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Gimmie Shelter!

Gimmie Shelter! Betrachtet man die europäische und deutsche Außenpolitik im Zusammenhang mit dem zum Krieg gediehenen Konflikt zwischen Russland und den USA, dann kristallisiert sich eine Linie heraus, die keine ist: kein roter Faden, keine Strategie, sondern im jeweils falschen Moment zu lax, oder zu hart, in der Wahl der Waffen immer vor dem falschen Schrank, in Bezug auf die eigene Glaubwürdigkeit tief in der Kanalisation der eigenen Verstrickungen versunken. 

Während hier, in unseren Breitengraden, mit allen Mitteln versucht wird, das eigene Desaster auch noch als Erfolg zu verkaufen, sind in allen anderen Regionen der Welt die Würfel des Urteils bereits gefallen. Und das lautet: Mit euch nicht! Da hat die Einladung von wichtigen Staaten der südlichen Hemisphäre nach Schloss Elmau nichts genutzt. In eine Koalition gegen Russland ließen sie sich, auch trotz der Anwesenheit des amerikanischen Präsidenten, nicht zwingen. 

Der Krieg, der bislang nur propagandistisch, finanziell und waffenlogistisch seitens der EU gegen Russland geführt wird, dient nicht der Verteidigung der liberalen Demokratie. Da ist das ukrainische Volk das Opfer, dass in eine Stellverteterauseinandersetzung anstelle der USA selbst gezogen wurde. Selbiges trifft auch auf die EU und besonders Deutschland zu, das mit einer Abteilung in der gegenwärtigen Regierung die vitalen eigenen Grundlagen der Existenz als Industriestandort mutwillig zerstört und bis heute nicht daran gehindert wird.

Wenn der hiesige Wirtschaftsminister, eskortiert von der aggressiven Tröte aus dem Brüsseler Hauptquartier, davon sprach, man müsse so schnell, wie möglich auf den Import auf russisches Gas verzichten, um „Putin“ die Möglichkeit zu nehmen, den Krieg gegen die Ukraine zu finanzieren, dann ist das mit normalem Menschenverstand nicht mehr zu erklären. Denn Erdgas ist eine rares Gut, das weltweit begehrt wird. Wenn ein Käufer auf die Lieferungen verzichtet, dann stehen andere bereits an, um ihrerseits das Geschäft zu machen. 

Wenn dann noch die bestehenden Lieferungen darunter leiden, dass Wartungsarbeiten nicht möglich sind, weil die notwendigen Ersatzteile unter die Sanktionsbestimmungen gegen Russland fallen, dann hat man alles für den bedenklichen Status quo getan. In diesem Kontext von einer politischen Erpressung seitens Russlands zu sprechen, ist die dümmst denkbare Ausrede eines Verwirrten. Dass diese Version bis zum Überdruss von der etablierten Qualitätspropaganda wiederholt wird, zeigt, dass der grassierende politische Dilettantismus und die herrschende Berichterstattung darüber unter einer Decke stecken.

Dort, wo sich der Großteil der Weltbevölkerung aufhält, wird die zunehmende europäische Verwirrung in Bezug auf die Einschätzung der globalen Konstellation mit zunehmend mit Sorge und Amüsement betrachtet. Mit Sorge, weil die Handelnden anscheinend außer Krieg keine Optionen mehr in ihren hysterisierten Köpfen haben. Mit Amüsement, weil sie die von dort aus verübten Gräuel der Kolonialismus und Imperialismus mitnichten vergessen haben. Wenn sich die EU und ihre Meinungsführer heute so über den Bruch des Völkerrechts durch andere aufregen, dann führt das auf dem Rest des Globus zu schallendem, aufgrund der eigenen Erfahrungen jedoch etwas bitteren Gelächter. Wer das nicht glaubt, dem sei empfohlen, sich in den Publikationsorganen der übrigen Welt etwas umzuschauen. Von der Jakarta Post bis zur La Nación aus Buenos Aires, von der Times of India bis zur Cape Time in Kapstadt – das, was uns hier von der Welt erzählt wird, findet aus anderer Perspektive auch anders statt. 

Und es entspricht jenen Zuständen, die nur noch als ein Isolationismus eines überforderten Konsortiums beschrieben werden kann, dass es immer weiter bergab geht mit einem Projekt, das einmal so vielversprechend begann. Politik ändern, Personal austauschen? Gimmie Shelter! 

