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Gute und schlechte Oligarchen?

Bei der Verwendung von Begriffen ist einiges ins Wanken geraten. Immer wieder drängt sich der Eindruck auf, dass ein falsch verwendetes Wort in der Geschwindigkeit eines Hurricanes mit einer neuen, der Etymologie nicht entsprechenden Bedeutung ein großes Publikum erobert. Davon existieren unzählige, sodass der geübte Rezipient auf den Verdacht stoßen muss, dass die Umdeutung von Begriffen zu einem System gehört, dass einen gewissen Zweck verfolgt. Letzterer kann nicht auf Sympathie stoßen, da massenhafte Fälschung noch nie als ein Indiz für Redlichkeit gegolten hat. Demzufolge ist es ratsam, die gebräuchlichsten Begriffe, mit denen der politische Diskurs bestückt ist, noch einmal unter die Lupe zu nehmen und auf ihre Wertigkeit zu überprüfen.

Wie es in dem einzigartigen Amtsdeutsch so schön heißt, soll aus gegebenem Anlass der Terminus des Oligarchen noch einmal beleuchtet werden. Die zentrale Bedeutung stammt von dem Substantiv der Oligarchie, welche nichts anderes bedeutet als die Herrschaft der Wenigen. Oligarchen wiederum sind, streng genommen, entweder Anhänger der beschriebenen Herrschafts- oder Regierungsform oder sie gehören selbst dem kleinen Kreis, der alles bestimmt, an. Schon bei dieser Herleitung wird deutlich, dass die kurrente Verwendung damit wenig zu tun hat.

Zum einen wird insinuiert, dass Oligarchen per se steinreich sein müssen, was in der ursprünglichen Definition nicht als Voraussetzung genannt wird. Zum anderen wird die formale Regierungsform eines Landes als Bedingung genannt, ob es überhaupt Oligarchen geben kann oder nicht. Sprich, in formalen bürgerlichen Demokratien ist, selbstredend, die Oligarchie keine offizielle Staatsform und folgerichtig gibt es auch keine Oligarchen. Dass allerdings in bürgerlichen Demokratien Menschen gibt, die offiziell keine politische Institution darstellen oder Funktion innehaben, die aber aufgrund ihrer materiellen und funktionalen Möglichkeiten große Machtfülle besitzen, um die Geschicke eines Landes maßgeblich zu beeinflussen, steht außer Frage. In Ländern wie der Bundesrepublik bevorzugen diese überaus einflussreichen Menschen, die durchaus in der Lage sind, Regierungen scheitern zu lassen, dass sie aus gesicherter Diskretion agieren, während sie in den USA dies offen machen. 

Dass in der hiesigen Wahrnehmung dabei sehr gute Exemplare und verabscheuungswürdige unterschieden werden müssen, passt zu der Verwirrung, die systematisch um den demokratischen Gedanken gestiftet wurde. Besonders der Präsidentschaftswahlkampf in den USA hat dieses manifestiert. Bei Figuren wie Bill Gates oder Taylor Swift lösten horrende Spenden für die Demokraten allgemeines Entzücken aus, bei Elon Musk auf der anderen Seite ist es gelungen, dass er mittlerweile als eine Inkarnation aus dem Reich des Bösen gilt. Letztendlich, wenn wir von Oligarchen reden, d.h. von einflussreichen Menschen, die die Politik maßgeblich bestimmen, unabhängig von abgehaltenen Wahlen, dann sind sie sowohl in den USA als auch in der Bundesrepublik vorhanden, nennen wir einmal, quasi als didaktischen Hinweis, Namen wie Liz Mohn oder Friede Springer. 

Das Absurde bei dem Diskurs, der um ein wie auch immer geartetes Phänomen wie das von Oligarchen kreist, ist die Tatsache, dass die russischen Oligarchen, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion während des Zustandes der Anarchie zu ihrem Reichtum kamen, in dem sie sich teilweise ehemaliges Volkseigentum mit Mafia-Methoden unter den Nagel rissen, von dem späteren Präsidenten Putin an die Kette gelegt wurden. Den meisten wurde zwar der Reichtum belassen, ihr politischer Einfluss wurde konsequent unterbunden. 

Die gebändigten „Oligarchen“ Russlands nun aufzuteilen in Exemplare der despotischen Dekadenz oder Kämpfer für die liberale Demokratie ist genauso unsinnig wie die Aufteilung in Gut und Böse in der eigenen Sphäre. Verrate doch jemand derer, die sich in dieser begriffstrunkenen Wanne baden, was der Unfug mit dem Wesen von Demokratie zu tun hat. Außer dass ihr Diskurs ein Indiz dafür ist, dass vieles im Argen liegt.    

