Innovation, so heißt es nicht zu Unrecht, ist das Ergebnis einer Krise. Bei technischen Innovationen handelt es sich zumeist um eine eintretende Knappheit von Ressourcen. Wenn diese zum Betrieb einer Technik ausgehen, dann explodiert der Drang, etwas so zu konstruieren, dass mit der neuen Technik der Mangel an Ressourcen kompensiert werden kann. Die Motoren, mit denen deutsche Automobile angetrieben werden, waren durch die großen Kriege im 20. Jahrhundert deshalb das Ergebnis eines zunehmend schlechten Zugangs zu Benzin. Die Ingenieure, die auch durch diese Leistungen nahezu Kultstatus erlangten, waren in der Lage, verbrauchsarme Motoren mit großer Leistung zu konstruieren.
Der Markt, so heißt es immer wieder, der Markt reguliere alles. Wenn, so könnte gesagt werden, wenn da kein Staat ist, der die Entwicklung des Marktes in der einen oder anderen Weise zu kompensieren in der Lage ist. Die Entwicklung des Weltklimas ist ein Phänomen, das mittlerweile sehr gut erklärt werden kann. Die allmähliche Erderwärmung hat dazu beigetragen, dass sich immer mehr Nutzer von Automobilen die Frage stellen, wie sie durch den Kauf von umweltfreundlicheren Fahrzeugen einen kleinen Beitrag leisten können, um, wenn nicht die globale ökologische Krise zu verhindern, sie zumindest zu verzögern. Insofern hat dieses Bewusstsein zu einem zunehmend kritischeren Marktverhalten beigetragen. Ein großes Versprechen in dieser Hinsicht gibt momentan das Elektroautomobil. Inwiefern die Ökologiebilanz dieses Fortbewegungsmittels in aller Konsequenz durchdacht ist, bleibt dahingestellt. Zumindest ist es eine Alternative, die viele locken würde, wäre das Angebot erschwinglich.
Wer sich in den letzten Jahren gegen jegliche strukturelle Innovation als resistent erwiesen hat, war das Management der deutschen Automobilindustrie. Einmal abgesehen von den jüngsten Manipulationsskandalen hinsichtlich von Emissionsmessungen muss es sich vorwerfen lassen, die Entwicklung des Elektroautomobils schlichtweg verhindert zu haben. Mit Parolen, die aus dem Gewerbe seit Jahrzehnten allzu bekannt sind, würde mit schlecht kaschierter Arroganz dem neuen Typus jegliche Relevanz abgesprochen. Stattdessen setzte sie auf den konventionellen Typ, nur größer, schneller und mit frisierten Verbrauchszahlen.
Nun, da die Entwicklung in eine neue, innovative Richtung immer deutlicher wird, rufen die Apologeten des freien Marktes nach dem Staat. Ganz in der alten Tradition der Nötigung wird nun mit den 800.000 Arbeitsplätzen gedroht, die gefährdet seien, wenn sich die Bundesregierung nicht bereit erklärt, die im Verhältnis zu den vorhandenen Verbrennungsmotoren sehr teuren Elektroautomobile zu subventionieren und sich bei dem Ausbau einer Infrastruktur zu beteiligen. So schnell kann es gehen, wenn man, wie es so schön in Hamburg heißt, mit dem Arsch in der Butter sitzt und meint, man könne so weitermachen wie bisher und eines Tages aufwacht und sieht, dass die Welt eine andere geworden ist.
Die Bundesregierung, vor kurzem noch zurückhaltend und auf die Aufgabe der Automobilindustrie verweisend, hat sich nun dieser Nötigung gebeugt. Gestern redete man noch von 600 Millionen, die zur Subvention bereit gestellt werden sollen, so waren es heute, nach dem Gespräch mit den Granden des Traditionsgewerbes im Kanzleramt, bereits eine Milliarde. 4.000 Euro soll jeder Käufer erhalten, wenn er sich zum Erwerb eines Elektroautomobils entscheidet. Was im Unklaren bleibt ist die Frage, inwiefern die dann immer noch große Differenz zum Kaufpreis eines konventionellen Automobils damit kompensiert werden und um welche deutschen Modelle es sich dabei eigentlich handeln soll. Bis dato existieren sie bis auf wenige, unattraktive Modelle nämlich gar nicht. Oder sind sie irgendwo versteckt? Es ist ein Possenspiel.