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AA: Nürnberg in Den Haag

Die Bundesaußenministerin hat bei ihrem Besuch in Den Haag in aller Güte demonstriert, was es heißt, aus dem Völkerrecht zu kommen. In einer Grundsatzrede führte sie aus, dass es leider nicht möglich sei, Präsident Putin vor dem Internationalen Gerichtshof wegen seiner Kriegsverbrechen ebendort anzuklagen, weil das nur bei Mitgliedern der Staaten sei, die denselben anerkannt hätten. Russland gehöre leider nicht dazu. Dass das selbe aus deren Sicht und aus guten Grund auch für die USA gilt, vergaß sie dabei zu erwähnen. Aufgrund dessen empfahl sie einen Sondergerichtshof, der sich juristisch aus dem ukrainischen Recht ableite, jedoch in einem anderen Land residiere. Und selbstverständlich auch von anderen finanziert werde. Dort könne Putin vor Gericht gestellt und verurteilt werden.

Wem bis jetzt noch nicht schwindlig geworden ist, der sollte sich grundsätzlich nicht mit Rechtsangelegenheiten befassen, weil das wirklich nicht das Metier ist, in dem er sich bewegt. Und denen, die verunsichert sind, mögen einige Hinweise gereichen. 

Erstens: wenn eine Kriegspartei über eine andere obsiegt und die Bezwungenen exklusiv nach dem eigenen Recht verurteilt, ist das Siegerjustiz und hat mit internationalem Recht nichts zu tun. Selbst die Nürnberger Prozesse, die die Siegermächte nach dem II. Weltkrieg führten, wurden weder nach amerikanischem noch nach französischem oder britischem Recht, sondern unter Bezugnahme auf internationales Recht vollzogen. Zumindest sollte es Mitarbeiter im Auswärtigen Amt geben, die von diesem Umstand gehört haben. 

Zweitens: Die Außenministerin hängt nach wie vor der Illusion an, die Ukraine könne Russland militärisch bezwingen. Damit steht sie zwar nicht allein, weil viele von dem laufenden Geschäftsmodell, das sich Krieg nennt, gewaltig profitieren, eine Illusion bleibt es dennoch.

Drittens: Es wird seitens der Vereinten Nationen keine Beauftragung eines Gerichtshofes geben, in dem Russland wegen Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt werden wird. Vielleicht nicht wegen der dort zu beobachtenden Geschehnisse, sondern wegen der Prozess- wie Straffreiheit der USA in den letzten Jahrzehnten. Allein die Aktionen dieses Landes, jenseits von Völker- und Menschenrecht, haben zu keinerlei Sondergerichten geführt, obwohl es gute Gründe dafür gegeben hätte. Die Völkergemeinschaft ist nicht so vergesslich, wie sich das so manche Kolonialistenseele wünscht.

Was der Bundesaußenministerin mit diesem Vorschlag vorschwebt, ist neben der Befriedung der eigenen, nach jeglicher Eskalation lechzenden Klientel, eine Art ukrainischer Volksgerichtshof, der das Völkerrecht in Gänze negiert und die Nürnberger Prozesse weit hinter sich lässt. Der mit einkalkulierte Nebeneffekt ist die Unmöglichkeit jeder Art von Gesprächen unter Beteiligung Deutschlands, die eine Beendigung des Konfliktes mit sich bringen könnten. Insofern erhärtet sich wiederholt die Vermutung, dass wir es in Deutschland mit einigen Mandatsträgern zu tun haben, die konsequent und und ohne jeden Skrupel die Interessen anderer Länder, in diesem Falle die der USA, vertreten und sich dabei um das Befinden des eigenen Landes herzlich wenig kümmern. Belege für diese Haltung wurden bereits geliefert, eine Steigerung ins Perverse jederzeit möglich, wie in diesem Falle dokumentiert. 

Die überaus kluge Methode, eine Entwicklung vom Ende her denken zu wollen, nützt bei derartigen Erscheinungen nur zur Beschreibung einer Dystopie. Es wäre der Sieg eines Modells, das aus großer Einfalt, ausartender Impertinenz und einer faschistoiden Grundhaltung besteht. Das ist allerdings vom Völkerrecht genauso weit entfernt wie die Straße Magellans vom Abwasserkanal in Potsdam. 

