Schlagwort-Archive: Völkerrecht

Totaler Krieg: Die Zeit wird knapp!

Wenn sich alle einig sind, wird es gefährlich. Zumindest in Bezug auf die Abbildung der Realität. Die großen Zeitungen wie die Öffentlich Rechtlichen Medienanstalten vermitteln den Eindruck der Einigkeit. Für sie ist seit dem Februar 2022 alles klar. Russland hat einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen. Russland begeht Kriegsverbrechen und ermordet Oppositionelle. Russland liefert Waffen an Verbrecherregimes. Putin als Person ist ein Ganove, Joe Biden nannte ihn einen son of a bitch.. 

Was nachdenklich stimmen sollte, ist das Verschwinden oder zumindest das Vergessen aller Berichte und Reportagen, die auf den Regimewechsel in der Ukraine hinwiesen und die Beteiligung der USA wie der NATO bei der Unterdrückung russischer Bevölkerungsteile, bei der Aufrüstung der Ukraine und durch das systematische Ignorieren russischer Sicherheitsinteressen. Ein einfacher Perpsektivenwechsel zerstört das Bild von Ursache und Wirkung. Ein Land, das zweimal in der Geschichte von Westen her überfallen wurde und unglaubliche Schäden und Verluste dadurch hinnehmen musste,  hat berechtigte Sorge, dass sich so etwas wiederholen könnte. Der Westen, geführt durch die USA mit ihrer Doktrin der Full Spectrum Dominance ignorierten jeden Versuch Russlands, durch vertragliche Vereinbarungen das Sicherheitsbedürfnis zu berücksichtigen. 

Die deutsche Position dokumentiert, dass aus dem historischen Debakel zweier Weltkriege nichts gelernt wurde. Dass heute Russland als Feindbild Nr. 1 von dem globalen Kriegstreiber Nr. 1, den USA, komplett übernommen wurde, zeigt nicht nur die realen Machtverhältnisse, sondern auch das fehlende Selbstbewusstsein. Wer Bilanzen lesen kann, sollte das tun. Nachlesen, wer wo auf diesem Planeten seit 1945 Kriege vom Zaun gebrochen und geführt und Regierungen gestürzt  hat. Russland war es nicht. Und das Völkerrecht wurde von keinem anderen Land so oft gebrochen wie von den USA. Wenn allein diese Erwähnung dazu führt, als ein Agent Russlands überführt zu werden, ist dies ein Indiz für die Bodenlosigkeit. Es wird aufgerüstet und die Ausdehnung des Krieges ist beschlossen.

Die ideologischen Bluthunde dieses Plans haben in der Bundesrepublik eine stabile Stammwählerschaft von 15 Prozent. Das sollte Anlass sein, sich Gedanken darüber zu machen, wie ihnen der Zugang zur Macht verwehrt werden kann. Unmöglich ist das nicht, auch wenn dieses Milieu die Meinungsindustrie dominiert. Dass in diesem Kontext bereits die staatlichen Geheimdienste wie die Ermittlungsbehörden gegen alle vorgehen, die für Friedensinitiativen stehen, sagt alles. Der Putsch der Kriegspartei hat bereits stattgefunden. 

Es ist, wie immer, eine Machtfrage. Die Dürftigkeit der Zeugen, aus welcher Denkfabrik oder welcher Werbeschmiede mit dem Firmenschild Journalismus sie auch kommen, hat zu einer breiten emotionalen Ablehnung in der Bevölkerung geführt. Politisch, im Sinne der Formierung einer starken Partei, die sich für den Frieden einsetzt, ist die Ablehnung bis heute nicht gediehen. Folglich sind wir Beobachter eines Wettlaufs zwischen beidem: dem Vorantreiben des Kriegs und seiner Ausweitung auf alle Gebiete und einem starken Nein in Form einer politisch ernst zu nehmenden Position. Die Lage spitzt sich zu und die Propaganda schießt auf des Volkes Ohren aus allen Rohren. 

Nichts führt zum Erfolg, wenn der Nebel im Kopf dominiert. Wer Doppelmoral nicht zu erkennen in der Lage ist, dem wird nicht mehr zu helfen sein. Globaler Imperialismus steht nicht für eine liberale Demokratie. Krieg löst keine Probleme. Die, die letztlich zu zahlen haben, sind nicht die Gewinner. Die Wahrheit ist einfach. Deshalb das Getöse, um sie zu verbergen. Die Zeit wird knapp!