Mut und Stille!

So, wie es scheint, ist die Stille eine sehr subversive Kraft. In diesen Tagen zeigt es sich dadurch, dass die auf permanenten Krawall gebürsteten Kanäle verzweifelt nach Superlativen suchen. Da die Schreihälse aus dem eigenen Lager für einige Tage verstummt sind, wird auf dem übrigen Planeten nach Tragödien oder Kuriosa gesucht, mit denen die Empörungs- und Lustkanäle, die mit ihren eklatistischen Schlünden gieren, gestopft werden können. Dennoch – die Ausbeute ist mehr als dürftig: was ist schon ein Flugzeugabsturz im fernen Osten? Davon gibt es immer wieder Beispiele. Oder die Aussage eines Elon Musk, für einen schlappen Dollarbetrag einen Tunnel von den USA bis nach Europa bauen zu können? Kennt denn niemand den Roman von Bernhard Kellermann? Erschienen 1913 , mit dem Titel „Der Tunnel“, in dem der Ingenieur Mac Allan mit dem stahlähnlichen Werkstoff Allanit im Auftrag des Atlantik-Tunnel-Syndikats einen submarinen Tunnel von Amerika nach Europa baut? Darin steht doch sehr genau, wie so etwas gemacht wird. Neu ist das also nicht. Mit Ausnahme der Petitesse, dass das eine als utopischer Roman und das andere als ein technologisch realisierbares Geschäftsmodell zu beschreiben wäre.

Womit wir bei dem eigentlichen Problem unserer Tage angekommen sind. Die Trennlinien zwischen Utopie und Geschäftsplan scheinen sich zu verwischen. Vieles von dem, was die von der Technokratie Berauschten sich so vorstellen können, wäre tatsächlich machbar, wenn es nicht die große Kluft von technischer Faktizität und humaner Fehlbarkeit gäbe, die ihrerseits nichts schlechtes, sondern zunehmend als ein Segen angesehen werden muss. Jeder „Unfall“ in der Anwendung der Technik spricht für einen Restbestand an gattungsspezifischer Kompetenz. Denn vieles von dem, was sich der satanische Geist im Bereich technischer Plausibilität denken lässt, stößt auf eine biologische Opposition im Kopf bereits verunstalteter Menschen. Das betrifft alle Werkzeuge, die mit dem Ziel angewandt werden, sich selbst zum Subjekt aufzuschwingen, obwohl sie als Objekte erschaffen wurden. Nichts zeigt dies deutlicher, als die Generation von Waffen, mit denen der vereinigte Staatsterrorismus jegliche Art menschlicher Zivilisation aufs Korn nimmt.

Viele Menschen winken bereits ab, wenn auf diesen Missstand hingewiesen wird, weil sie alle Hoffnung haben fahren lassen. Das ist nicht mehr aufzuhalten, so argumentieren sie, und es gibt keine Macht, die diesem Trend ebenbürtig wäre, so schließen sie. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Die Lösung liegt in der Weigerung, sich der technokratischen Logik zu unterwerfen und in der Bereitschaft, sich selbst in jeder nur möglichen Hinsicht zu befähigen. Als Subjekt mit Hirn und Herz. Soviel Substanz ist noch vorhanden. Wer hingegen glaubt, durch den Einsatz all der „intelligenten“ Werkzeuge die gattungsbezogenen Gefahren bekämpfen zu können, ist bereits ihr Opfer. Denn es existiert keine Logik, die dem Urteil sich selbst befreiender Menschen überlegen wäre. Und es existiert kein Werkzeug, dass mehr Freude zu erzeugen in der Lage wäre, als das Gelingen durch menschliche Energie, am besten noch durch das Werk der Kooperation. 

Zwei Voraussetzungen sind dabei vonnöten. Mut und Stille. Und Verständigung. Das ist, entgegen aller feurigen Verunglimpfung, kein Hexenwerk. Auch wenn das Syndikat der Zerstörung es mit Mitteln der Hexenverfolgung und Hexenverbrennung zu verhindern sucht. Ich denke, also bin ich. Wir machen, also sind wir. So einfach kann die Wahrheit sein. 

Systemisch exponentiell: Wie gelingt Bürokratieabbau?

Die Gründe des Scheiterns bei den nicht wenigen Projekten, die man entweder als Bürokratieabbau oder als deren Modernisierung bezeichnet, je nach Brisanz der jeweiligen Lage, sind bekannt. Es existieren verschiedene Faktoren, die dafür sorgen, die Bürokratie gegen eine Reform oder Modernisierung zu immunisieren. Man fragt am besten diejenigen, die sich an einem solchen Projekt bereits versucht haben. Unabhängig von ihrer eigenen Parteizugehörigkeit bekommt man immer dasselbe zu hören. So, wie es seit eh und je läuft, geht es nicht weiter. Und so, wie man es seit Bestehen der Republik versucht hat, den Laden auf Trab zu bringen, läuft es auch nicht. Bleibt es dabei, dann ändert sich nichts. 