„Alu-Helm ab, zum Gebet!“

Wir sind im Krieg. Wer das bezweifelt, aber gleichzeitig auf deutschen Panzern in ukrainischem Echt-Einsatz über das Geschehen berichtet und sich im Mantel der Neutralität wähnt, toppt alles, was unter den Begriffen der Aluhüte und Schwurblerei firmiert. Das Heer regierungsamtlicher Aluhüte und medial entmündigter Schwurbler ist groß, zu groß. Insofern muss man den Anstrengungen der Kriegspartei im eigenen Land eines zugestehen: Sie haben ganze Arbeit geleistet! Das Stigma, das geschaffen wurde, um allen Zweiflern an den herrschenden Narrativen mit einem Schlag die Zurechnungsfähigkeit abzusprechen, ist zum Massenphänomen in den eigenen Reihen geworden. 

Es ist schon eigenartig zu beobachten, dass die Anschläge auf die Nordsee-Pipelines, die einen Sabotageakt erster Güte gegen die Bundesrepublik Deutschland darstellen, nahezu in einem kollektiven Schweigen zu versinken drohen, während die Unterbrechung des Funkverkehrs der Deutschen Bahn, die für einen halben Tag den Betrieb in Norddeutschland lahmgelegt hat, von hektischen Erklärungen begleitet werden. Schnell war ausgemacht, dass es sich um Sabotage handelt und nahezu unisono twittert die politische Klasse ihre Forderung, alle Anlagen der kritischen Infrastruktur in Zukunft militärisch sichern zu müssen. Der suggerierte Ausgang ist klar: Der Russe wars und wir müssen wachsam sein!

Interessant ist die Inkongruenz. Aber, auch das gehört zur Wahrheit, sie ist seit langem bekannt und dieses Wissen hat die Entwicklung nicht gestoppt. Das Heer der längst herrschaftsgesteuerten Aluhüte ist immens und jede noch so dumme und dreiste Einlassung erfährt zumindest eine Hinnahme, die in einer gelebten Demokratie undenkbar wäre. Und wenn das so weitergeht, kann man sich vorstellen, wie dreist die Geschichten noch werden, die von einer aktiven Kriegspartei, die vorgibt, keine zu sein, erzählt werden werden.

Bay Cem, der zweimal bereits von Korruptions- und Steuervergehen chemisch Gereinigte, lehnte sich wieder einmal aus dem Fenster und sprach von kolonialen Gebärden Dritter, während besonders seine Partei gerade Waffenexporte in die Krieg führende saudische Welt, in der die Köpfe rollen und Peitschen knallen, beschlossen hatte. Es ist kein Einzelfall und es hört mit diesen tolldreisten Geschichten nicht auf, solange die große Gruppe derer, die dieses ideologische und demagogische Geschwurbel durchschaut haben, sich lediglich angeekelt abwendet. Auch die noch so große Dummheit, auch die lüsterne Dreistigkeit, auch die moralisch nicht mehr zu überbietende Verkommenheit erfordert aktiven Widerspruch, um das Buch von Krieg und Lüge zuschlagen zu können.

Wenn Vertreter von Parlament und Regierung die Lieferung von Waffen an eine Kriegspartei und die Ausbildung derselben an ihnen beschließen und sich gleichzeitig über Sabotage-Akte und erfolgreiche Kampfhandlungen in diesem Krieg durch die unterstützte Partei lautstark freuen, wenn die Vertreter des öffentlich-rechtlichen Fernsehens sich exklusiv auf dieser einen Seite bewegen und darüber berichten, dann ist klar, dass man zur aktiven Kriegspartei geworden ist.

Wer das verharmlost, und das tun nahezu alle aus Politik und Medien, macht sich der Demagogie und Volksverhetzung schuldig. Dafür wird es, sofern es einen Ausgang des sich immer mehr steigernden Konfliktes geben wird, nach dem sich noch Menschen werden erinnern können, unweigerlich in Aufstellungen enden, die dem historischen Beispiel der Nürnberger Prozesse ähneln. Bei allem Schönreden und allem Gesäusel aus den zivilisatorischen Hochzeiten der bürgerlichen Gesellschaft, was derzeit de facto geschieht, ist die Parteinahme im Interesse imperialistischer Geopolitik. Das rechtfertigt kein Grundgesetz, denn dafür war die Geschichte noch zu heiß, als es formuliert wurde. Das haben die Akteure momentan längst vergessen. Und diejenigen, die diesem Gerede noch glauben schenken, sei eine kleine Variante des militärischen Zapfenstreichs gewidmet: „Alu-Helm ab, zum Gebet!“