Der Affenfelsen, die britische Kolonie* Gibraltar (*UN), ist wieder mal im Gespräch und dabei wollte er das diesmal überhaupt nicht! All dies hat dieser BREXIT gebracht. Er hatte nämlich nicht nur die UK-Insel/n politisch wieder von Europa getrennt, er hatte auch einige UK-Insulaner dazu gebracht in der Konsequenz des BREXIT über ihre eigene Lage und […]
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Imperiale Regeln
Mit der Implosion der Sowjetunion vor knapp einem Vierteljahrhundert war für viele die Geschichte zu Ende. Es wurden gar Bücher darüber verfasst. Der Triumphalismus kannte keine Grenzen. Der Untergang der bipolaren Welt, der unter der Chiffre des Ost-West-Konfliktes firmierte, sollte die Suprematie des Westens zur Folge haben. So sahen das viele, so hofften es viele. Aus heutiger Sicht betrachtet ist nichts von dem eingetreten. Zwar war mit der UdSSR ein gigantischer, imperialer Koloss in die Knie gegangen. Aber selbst in seinem Zentrum hatte die Erosion des sozialistisch gesteuerten Staatsmonopols nicht zur Folge, dass eine auch nur annähernd kapitalistische Produktionsweise sich etablieren konnte.
Nein, das neue Russland hielt an den Strukturen fest, an denen bereits die bolschewistische Revolution gescheitert war. Das, was Marx einst die asiatische Produktionsweise genannt hatte, und, nebenbei, diese Schriften erschienen nie in der Sowjetunion, und woran der Ökonom Karl August Wittfogel sein Leben lang geforscht hatte, eine asiatische Despotie, die über eine monopolistische Bürokratie die großen Landmassen wie die Bodenschätze beherrschte, blieb bestehen. So genannte Oligarchen griffen nach den Ressourcen, eroberten den Staatsapparat, der völlig zentralisiert war, und übernahmen das Gewaltmonopol vom einstigen Militär. Russland blieb eine imperiale Macht, die bis heute alles andere als ein Flickenteppich ist, auf dem die vermeintlichen Sieger des Ost-West-Konfliktes beliebig herum treten können.
Russland blieb ein machtpolitischer Faktor. Und die USA merkten nach und nach, dass der Triumph gegenüber dem Kommunismus nur noch gedämpft genossen werden konnte. Auch hier ist seitdem die strategische Überdehnung überall zu spüren und die Macht des Washingtoner Imperiums wird mit jedem Jahrzehnt mehr gestutzt. Das ist der Preis für die globale Dominanz, die ökonomisch mehr und mehr ins Wanken geriet und durch Mächte wie China erheblich relativiert wurden.
Eine solche Situation ist für alle Beteiligten gefährlich. Zum einen fletschen angeschlagene Tiger schon mal gerne sehr schnell die Zähne, zum anderen neigen die Kontrahenten dazu, sich gegenseitig zu unterschätzen. In diesem Kontext ist der Konflikt um die russischen Marine-Stützpunkte auf der Krim nahezu signifikant. War und ist der Prozess in der Ukraine ein Muster, das lange bekannt ist, in dem Despotie und Korruption irgendwann auf einen Punkt zustreben, an dem die Rebellion als einziger Ausweg für große Teile der Bevölkerung gesehen wird. Das System selbst stellt sich dann oft schwächer als befürchtet heraus, die rebellierenden Kräfte ihrerseits aber sind politische Novizen oder bereits Instrumente neuer Despoten, die die Karte bereits zu spielen gelernt haben. Wenn dieses alles in einer Gemengelage geschieht, in der manche glauben, man zöge ein komplexes, durch lange Traditionen verwobenes Geflecht in ein neues Lager, dann entsteht eine kritische Situation.
Russland wäre der Popanz, von dem irrtümlicherweise viele geträumt haben, wenn es einfach zuließe, ihm den Zugang zum Schwarzen Meer zu verwehren. Wer das glaubt, der lese Tolstois Berichte zu den Kämpfen um Sewastopol 1855/56, um eine Ahnung von den Tributen, Mythen und Verlusten zu bekommen, die in der russischen Geschichte aufgebracht wurden, um dieses Pfund in Händen zu halten. So etwas ließen die USA vor der eigenen Haustüre ebenso wenig zu wie China und selbst Großbritannien rasselt bereits mit dem Säbel, wenn in Spanien ein Politiker den Begriff Gibraltar in den Mund nimmt. Die Koinzidenz mit den demokratischen Kämpfen in der Ukraine verführt zu Trugschlüssen. Hier stehen sich immer noch Imperien gegenüber. Und deren Regeln sind jenseits demokratischer Diskursterminologien zu finden.