Die Vergeltung und das Völkerrecht

Irgendwie drängt sich das Gefühl auf, dass die durchaus breit gefächerte und dennoch sehr selektive Berichterstattung im Lande von den Konsumenten hauptsächlich auf die eigenen Belange hin gefiltert wird. Die Demonstrationen, die momentan Hunderttausende aus ihren guten Stuben geführt haben, richten sich, so diffus das klingt, gegen „rechts“. Damit ist ein Terminus im Spiel, der, genau wie sein Pendant „links“, nicht mehr groß der Orientierung dienen kann. Wenn die Landkarte verschwimmt, wie das derzeit der Fall ist, sind die topographischen Übungen auf ihr sinnlos. Mit Sicherheit kann gesagt werden, dass der Tenor der Demonstrationen eine Absage an Rassismus und Provinzialität ist, mehr aber auch nicht. Ein Einstehen für unsere Demokratie, wie viele Interpreten jetzt sehen, verlangte weitaus mehr. Denn diejenigen, die sich dieser spontanen Bewegung jetzt so gerne anhängen wollen, gehören ebenso zum Problem. Der Rechtsstaat, im bürgerlich-demokratischen Sinne, wird seit langem durch das Bild eines Gesetzesstaates aufgeweicht. Und die Rechtsvorstellungen, mit denen die verantwortliche Politik durch die Lande zieht, sind abenteuerlich.

Nehmen wir einmal die Positionen, die in internationalen Konflikten eingenommen werden. Was seit Langem auffällt, ist die Benutzung des Terminus der Völkerrechtswidrigkeit, allerdings nur in den Fällen, in denen es der eigenen Positionierung dient. Natürlich ist demnach der Angriff Russlands auf die Ukraine völkerrechtswidrig. Seit dem Februar 2022 ist diese Formulierung annähernd 30.000 mal in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen benutzt worden. Wenn es jedoch um eigene Verstöße des Völkerrechts geht, dann ist von einer regelbasierten internationalen Ordnung die Rede. Dass diese mit dem Völkerrecht nichts zu tun hat, liegt auf der Hand. Ansonsten hielte man sich an das Völkerrecht und die international geltenden Prozeduren, um es zur Geltung zu bringen.

Die im wahren Sinne des Wortes brandaktuellen Beispiele sind geeignet, um die Angriffe auf ein bürgerliches Rechtsverständnis zu illustrieren. Der Beschuss von Transportschiffen im Roten Meer von jemenitischem Gebiet aus, der den Huthi-Rebellen zugeschrieben wird, müsste, nach einer Anhörung des Staates Jemen im Plenum der Vereinten Nationen zu einer Beschlussfassung führen, wie mit dieser Aggression umzugehen ist. Analog dazu ist der Anschlag auf eine US-Station in Jordanien zu sehen. Die reklamierte regelbasierte Ordnung, die das Völkerrecht komplett ignoriert, hatte sowohl Luftangriffe auf den Jemen wie, im Falle nach dem Anschlag in Jordanien, mehr als 80 Bombardements von auf irakisches und syrisches Gebiet durch amerikanische, britische und sonstige Alliierte zur Folge. Dabei wurden zahlreiche Zivilisten getötet. Der amerikanische Präsident nannte die Aktionen Vergeltungsmaßnahmen. Selbiges wurde wortgetreu in „unseren“ Medien so wiedergegeben. Sorgen über den Zustand der Demokratie hat es nur bei einer kleinen Minderheit gegeben.

Noch einmal zu der gewaltigen Mobilisierung gegen „rechts“: Wenn die Vertreter unserer Demokratie in internationalem Maßstab ein Handeln rechtfertigen, und, auch das ist zu vernehmen, überlegen, ob sie sich aktiv daran beteiligen, Vergeltung zu üben, dann haben sie die Grundlage eines bürgerlichen Rechtsverständnisses verlassen. Vergeltung ist das Handeln von Barbaren. Sie hat nichts mit einer Rechtsordnung zu tun, bei der beide Seiten gehört werden und eine unabhängige Instanz das Vertrauen genießt, ein Urteil zu fällen. Und eine Allianz, die über eine derartige Perversion des Denkens nicht einmal ein kritisches Wort verliert, ist nicht dazu geeignet, hohe Güter wie Recht und Freiheit zu verteidigen. Wir reden von den Protagonisten einer erschütterten Weltordnung. Und nicht von durchgeknallten Sektierern im Hinterzimmer einer Kneipe. Das bereitet mir tatsächlich große Sorgen.

