ertönt, ist voll auf Sekte. An diesem Wesen, so glauben ihre Mitglieder, soll die Welt genesen. Eine Weise, die manchen noch geläufig ist.

Signale aus Moskau

Und plötzlich kommt sie, die Wende, gepaart mit Macht und Taktik. Natürlich spielt Russland nicht den Part einer Volksbefreiungsarmee, und natürlich leidet die russische Gesellschaft unter erheblichen Defiziten in Sachen Demokratie. Doch darum geht es bei dem Konflikt um die Ukraine nicht. Entscheidend ist, dass in einer Atmosphäre der gegenseitigen Eskalation Russland die Initiative ergriffen und ein mächtiges Signal Richtung Befriedung der Situation gesendet hat. Ob es greift, ist nicht vorhersehbar. Nur sicher ist, dass, sollte es nicht wirken, der Einfluss Russlands auf die Ost-Ukraine bewusst oder unbewusst überschätzt wurde. Greifen Putins Worte an die Befürworter eines Referendums nicht, dann wird deutlich, wie kompliziert die Lage innerhalb der Ukraine tatsächlich ist und wie primitiv die Schwarz-Weiß-Konturierung der EU-Diplomatie tatsächlich geraten ist. Dass die westliche Propagandaabteilung bereits Erklärungen parat hat, sollte das Referendum trotzdem durchgeführt werden, lässt sich denken: Putin spielt mit gezinkten Karten. Wohl dem, der dieses nicht tut.

Man sollte die Chance nutzen, um sich neben den naheliegenden Fragen nach einer legitimen Regierung der Ukraine, nach dem Status der Krim, nach dem Selbstbestimmungsrecht bestimmter Regionen und nach der Expansion der NATO durch das Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine auch noch eine andere, strategisch vielleicht doch sehr wichtige Frage zu stellen: Welche wirtschaftlichen Interessen stehen auf wessen Agenda?

Da empfiehlt es sich, in die kalten Arsenale der Macht hinabzusteigen und sich einmal anzusehen, was in den letzten Jahren in wirtschaftlich-energetischer Hinsicht vor sich gegangen ist. Da gibt es ein europäisches Energiemonopol namens Russland, von dem nicht nur ehemalige Assoziierte aus dem Sowjetreich, sondern auch mitteleuropäische Staaten wie die Bundesrepublik in nicht geringem Maße abhängen. Und da gab es bereits Versuche seitens der vormaligen Regierung Merkel-Steinmeier, das russische Liefermonopol aufzuweichen durch Verhandlungen mit Vorzeigedemokratien wie Usbekistan und Aserbeidschan. Beides gelang nicht, aber die Intention alleine birgt doch einen gewissen Enthüllungscharakter. Russland erwies sich als stärker, was anscheinend nicht verziehen wurde.

Sowohl, diejenigen, die das Öl- und Gasmonopol Russlands durch Lieferantendiversifikation aufweichen wollten als auch diejenigen, die eigene Lieferpotenziale durch Methoden wie das Fracking entdeckt haben, sind nun dabei, die Frage neu aufzuwerfen. Bei letzterem sind die USA bereits Protagonist und hier in Europa lauern schon manche Konzerne, die gerne die Legitimation für das Fracking hätten, um auf den Markt zu kommen. Ein Engpass, der durch eine Blockade Russlands entstünde, käme da gerade recht.

Und nicht zu vergessen die Fundamentalisten hierzulande, die mit einer Ent-Industrialisierungsagenda eine staatsmonopolistisch betriebene Energiewende favorisieren, die sehr von dem Ausfall russischen Gases profitieren und den Druck auf ein Gelingen des Projektes immens erhöhen würde. Was sich anhört wie eine Verschwörungstheorie, ist leider das Ergebnis eines leidenschaftslosen Mappings wirtschaftlicher und politischer Handlungsweisen.

Russland selbst hat klar umrissene Interessen. Zum einen geht es um die geostrategische Frage des Zugangs zum Schwarzen Meer, die sich mit dem Referendum auf der Krim vorerst erledigt hat. Zum anderen ist die Bedrohung durch die NATO an den eigenen Grenzen nach wie vor virulent, aber durch das Anzeigen der eigenen Kampfbereitschaft ist der Westen etwas zurückgewichen. Nicht zu vergessen sind wirtschaftliche Interessen eines Energieanbieters. Die Signale aus Moskau sind in diesem Kontext zu sehen. Man muss sie nicht interpretieren, Streitsumme wie Colt liegen auf dem Tisch. Mal sehen, welche Räubergeschichten daraus im Westen abgeleitet werden.