Paco de Lucia
Die unbeschreiblichen Klänge, die Virtuosität, die Verve, das tief in einer unsterblichen Tradition Verhaftete, die Passion und die Offenheit gegenüber allem, was inspiriert, wird bleiben. Paco de Lucia, der Titan des Flamenco, hat sich als Gast von dieser Erde für immer verabschiedet. Mit seinem Namen verbindet sich nicht nur der Flamenco, wie er in das 21. Jahrhundert herüber gerettet wurde, sondern auch das Bild eines Künstlers, das eigentlich schon lange nicht mehr existiert: Die Einheit der handelnden Person mit dem Genre. Paco de Lucia wurde 1947 im andalusischen Ageciras geboren und stammte aus einer Musikerfamilie. Er erlernte das Gitarrenspiel früh und so, wie es in den großen Schulen des Flamencos üblich war. Bevor man ihn lehrte, wie er seinem Gefühl eine Form in den bestehenden Flamenco-Skalen geben konnte, musste er sich selbst ein Instrument bauen. Heute nennt man so etwas einen holistischen Ansatz. Letzterer war geboren aus dem tief verwurzelten Wissen, dass wahre Meisterschaft nur entstehen kann, wenn die handwerkliche Fertigkeit mit der Kenntnis um die bestimmenden Teile korrespondiert.
Das Leben Paco de Lucias als Künstlers ist schnell erzählt. Er wuchs mit der Gitarre auf und blieb ihr treu. Er lebte in dem heilsamen Wahn eines übenden Meisters, dem alles andere um ihn herum gleichgültig blieb. Viele große Namen aus Klassik und Jazz holten ihn zu sich, wenn sie Korridore öffnen und dem Publikum zeigen wollten, dass es etwas gibt, das sich durch technische Virtuosität alleine nicht kaufen lassen konnte. Die uneingeschränkte Passion, das Einssein mit Idee und Form. Die Größe Paco de Lucias bestand in seiner Demut. Er wusste um die Fehlbarkeit, egal auf welchem Niveau. Und er wusste um den Schlüssel zum Geheimnis des künstlerischen Schaffens, der brennenden Neugier gegenüber allem Neuen, ohne die kollektive Erfahrung des Genres dafür preiszugeben.
Die beschriebene Qualität sorgte dafür, dass es schwer ist, Werke dieses Künstlers zu nennen, um seine Großartigkeit zu dokumentieren. Alles, was er jemals aufgenommen hat, ist eine aufregende Reise in die Welt des Flamencos und der Weltmusik. Und dennoch seien drei Stücke genannt, die nach seinem so unerwarteten Tod dazu geeignet sind, ihn noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Das wäre Almoraima, eine Hommage an das Temperament des Flamencos, da wäre Entre dos Aguas, eine Referenz an seine Herkunft, der Straße von Gibraltar, eine Sinfonie hinsichtlich musikalischer Übergänge. Und da wäre der spanische Klassiker Aranjuez, der in seiner Interpretation vergegenwärtigt, wie sehr die ästhetischen Formen der Hochzivilisation mit der Impulsivität der Straße verbunden sind.
Die Demut Paco de Lucias äußerte sich in ganz einfachen Dingen. Immer zog er es vor, jenseits des großen Rummels und der medialen Publicity die Zeit für seine Übung zu nutzen. Er selbst nannte die ständige Vervollkommnung seines Spiels einen Zustand der Meditation. Oft zog er sich in Spaniens Wüsten zurück, um mit seiner Gitarre allein zu sein. Einmal gefragt, was seine Lieblingsspeisen und Getränke seien, antwortete er in seiner ihm eigenen Art. Alles, was man mit dem Löffel essen könne, d.h. Eintöpfe und Suppen. Und natürlich Tinto, vorzugsweise einen kräftigen vom Lande. Mehr brauchte er nicht, um die Welt zu beschenken. Mit Paco de Lucia starb am Strand des mexikanischen Cancun, beim Spiel mit seinen Enkelkindern ein Mann, der das Leben vieler bereichert hat und dem Volk erhalten blieb.
