Schlagwort-Archive: Logik

Kehrt die Logik noch einmal zurück?

Jetzt, wo es wieder heiß ist, während der berüchtigten Hundstage, ist eine Zeit angebrochen, in der es durchaus geraten ist, sich etwas zurück zu nehmen, und in einem abgedunkelten Zimmer oder unter einem Schatten spendenden Raum sich grundsätzlicheren Überlegungen hinzugeben. Der Vorteil, den die den Körper verlangsamenden Temperaturen bringen, ist die mangelnde individuelle Bereitschaft, sich in einen noch mehr erhitzenden Gemütszustand zu versetzen. Das Denken funktioniert noch, langsamer und dadurch mitunter vorsichtiger, während die Hitze der Debatten, die wir in den letzten Jahren so fürchterlich zu lieben gelernt haben, als etwas nicht so Erstrebenswertes erscheint. So gibt uns das Dasein die eine oder andere Stunde, in der wir uns ohne Zwang und Widerrede mit dem beschäftigen können, was als die Schule des Denkens bezeichnet wird. Vielleicht stimmt es auch, um der Romantik noch eine späte Ehre zukommen zu lassen, dass die in ihren Texten beschriebenen Glückszustände etwas mit der Nähe zur Logik zu tun haben. Ohne dass es einer der klugen Köpfe, die sich so wunderbar hinter den Formulierungen des Müßiggangs zu verstecken wussten, jemals zum besten gegeben hätte. Und sehen Sie? Schon sind wir einem neuen Schulgeheimnis auf der Spur, ohne dass wir diesem Ziele zweckrational gefolgt wären.

Ja, die Logik. Wie hat sie doch gelitten in den letzen Dekaden. Kaum eine Disziplin wurde derartig in der journalistischen Schnellverwertung entjungfert, missbraucht und den gierig wartenden Ratten vorgeworfen wie das Verlangen, den einen Schritt der menschlichen Überlegung dem anderen nach den Regeln strenger Plausibilität folgen zu lassen. Nicht, dass die Menschen, die es gelernt hatten, nach diesen Maximen ihre Art zu denken zu bemessen, das Geschäft des serienmäßigen Betrugs nicht bemerkt hätten. Anfangs haben sie sich auch noch dagegen gesträubt. Aber die kollektive Wucht der Meinungsmaschinen und Denkmonopole, die unüberschaubare Anzahl von sektiererischeren Quellen und Stiftungen haben auf die Dauer die unwiderlegbaren Schritte der Logik geflutet und im Unrat erstickt.

Und wer sich dem dennoch entgegenstellte, dem wurde mit Isolation und Verachtung gedroht. Das, was dieses Geschäft der groß angelegten Manipulation dabei in die Hände spielte, waren gar nicht die schnellen Überläufer in das Lager des Obskurantismus. Sie gibt es immer. Es sind die ganz Schwachen, die noch nie etwas zustande gebracht haben, das Substanz hätte. Sie sind schnell dort, wo der Bestechungsgroschen, in welcher Form auch immer, in Metall oder Lorbeer, schnell zu kassieren ist. Nein, das Unglück wuchs durch jene, die sich dem Trugschluss hingaben, weil sie es bereits vorher nicht so mit der Logik hatten. Sie sahen in die Sterne und entdeckten große Pläne, traumatisiert durch die Ereignisse begannen sie mit Erzählungen, die in die Räume der Therapie gehörten und nicht in das Institut der unbestechlichen und harten Logik. Auf sie wurde dann auch verwiesen, wenn es darum ging, die wenigen, aber unbeugsamen Geister zu diskreditieren, die sich dem Coup der kollektiven Verblendung entgegenstellten.

Der Prozess ist längst nicht abgeschlossen. Die Hyperaktivität der Erregungsmaschine läuft solange weiter, bis sich die Kräfte der Logik erholt haben und zum Gegenschlag ausholen. Was nicht außer Acht gelassen werden darf, ist die Inkongruenz von veröffentlichter Meinung und der unbezwingbaren Folgerichtigkeit der Logik. Die Stille, von der letztere im Gegensatz zur ersteren umgeben ist, sagt nichts aus über die letztendlich vorhandene Durchsetzungskraft. Mit dieser Gewissheit lässt es sich einmal im Schatten ruhen.

