Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Doppelagent über die Klinge springt, gehört zu den Gewissheiten des Metiers. Alleine die Skandalisierung dieses Sachverhaltes sollte zu denken geben. Kenner der Spionage halten sich üblicherweise zurück. Und die, die einen anderen Status haben, wie Schriftsteller, die bestimmte Erfahrungen in der Welt der gegenseitigen Erforschung von Geheimnissen sammeln konnten, erzählen ja immer wieder, wie es ist. Wenn es gut läuft, dann wissen zum Schluss beide Seiten nicht, für wen die jeweiligen Doppelagenten eigentlich unterwegs sind. Dann lohnt sich der Aufwand nicht mehr. Dann kann man die Figuren auch auslöschen. Und wenn man ganz gerissen ist, dann löscht man sie aus und beschuldigt die andere Seite, es getan zu haben. Das ist kein britischer Witz, sondern gehört zum Handwerkszeug der Spionage.
Dass sich, wie im jetzigen Fall des Sergej Skripal und seiner Tochter, die britische Regierung wieder einmal lauthals über einen russischen Anschlag beklagt, der höchstwahrscheinlich sei, belegt die alte Masche. Man ist nicht sicher, aber wahrscheinlich sind es die Russen. Erst polterte der Populistenkönig und Minister Boris Johnson damit im Parlament herum, dann folgte die politisch seit langem als tot geltende Premierministerin Theresa May. Die Verhandlungen zum Brexit laufen aus britischer Sicht schlecht, die Stimmung in der Bevölkerung kippt, da muss es doch ausreichen, wenn „höchstwahrscheinlich“ ein Nervengiftangriff auf einen russischen Doppelagenten verübt wird.
Um zu zeigen, wie Eskalation geht, hat sich NATO-Generalsekretär Stoltenberg auch gleich zu Wort gemeldet und seine Sorge zu Protokoll gegeben. GB sei ein Partner, und jeden Angriff auf dessen Souveränität nehme man sehr ernst. Da stehen widerrechtlich in Syrien operierende türkische Verbände mit Panzern gegen Zivilbevölkerung gegen zwei Russen auf einer Londoner Parkbank, von denen keiner so richtig weiß, was mit ihnen geschehen ist. Aber das weltpolitische Gewicht liegt selbstverständlich auf den beiden Zivilisten. Und damit der Stoltenberg nicht so alleine steht, haben sich die USA auch noch zu Wort gemeldet. Dass diese sowohl zur NATO als auch zum britischen Königreich stehen, versteht sich von selbst. Wozu bedarf es dabei an Beweisen?
Bei aller Empathie für persönliche Schicksale kann es keine Rolle spielen, eine internationale Krise heraufzubeschwören, wenn es sich um Doppelagenten handelt. Wer damit anfängt, der kann auch Kriege nach dem Ziehen von Glücksspielkarten beginnen. Dass die Briten, die am alten Glanz schon längst erstickt sind, deren Empire nicht mehr funktioniert und die selbst das goldene Zeitalter des Industrialismus hinter sich gelassen haben, um zu einem Eldorado der Finanzspekulation zu werden, in dessen Hallen die eigene Bevölkerung sich nicht mehr leisten kann zu leben, dass diese Briten sich nun als Zündler im Dienste der amerikanischen Falken allzu gerne anbieten, hängt mit ihrer erbärmlichen Lage zusammen. GB hat sich selbst auf die Größe eines zahlenmäßig großen, aber eben gewetteten Wechsels auf die Zukunft gebracht. Die erwartete Gewinnmarge kann allerdings in einem Land, das nur noch imaginäre Waren über den Tisch schiebt und selbst in der Wertschöpfung nicht mehr tätig ist, in einem zivilen, friedlichen Modus nicht mehr eingelöst werden.
Wären die Zeiten andere, dann würde über das britische Schmierentheater Witze gerissen. Stattdessen wird international mit dem Säbel gerasselt. Die NATO erweist sich in diesem Spiel wieder einmal als eine Organisation, der es weder um Frieden noch um Recht geht. Es scheint, als wäre sie herabgesunken zu einer Organisation, die ausschließlich die Mobilmachung im Auge hat.

Pingback: Das Prinzip Mobilmachung | per5pektivenwechsel
es bedarf skepsiz … und … vor allem nüchterne logik ….
was hätten die russen davon , diesen doppelagenten samt tochter (!) jetzt (!) zu töten ???
wäre er auf ihrer abschussliste gestanden , wäre ein kleiner unfall im gefängnis sehr leicht gewesen … sie hatte ihn ja da …
jetzt dann doch noch jahre später ihm und seiner so schön dekorativ unschuldigen tochter das lebenslicht auszublasen , und das in feindesland , per extremer „breitseite“ mit nervengift ( warum erinnert mich dass blos an die senfgasnummern in syrien ? ) erinnert überhaupt nicht an den kgb , der eher leise aber konsequent handelt , aber nicht mit so lautem getöse … und trotz „breitseite“ sind die zwei noch nicht mal tot , dafür aber diverse briten so empörungskompatibel mit betroffen von dieser heimtücke nervengift …
hmmm … und das so passend kurz vor dieser wahl ….
hmmm … warum erinner mich das nur an den maydan , an 9/11 , an chile , an so viele seltsam unauffälig auffälige der jungs von der firma ?
es gäbe nur einen logischen grund für den kgb diese attacke jetzt , jahre später dort in feindesland durchzuführen …
als drohung an andere doppelagenten „jungs wir kriegen euch alle “ ( nur , die wissen das eh , und brauchen kaum öffentliches drohszenarion )
oder als demonstration an eine britische öffentlichkeit “ hey wir sind so erfolgreich“ ( nur passt das so gar nicht zur attitüde der russen , die derartige demonstrationen schlicht nicht nötig haben )
an was erinnert es dann ? … wessen duftmarke hat da den geruch von nervengift angenommen ?
ich glaube , jeder der halbwegs logisch denken kann , und diese tricks von destabilisierung in all ihrer voraussehbaren dämlichkeit , schon von weitem sieht , und sich nur wundert wie dilettantisch diese jungs der firma ein gebäude nummer 7 hochgehen liesen , dabei hätten die zwei anderen gebäude völlig gereicht um der welt gründe anzubieten … tja der ahnt , wer da wieder mal ein mieses spiel spielt …
zumindest ist diese form der unterstellung in richtung westlich des atlantik erheblich „logischer“ als die unterstellung östlich der ukraine …