Eine Ikone der deutschen Verwaltung ist das Beamtenrecht. Es garantiert lebenslange Versorgung und fordert unbedingte Loyalität und Gesetzestreue. Dass beides nur in diesem Konstrukt gesichert werden kann, negieren viele andere Beispiele aus Gesellschaften mit einer verfassungsmäßigen Demokratie. Trotz aller Veränderungen in den Lehrplänen bei der Beamtenausbildung stößt man in der Praxis immer wieder auf die Ultima Ratio, wenn alles gesetzmäßig läuft, ist es richtig so. Um weitere Zusammenhänge kümmert man sich nicht. Übrigens eine Denkweise, die zunehmend die politische Klasse ergriffen hat.

Dass ein Beschäftigungsverhältnis aus Kaisers Zeiten in einer Welt der Globalisierung und Digitalisierung hierzulande noch Bestand hat und gegen jede Form der Veränderung imprägniert war, lag an der parteiübergreifenden Existenzsicherung vieler im Bundestag Vertretener, die aufgrund ihres Status vom aktiven Dienst befreit werden konnten, um Mandate anzunehmen. Ohne Risiko und ohne Verlust.

Ein weiterer Grund für das Ausgreifen der Bürokratie ist deren Infiltration durch Politiker, die zur Absicherung zunehmend in Verwaltungen untergebracht wurden, unabhängig von ihrer fachlichen Befähigung. Dementsprechend ist die Qualität vieler Entscheidungen, die dann eben doch aus einer politischen und nicht aus einer den Verfahren entsprechenden Abwägung erfolgen. 

Dass eine Gesellschaft, die dem Prozess der Alterung unterliegt, in jeder neuen Erscheinung zunächst eine Gefahr und keine Chance sieht, ist zwar eine natürliche Reaktion, hat allerdings auch zur Folge, dass in Zeiten flächendeckender Innovationen ein Konvolut von Gesetzen verabschiedet wird, die Fehlentwicklungen und Missbrauch verhindern sollen. Gegen diese Tendenz in einem Land anzukämpfen, das, wie gesagt, altert und nicht sonderlich veränderungsaffin ist, kann exklusiv aus dem System heraus kaum bewerkstelligt werden. 

Bei allen Betrachtungen, die sich mit der Veränderung organisatorischer Zusammenhänge befassen, ist es dringend erforderlich, einen Blick auf die Systemtheorie zu werfen. Das Naheliegende und bereits wieder im Raumstehende, nämlich die Idee von der Bildung einer Behörde, die sich mit dem Bürokratieabbau zu beschäftigen hat, kommt einem Vollrausch von Abstinenzwilligen gleich. Systeme neigen nicht nur dazu, sich selbst zu erhalten. Sie reduzieren zudem wachsende Komplexität mit der Schaffung neuer Zellen, die ihrerseits dem gleichen Prozess unterliegen. Bürokratie, wenn man sie nicht steuert, entwickelt sich analog wie ein Pilzbefall. Wenn nicht eingegriffen wird, ist die Ausbreitung exponentiell. Da die deutsche Bürokratie neben ihren Kernaufgabe auch noch zu einem politischen Versorgungsbecken degeneriert ist, kann man sich vorstellen, was das bedeutet. Von der Gesetzesmaschine, die 24/7 in Brüssel läuft, einmal ganz abgesehen.

Momentan wird teils mit Häme und teils mit Entsetzen darüber berichtet, dass der neu gewählte amerikanische Präsident Trump den Unternehmer und Erfinder Elon Musk einer außerhalb der Verwaltung stehenden Organisation mit dem Ziel der Entbürokratisierung vorangestellt hat.  Unabhängig von den Personen und ihrer Charaktere ist das ein kluger Gedanke. Wer hierzulande von Bürokratieabbau spricht, sollte sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es aus der Verwaltung selbst heraus nicht gelingen wird. Nur von außen, auch die Erfahrung liegt vor, ist die Festung Bürokratie auch nicht nicht zu nehmen. Aber erfolgreiche Reformer und Unternehmer mit ins Boot zu holen, die etwas zu sagen und zu bestimmen haben, das sollte schon sein. Um zumindest eine Chance zu haben. Achten Sie genau darauf, was die verschiedenen Bewerber in den nächsten Monaten zum Thema Bürokratieabbau an Vorstellungen unterbreiten!