Ein martialisch anmutendes Mosaik

Die Frage scheint müßig zu sein, ob die einzelnen Steinchen, die letztendlich ein Gesamtbild ergeben, von Anfang an so gelegt wurden, dass ein Mosaik entstand. Manchmal ist es so, dann folgen die Akteure einem Masterplan. Manchmal ist es nicht so, und dennoch entsteht ein Bild, das letztendlich Sinn macht. Angesichts des finalen Bildes ist es sicherlich von Interesse, ob es intentional oder intuitiv entstand, aber hinsichtlich seiner Wirkung sollte es diejenigen, die davon betroffen sind, nicht sonderlich interessieren, ob Artefakt oder Zufall.

Beim Lesen der Nachrichten werden die Zeitgenossen, die jede Meldung kritisch hinterfragen, seit einiger Zeit von dem unguten Gefühl beschlichen, dass hinter vielen kleinen Einzelhandlungen ein großes Design steckt. Andere wiederum warnen vor Verschwörungstheorien, die zumeist dazu führen, dass deren Anhängerschaft den Blick auf die Realität verliert. Was allerdings bei aller Vorsicht ratsam zu sein scheint, ist, die Fakten, die beunruhigen, kühlen Gemütes aufzureihen, sich auf Distanz zu begeben und dann noch einmal kontemplativ darauf zu schauen. Zumeist ist die Wirkung dann bestechend.

Die publizistischen Entgleisungen gegenüber Griechenland nehmen zu, eine durch keinen demokratischen Prozess legitimierte Troika wird einer frei gewählten griechischen Regierung durch die EU aufgezwungen. Eine breit angelegte Berichterstattung über den Mord an dem russischen Oppositionsführer Boris Nemzow ist, wahrscheinlich zu Recht, skeptisch gegenüber den russischen Ermittlungsbehörden und legitimiert damit ihre eigene Tendenztiraden. Der wild an den Tag gelegte Enthüllungswille ist in Bezug auf den NSU-Prozess im eigenen Lande, der genug Indizien böte, um die ganze russische Judikative wie Exekutive in Grund und Boden zu schreiben, seltsam an die Kette gelegt. Jean-Claude Juncker, der endlich seinem Namen alle Ehre macht, hat schon einmal den Gedanken in die Sphäre gerufen, dass eine europäische Armee doch das adäquateste Mittel sei, um den europäischen Werten den erforderlichen Nachdruck zu verleihen. Damit hat er die Giftroute des modernen Militarismus hoffähig gemacht. Wer unseren Werten nicht entspricht, der bekommt einen Gruß von der blauen Armee. Die Grünen werden es gerne hören, aber es wäre das Ende der Diplomatie, die in der Aufklärung entstand und das Equilibrium als Leitmotiv hatte. Die Renaissance der Kreuzzüge wäre gewährleistet.

Nach sieben Jahren reist die Kanzlerin einmal wieder nach Japan. Laut Bulletin aus dem eigenen Haus ist das angesichts der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern unbedingt erforderlich. Dabei ist den Bankrotteuren Europas, die wir jeden Abend im Fernsehen sehen, nichts mehr entlegen genug, als dass sie dabei das Gefühl der eigenen Kompromittierung noch verspürten. Denn nach den salbungsvollen Worten über wirtschaftliche und wissenschaftliche Beziehungen wie die von Merkel unterstrichene Notwendigkeit des Atomausstiegs, wahrscheinlich wieder ein europäischer Wert, den eine Armee verteidigen könnte, kam sie zielsicher auf Russland zu sprechen. Und natürlich verhandelt man in Tokio, wie die Revitalisierung der Achse Berlin-Tokio dem russischen Bären das Leben schwer machen könnte. Mit Fleiß und Verbissenheit wird an der erneuten Spaltung der Welt gearbeitet, was an der verstärkten Liaison zwischen China und Russland manifest wird.

Nur der sozialdemokratische Wirtschaftsminister passt da nicht so ganz ins Bild. Er fuhr nach Saudi-Arabien, lehnte die dringendsten Rüstungswünsche seitens des Sklavenhalterstaates ab und setzte sich für einen Blogger ein. Dennoch sind die Konturen eines Mosaikes, das martialisch anmutet, deutlich zu erkennen. Und die Konturen werden täglich durch neue Nachrichten reproduziert. Und die scheußliche Aussage wird nicht gemildert durch ein Feigenblatt.