Es ist kein Zufall, dass mit dem Niedergang des sozialistischen Lagers der Kapitalismus die ideologische Freiheit erlangt hat, die mit einem konkurrierenden System nicht gegeben war. Als es noch möglich war, über die Mauern und Zäune zu blicken und die Lebensverhältnisse zu vergleichen, da riss man sich zusammen und strebte danach, der großen Masse der Bevölkerung Lebensverhältnisse zu garantieren, die zumindest aus Sicht diesseits der Verriegelung, besser erschienen. Heute wissen wir, dass dieser Vergleich hinsichtlich des Konsums stimmte, in Bezug auf die Meinungsfreiheit und die Freizügigkeit auch, was Bildung, Frauengleichstellung und noch andere Aspekte anbetrifft, so müsste einiges korrigiert werden.
Nachdem die Sowjetunion implodiert und die Mauer in Deutschland gefallen war, nachdem viele ehemalige Volksdemokratien in die Knie gegangen waren und sich dort begannen, parlamentarische Demokratien zu etablieren, herrschte auf der ganzen Welt eine große Aufbruchstimmung, vor allem die Aspekte von Demokratie und Frieden hatten Hochkonjunktur. Wäre da nicht das Verschwinden der Vergleichsmöglichkeit gewesen. In unbändiger Gier und Rücksichtslosigkeit gingen die Verfechter des Neoliberalismus ans Werk. Sie zerstörten nicht nur alle Träume von direkter Demokratie, sondern sie verscheuchten sehr schnell das Gespinst einer globalen Friedensordnung.
Der entfesselte Kapitalismus sorgte nicht nur für eine den Erdball umspannende Ausbeutung von Ressourcen und Arbeitskräften und die Zerstörung der Umwelt, sondern die von Anfang an getriggerte NATO-Osterweiterung sicherte die Revitalisierung alter und die Ziehung neuer Konfrontationslinien. Die Ergebnisse dürfen wir heute begutachten. Immer größere Teile der Bevölkerung, ob in Europa und vor allem in den USA nähern sich hinsichtlich der Elementarversorgung der Mülltonne, heiße Kriege sind seit seit Jahrzehnten en vogue und das Völkerrecht steht nur noch auf dem Papier. Well done! Einer Handvoll tatsächlich existierender Individuen gehören 90 Prozent der globalen Reichtümer, der Rest hat immer mehr Probleme mit den Verwüstungen des Gelages klarzukommen. Der entfesselte Kapitalismus hat es geschafft, alle Dystopien des 20. Jahrhunderts in nur 30 Jahren als harmlos zu falsifizieren.
Neben den sozialen und ökologischen Schäden der Periode des Wirtschaftsliberalismus sind die mentalen Verheerungen noch gar nicht in ihrem vollen Ausmaß absehbar. Was jedoch festzustellen ist, und zwar nicht nur „da oben“, sondern überall, in allen Lebensbereichen, ist eine pathologische Überhöhung des Egos. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit, ob bei der Arbeit, in den Parteien, in Organisationen, in Vereinen und Familien dominiert immer das Mantra des entfesselten Kapitalismus: Was bringt mir das? Und, sollte sich herausstellen, dass das Ego nicht profitiert, wird kalt und ohne soziale Verantwortung reagiert. Die asoziale Barbarei gilt als common sense. Der Grad der sozialen Verwahrlosung hat eine Höhe erreicht, die auch erklärt, warum so viele Menschen bereit sind, Kriege zu befürworten, solange man selbst nicht betroffen ist. Die Psychopathen führen das Wort. In allen Bereichen, vor allem in der Politik und in den monopolisierten Medien.
Die Brisanz der Massenerkrankung ist soweit fortgeschritten, dass sich die Frage stellt, inwieweit das Steuer noch herumgerissen werden kann. Dass die Psychopathen nun diejenigen, vor allem junge Menschen, die sich zu Recht ihrer Zukunft beraubt fühlen und etwas dagegen unternehmen wollen, kriminalisieren und mundtot machen wollen, passt zu ihrem Weltbild.
Wir befinden uns in einem Stadium, in dem die Gegenseitige Hilfe groß geschrieben werden muss. Jenseits der existierenden Strukturen muss sie greifen. Und es muss Klarheit darüber geschaffen werden, woher die Misere kommt. Der Kapitalismus, so wie wir ihn in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, hat keine Zukunft. Sonst hat die die Menschheit keine Zukunft. Wer mit den Psychopathen träumt, wacht nicht mehr auf!