Die Dogs of War erziehen keine Lämmer

So geht es einfach nicht. Aber es geschieht trotzdem. Jeden Tag. Gerade, an einem Sonntag, höre ich die Ausführungen eines Berliner Theologen im Morgenradio, wie er über die Grenze von friedlichem Protest und dem Übergang desselben zu einer Aufforderung zu Straftaten spricht. Nicht, dass nicht jeder Mensch zu jedem Thema seine Meinung sagen dürfte. Einen Fachmann in Sachen Gott und Religion zu einem Grundrecht und dessen Ausübung als Experten zu befragen, grenzt schon an groben Unfug. So ist es jedoch geschehen und so erleben wir es jeden Tag. Entsprechend war auch das Resultat.

Er leitete zum Beispiel aus dem bei den Bauernprotesten häufiger verwendeten Symbol des Galgens, an denen eine Ampel hing, eine Aufforderung zum Lynchen konkreter Personen und verurteilte diese Form des Protestes scharf. Dass die Justiz nicht dieser Meinung war, lässt sich daran ablesen, dass nirgendwo eine Staatsanwaltschaft und keine unabhängigen Rechtspersonen diesen besonderen Aspekt des Protest zum Anlass genommen haben, um Anzeigen zu erstatten oder zu ermitteln. Sie betrachten diese Aktionen als symbolische Handlungen, die als politische Aussagen gemeint waren und verstanden wurden.

Die Signifikanz dieser Episode besteht darin, dass die Form und das Maß der Interpretation in Bezug auf die Ausübung demokratischer Rechte durch Teile der Bevölkerung als harsch und drakonisch bezeichnet werden. Durch die jeweilig politischen Verantwortlichen, durch die meinungsbildende Kommunikationsindustrie wie durch selbst ernannte Experten. Das Phänomen hat seit der Corona-Epidemie absurde Formen angenommen. Widerspruch, so die Devise, ist immer nah an der Aufforderung zum Staatsstreich und der Zerstörung der Demokratie.

Und auch hier sollte nicht vergessen werden, dass ausgerechnet die genannten Vertreter aus Politik, Presse und vermeintlichem Expertentum außenpolitisch einen Verhalten an den Tag legen, dass sie innenpolitisch scharf verurteilen. Da wird eskaliert, da werden Waffen an jeden verkauft, der auf dem Hof erscheint und mit den Scheinen wedelt und da wird kein Gedanke daran verschwendet, zu wieviel Mord und Ungerechtigkeit es führt und – und das ist die Pikanterie an dem Verhalten – welche Rechtsverletzung die Folge ist. 

Wie oft haben wir seit der russischen Invasion der Ukraine gehört, dass es sich bei der Aktion um eine Verletzung des Völkerrechts handelt? Ich habe einmal grob überschlagen, die Formulierung ist mittlerweile mehr als 25.000mal allein aus Kanälen wie der Tagesschau oder dem heute journal ertönt. Und, bleiben wir einmal beim Recht, allein die gestrigen Attacken des Jemens durch amerikanische wie britische Bomben, Drohnen und Raketen, die den Zweck haben, den Seeweg für Transporte durch das Rote Meer gegen Angriffe vom Territorium des Jemen zu sichern. Mit dem Völkerrecht hat diese Intervention in keiner Weise etwas zu tun. Warten wir einmal ab, ob und wann in der politischen Kommentierung, in der Berichterstattung oder in einer Expertenanalyse dieser Sachverhalt benannt wird. Nehmen Sie ruhig ein dickes Buch zur Hand. Und warten Sie bitte nicht bis zum jüngsten Tag.

Die Stabilität eines politischen Systems hängt unter anderem davon ab, inwieweit es gelingt, das Handeln derer, die Funktionen ausüben und derer, die sie kommentieren, in Einklang steht zu dem, was die Bevölkerung von diesen erwartet und umgekehrt, d.h. inwieweit die Appelle an die Bevölkerung in Hinblick auf das der Situation entsprechende Verhalten auch von denen vorexerziert wird, von denen die Appelle kommen. Die Dogs of War, wie es im Englischen so schön heißt, erziehen keine Lämmer. Diesen einfachen Zusammenhang sehen sie nicht.