Griechenland: Der kalte Eros der Logik

Die Logik ist ein schönes, aber auch kaltes Weib. Daher kann nicht jeder so richtig mit ihr. Denn sie wendet sich einem nur dann so richtig leidenschaftlich zu, wenn man ihr im Rahmen ihrer eigenen Maßstäbe eine Avance macht. Zu den Abgewiesenen der Logik zählen Legionen. Und die sind von ihrem Gemütszustand her in einer Sphäre aus Trotz und Verbitterung. Noch nach Jahren wollen sie es der Schönen und Kalten heimzahlen. Deshalb sind sie auch so außer Rand und Band. Denn so sehr sie sich auch mühen in dem Verlangen, vor allem unlogisch zu sein, ihr Werk wird nie zum Erfolg führen. Denn, so kalt die Logik auch sein mag, nachtragend ist sie nicht, und beabsichtigte Verletzungen für Vergangenes nimmt sie ihrerseits gar nicht wahr.

Nun, nachdem die Griechen gewählt haben, werfen sich vor allem Hinterbänkler aus dem Europäischen Parlament wie dem Bundestag ins Rampenlicht und lehren die staunende Öffentlichkeit, wie es geht, wenn man bei der Logik so richtig vergeigt. So erzählen sie die Geschichte, wie sie seit der Genese der Finanzkrise gerne von denen erzählt wurde, die sie eigentlich verursacht haben. Da haben die Griechen einfach über ihre Verhältnisse gelebt, einen Haufen Schulden gemacht und sei seien dann von der altruistischen Vereinigung der EU vorm Ruin gerettet worden mit Krediten aus den einzelnen Staatshaushalten. Und jetzt hätten diese Griechen die Chuzpe, einfach so linksradikale Träumer zu wählen, die die Schuldverpflichtungen in den Wind schrieben.

Während die Logik das alles schon nicht mehr erträgt und ganz woanders flaniert, sei nur bemerkt, dass Säcke voller Kapital in Zentraleuropa faul in den Ecken herumlagen, ehe findige, staatlich beauftragte Banker vor allem in Südeuropa künstliche Konjunkturen aufbliesen, die Renditen versprachen. Ja, und es gab und gibt in Ländern wie Griechenland Strukturen, die dieses begünstigten, und ja, sie haben das Geld gerne genommen. Aber die windigen Investoren, die auch mit Steuergeldern bereits unterwegs waren, die wurden nicht eingesperrt, sondern als systemrelevant erklärt und mit Michels harten Groschen gerettet. Denjenigen, die in die Falle gelaufen waren, zog man kurzerhand die Hosen aus und warf ihnen fortan nur noch hartes Brot über den Zaun. Dass diese das irgendwann durchschauten und nicht mehr wollten, war eine Frage der Zeit.

Nun, nach Griechenlands Wahl, geht ein Gespenst um in Europa, und zwar das Gespenst, dass der Wiege der Demokratie noch andere Länder folgen werden, die auch durch die Finanzkrise sehr gebeutelt wurden. Italien, Spanien und sogar Frankreich könnten folgen. Immerhin sind die Vorstellungen der Europäischen Zentralbank, der Weltbank wie des Internationalen Währungsfonds insofern immer deckungsgleich, als dass sie die Bevölkerung für gouvernal verursachte riskante Finanzpolitik bezahlen lassen und dieses durch die systematische Senkung von Staatsausgaben zu bewerkstelligen suchen. Und es bleiben Sozialsysteme, die den Namen nicht verdienen, eine Gesundheitsversorgung, die den Menschenrechten widerspricht, Bildungseinrichtungen, die verwahrlosen und Infrastrukturen, die aussehen wie nach einem Krieg und eine Jugend, die ohne Perspektive, es sei denn die der Emigration aufwächst.

Eine Europäische Union, die sich bei ihrer Osterweiterung als ein Bündnis freier und zunehmen florierender Staaten anpreist, kann derartige Konflikte nicht wollen. Und Völker, die das Opfer einer europäischen Finanzpolitik wurden, können es nicht dulden, dass sie untergebuttert werden wie wertlose Konkursmasse. Jetzt wird es richtig spannend auf dem Kontinent, den Griechen sei Dank!

