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Wenn nur noch der Blick von außen hilft…

Der bulgarische Politologe Ivan Krastev, der immer wieder gut ist für einen für Eurozentristen ungewöhnlichen Blick auf die Dinge, hat in einem langen Interview auf die großen Verschiebungen im Weltgefüge hingewiesen. Das merkt nun fast jeder an Politik Interessierte und wäre keines besonderen Augenmerkes wert, wenn seine Sichtweise nicht doch gewisse Eigenwilligkeiten aufwiese. Zum einen fällt er nicht in das verbreitete Lamento, das unterstellt, alles für den freien Westen sei nun verloren. Zum anderen hütet er sich davor, in die allgemeine Mobilmachung in militärischer Hinsicht einzustimmen. Beide Versionen, die aus der Betrachtung der Veränderungstendenzen im Westen entspringen, sind aus Krastevs Sicht irreführend und nicht produktiv. Auch diese Bemerkung wäre in früheren Zeiten nicht sonderlich revolutionär gewesen, befänden wir uns hier, in der Bundesrepublik Deutschland, nicht in einem Land, in dem seit geraumer Zeit nicht eine ideologische wie tatsächlich auch materielle Mobilmachung stattfinden würde. 

Gut ist, innerhalb unserer Diskussions- und Kommunikationssphäre noch Menschen zu wissen, die ihrerseits international eine gewisse Reputation besitzen, durch ihre Arbeiten und Publikationen bewiesen haben, dass sie über einen untrüglichen Blick auf die politischen Tendenzen in der Welt haben und noch nicht durch die Fleischwölfe der hiesigen Meinungsmonopole gepresst wurden. Für jene, die alle Hoffnung haben fahren lassen, sei die Bemerkung erlaubt, dass es außerhalb des provinziell-bellizistischen Orkus hierzulande durchaus noch vernünftige Stimmen gibt, die dazu beitragen können, dass die Verhältnisse nicht in ein irreversibles Fiasko münden. Genug Potenzial für letzteres ist in der Bundesrepublik vorhanden. Die bedingungslose Befolgung transatlantischer Direktiven hat zu einem nie da gewesenen Abhängigkeitsverhältnis geführt, das den Charakter der Selbstaufgabe angenommen hat.

Allein Krastevs Hinweis, dass in den nächsten zwei Jahren weltweit über vier Milliarden Menschen zur Wahl gehen werden, sollte die Augen öffnen, dass selbst in formalen Demokratien sich etwas tun kann, welches die Konstellationen in der Welt verändern kann. Zum Beispiel auch zu einer de-eskalierenden Politik trotz unterschiedlicher Interessen. Hier sind die Claims jedoch bereits abgesteckt. Man stelle sich vor, welches Zeter und Mordio hierzulande zu vernehmen wäre, wenn in den USA ein anderer als Joe Biden gewählt würde. Trotz des unbeschreiblichen Fiaskos, in das seine Politik dieses Land geführt hat, von einem vermeidbaren Krieg bis zur De-industrialisierung, würden Tränen geweint. Und spätestens dann müsste es auffallen, dass eine eigenständige Analyse der eigenen Interessen und eine Strategie, wie diese umzusetzen sind, nicht vorhanden sind. Das von der EU seit geraumer Zeit vertretene Junktim von EU- und NATO-Mitgliedschaft, entstanden auf Anraten der USA, wird sich als das Herzstück einer selbstmörderischen Politik entpuppen, wenn der große Pate in eine andere Richtung schaut. Was er bereits macht. Wenn aber auch die symbolischen Gesten der Solidarität ausbleiben werden, wird deutlich werden, was in der Vergangenheit schief gelaufen ist. 

Die Ruhe, die erforderlich ist, um quasi eine Portfolio-Analyse für das eigene Land zu machen, in der die Interessen austariert und die daraus abzuleitenden politischen Strategien formuliert werden, wird es nicht mehr geben. Und die Akteure, die einer solchen Übung fähig wären, sind nicht vorhanden. Stattdessen soufflieren mediokre Chargen aus allen möglichen Stiftungen der Politik die nächsten Schritte, während die Kameraden aus dem Medienmonopol die nächsten Treibjagden auf alle vorbereiten, die einen abweichenden Blick auf das Geschehen werfen. Wer diesen Blick noch bekommen will, der muss woanders suchen!