Kritische Infrastruktur und Tarifautonomie

Wenn es nicht so schrill wäre. Wenn es nicht so dreist wäre. Wenn da nicht das Gefühl vorherrschte, alles machen zu können. Jenseits der Logik, jenseits der Vernunft, jenseits dessen, was von den Gutgläubigen als gesunder Menschenverstand bezeichnet wird. Unter dem Schutzschirm des großen Lautsprechers, der das erzwungene Auditorium traktiert, als handele es sich um einen Freibrief zur Körperverletzung und der seelischen Grausamkeit. Deshalb machen sie es. Weil sie es können. Wie lange, das ist und bleibt die Frage. Denn, auch das wissen wir, nichts ist von Dauer. Und alles wird vom Wind der Zeit hinfortgeblasen.

Täglich bekommen wir Futter. Für diesen Umstand. Dass sie meinen, sie dürften alles, ohne an eine Grenze zu stoßen. Ein aktuelles Beispiel ist die Thematisierung der kritischen Infrastruktur. Natürlich sprechen die Vertreter der Freien Demokraten, die sich bereits mit ihrer offenen Waffenlobby einen sichern Platz für eine zukünftige Anklage erworben haben, nicht von dem terroristischen Akt der Zerstörung von Nord Stream 2. Denn dort ist der größte Anschlag auf die kritische Infrastruktur der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Existenz verübt worden. In diesem Fall schweigen die so besorgten Hüter des Staates. Nein, diesmal geht es um die Bundesbahn.

Und mit der Bundesbahn als ein allgemein zu beobachtendes Leck in der öffentlichen Infrastruktur, das entstanden ist durch so genannte Privatisierung, das entstanden ist durch unterlassene Wartung und nicht getätigte Investitionen und das entstanden ist durch reihenweise überfordertes und gleichzeitig hoch dotiertes Management. Nein, sie meinen selbstverständlich die streikenden Eisenbahner. Genauer gesagt die Lokführer. Mit einem Gewerkschaftsvorsitzenden, der quasi als Unikat unter ansonsten weichgespülten Erfüllungsgehilfen des Neoliberalismus in der Vitrine steht. Wer einen Eindruck davon bekommen will, welche Aufgabe Gewerkschaften in der Vergangenheit hatten, der besehe sich diesen Mann. Er kämpft mit harten Bandagen für die Interessen der bei ihm Organisierten. Dass das den neoliberalen Waffendealern, Rentenbörsianern und Infrastrukturschützern ein Dorn im Auge ist, verwundert nicht. Deshalb der Gag mit dem Angriff auf die Tarifautonomie.

Auch dieser Fall zeigt, dass nicht nur der eine oder andere Fall dokumentiert, wie verlottert bestimmte Parlamentariergruppen unterwegs sind. Nein, er macht deutlich, dass es neben all dem Dilettantismus und belanglosem Gerede eine ganz klare Kontur gibt. Es existiert eine geostrategische Verpflichtung, die so groß ist, dass sie aus eigener Kraft nur dann erfüllt werden kann, wenn neben den entfernten, aber immer näher kommenden heißen Kriegen auch der Krieg im eigenen Land, der der Reichen gegen die Bedürftigen, der der Begüterten gegen die Mittellosen mit Vehemenz geführt werden soll. Dafür steht die genannte Partei wie keine andere, obwohl sie nicht die einzige ist. 

Insofern kann die Standhaftigkeit der Lokführergewerkschaft, ob man die konkreten Ziele teilt oder nicht, auch als ein Zeichen gelesen werden, das Aufschluss darüber gibt, wie man diesen Herrschaften am besten begegnen kann. Unabhängig davon, welchen semantischen Unsinn sie aus der Jauchepumpe holen. Wenn ihnen die kritische Infrastruktur am Herzen liegt, dann sind sie im Soll! Nicht die Lokführer. Aber wer von der eigenen Armseligkeit ablenken will und wer sich im Schutze der Meinungsindustrie zu wissen glaubt, der fühlt sich unangreifbar. 

Organisation. Klare Ziele. Entschlossenheit. Standhaftigkeit. Und Kampfbereitschaft. Das sind die Attribute, um die es geht. 

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