Die schwäbische Hausfrau und die Hormone des Wachstums

Es handelt sich um eine eigenartige Irritation. Wir erleben in der Öffentlichkeit, oder besser ausgedrückt, in der Sache der Öffentlichkeit Verhaltensmuster, die sich mit der Logik von unseren individuellen Lebenswelten nicht mehr decken. Das, was wir wie selbstverständlich jeden Tag machen, um zu überleben, gelingt uns in der Öffentlichkeit nicht mehr, weil wir andere Ansprüche an das Gemeinwesen anmelden, als wir es je gegenüber Personen täten. Zum einen sind wir Bestandteil dieser nicht konsistenten Logik, weil wir uns in diesem System genauso bewegen wie in unserem privaten, zum anderen sind wir sehr empfänglich für die nicht selten populistische Kritik daran. Die berühmte schwäbische Hausfrau, die so gerne von Teilen der Politik bemüht wird, ist ein hervorragendes Beispiel für diese Art des Populismus.

Klar ist, dass die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung eine Fähigkeit besitzt, die dem öffentlichen Diskurs und den damit verbundenen Aushandlungsprozessen zunehmend abgeht: Die der Einschränkung. Das so oft angeführte Beispiel, dass sich jeder Mensch nur das leisten kann, wofür er Geld hat ist so trivial wie zutreffend. Und was machen wir, als private Wesen, wenn wir etwas Neues begehren, das wir haben wollen? Wir schränken uns ein oder wir streichen andere Ausgaben. Das kann jeder, das passiert jeden Tag millionenfach ohne Geschrei und Gezeter.

Im Gegensatz dazu ist das Umsteuern öffentlicher Haushalte nahezu nicht mehr möglich. Einen sterbenden Hund auch sterben zu lassen, um sich einer Investition in die Zukunft zu befähigen, ist aufgrund des flächendeckenden Besitzstandslobbyismus schlichtweg nicht mehr möglich. Sobald Leistungen, seien sie noch so ungerecht, zukunftskontrovers oder absurd, zur Disposition stehen, rollt eine Woge des Protestes gegen die armen Teufel, die es gewagt haben, mit der Rationalität geschäftsfähiger Bürger den dann kolportierten totalen Abbau, kaltherzigen Schlag oder zynischen Tod der nutznießenden Lobby zu inszenieren.

Das Fazit dieser Situation ist der faktische Stillstand, weil logischerweise Zukunft nicht mehr stattfindet, wenn man nicht in sie investieren kann. Wenn die Budgets der Gegenwart und der Vergangenheit sakrosankt sind, ist im Status Quo Endstation. Es sei, denn, man spekuliert mit einer Anleihe auf die Zukunft durch Neuverschuldung. Letzteres ist der nahezu standardisierte Weg des politischen Handelns geworden. Allerdings nicht, weil die herrschenden Politikerinnen und Politiker verantwortungslose Wesen wären, sondern eher, weil sie den Zorn der Besitzstandshydra fürchten. Letzten Endes müssen wir uns mit einem Geisteszustand befassen, der uns allen eine schizoide Grundstruktur bescheinigt: Wir lassen in Bezug auf unsere Interessen im politischen Aushandlungsprozess die Logik selbst nicht mehr zu, der wir in unserem eigenen, privaten Alltag ohne zu murren und mit großem Vertrauen folgen.

Der eine Hebel, mit der sich die Gesellschaft aus der Verantwortung zum Kürzen in strategisch belanglosen Bereichen befördert, ist der der Aufnahme von Krediten, d.h. die Neuverschuldung. Der andere, ideologisch weitaus verhängnisvollere, ist die uneingeschränkte Forderung nach Wachstum. Und ein weiteres Symptom für die die Logik betreffende Pathologie ist die Tatsache, dass die heftigsten Kritiker der Wachstumsideologie die schlimmsten Verfechter antiquierter Besitzstände sind. Wer die durchaus berechtigte Kritik an dem Verhalten des politischen Systems auf die handelnden Politiker reduziert, greift mit der Kritik ins Leere. Der Staat, das sind auch wir und unser Verhalten. Und eine Gesellschaft, die sich nicht mehr darauf einigen kann, Dinge zugunsten von Investitionen in die Zukunft zu lassen, die verspielt leichtsinnig ihre positive Prognose.