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Zur Lage: There ´s too much confusion…

Kürzlich erzählte ein ehemaliger Journalist des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den man ohne Übertreibung als eine Ikone bezeichnen kann, über seine Erfahrungen aus den USA. Bemerkenswert war seine Aussage, dass von den 23.000 Beschäftigten im Pentagon ca. 10.000 damit beauftragt seien, Desinformation im Sinne der amerikanischen geostrategischen Interessen zu betreiben. Sollte das stimmen, dann sind das 80.000 Stunden täglich, die dafür verwendet werden, interessengeleitete Informationen aufzubereiten, um nicht den sicherlich dort generierten Begriff von Fake News zu gebrauchen. 80.000 Stunden am Tag, 1.760.000 im Monat und 49.280.000 seit beginn des Ukraine-Krieges. In Anbetracht der immer wieder angemahnten Gefahr durch russische Trolle, die unser aller Sicherheit gefährden, wirken diese nahezu drollig.

Und dass man dort im Pentagon sehr erfolgreich ist, wird hier, diesseits des Atlantiks, täglich mehr als deutlich. Entgegen jeder Logik, entgegen jeder faktischen Evidenz und entgegen der möglichen eigenen Wahrnehmung kursieren auf allen Kanälen Narrative, die nichts mit einer deutschen oder europäischen Realität zu tun haben. Anders wäre es auch nicht möglich, dass der Spiritus rector dieses Krieges, die mittlerweile zur Mumie avancierte Version eines amerikanischen Präsidenten, sich trotz großer Orientierungsschwierigkeiten nicht nur zur Wiederwahl stellt, sondern im bundesrepublikanischen Medienkonsortium sogar als Heilsbringer gegenüber der konkurrierenden Alternative gefeiert wird. Mit auch nur rudimentärem Verstand wäre angesichts der dortigen politischen Situation die Frage angebracht, ob das amerikanische politische System, sicherlich die Mutterform der modernen westlichen Demokratie, noch über einen Rest an qualitativer Resilienz verfügt. Aber da schweigen die ansonsten beredeten Sprechmuscheln. 

Stattdessen, und neben dem Dauerbeschuss durch Fake News auch noch befeuert durch die Rekrutierung hiesiger abgehalfteter Politiker durch Ausbildungslager wie der Atlantikbrücke, hat man es fertig gebracht, die Geschichte der Kriegsursachen zu vertuschen und das gesamte politische Establishment des deutschen Protektorats entweder durch Angst und Schrecken oder durch psychedelische Drogen in einen Zustand des nationalen Harakiri zu versetzen.

Dass die Bevölkerung hier wie in anderen europäischen Staaten eine Ahnung von dem hat, was da aufgeführt und inszeniert wird, zeigt eine Wahl nach der anderen, auch wenn die jeweiligen Voten zumeist wie der hilflose Schrei von Ertrinkenden wirken. Die Parteien selbst sind nicht mehr in der Lage, die tatsächlichen Ursachen ihrer Talfahrt zu begreifen. Dass der Krieg auf europäischem Boden die Europäer nicht glücklich macht und dass niemand die Gier auf russische Ressourcen zum Preis einer Schlachthausidylle für erstrebenswert hält, kommt diesen Komparsen nicht in den Kopf.

Es wird sich ja auch keine ukrainische Mutter fragen müssen,  wo eigentlich die Hofreiters, Röttgens, Roths, Kiesewetters oder Strack-Zimmermanns gefallen sind,  sondern der Death Letter für den eigenen Mann oder Sohn liegt bereits auf dem Küchentisch, während die hiesigen Maulhelden fernab des Elends im Führerbunkerwahn an einen Endsieg glauben und sich bei der Siegesparade auf der Tribüne des Roten Platzes zu Moskau wähnen. 

80.000 Arbeitsstunden täglich machen sich irgendwann bezahlt. Funktionieren kann so etwas dennoch nur, wenn als Echoraum ein intellektuell wie mental am Boden liegendes Konsortium die Geschäfte führt. Der Wettlauf mit der Zeit ist in vollem Gange. Solange die abstürzenden Parteien nicht die Ursache ihres eigenen Untergangs ins Auge fassen, steigt die Kriegsgefahr auch hierzulande. Sie selbst scheinen sich darauf vorzubereiten. Lieber eine langsame Post, als weniger Geld für den Krieg, war noch gestern zu hören. All Along the Watchtower! Hören Sie sich das Stück noch einmal an! Es hat prognostischen Charakter.

Desinformation: Zeit für die Umkehrung aller Werte

Während momentan die Sirenen aus allen Kanälen tönen, ich mich an die Erzählungen meiner Mutter die Bombardements erinnere und die Hunde in meinem Viertel zu einem protestierenden Rudel zusammenfinden, denke ich über eine Definition nach, die mehr und mehr unseren Alltag durchdringt und die alles aussagt über den mentalen Zustand, in dem wir uns befinden. Es ist der der Desinformation. 

Folgte man der eigentlichen Wortbedeutung, dann handelt es sich bei einer Desinformation um das gezielte Platzieren von Unwahrheiten, um bei den Empfängern der Nachricht eine Reaktion hervorzurufen. Diese wiederum behandelt den falsch dargestellten Sachverhalt als gegeben. Das Ergebnis einer Desinformation ist eine fehlgeleitete Handlung. Ob es sich dabei um eine tatsächliche, aktive Tat oder um eine Meinungsbildung handelt, sei zunächst einmal dahingestellt. Insofern ist das Vorgehen gegen Desinformation eine vernünftige Angelegenheit, wenn man der Auffassung ist, dass nur die Wahrheit das richtige Terrain für vernünftiges Handeln darstellt.

Das für mich Beängstigende, oder besser formuliert, das Verstörende bei der nunmehr vonstatten gegangenen Vergesellschaftung des Begriffes der Desinformation hat mit der vorausgeschickten Definition und Bedeutung nichts zu tun. Es handelt sich dabei um die schlichte Behauptung, dass alles, was den Statements der Regierung und dem vorherrschenden Mainstream widerspricht, als Desinformation zu werten und zu behandeln ist. Wer eine andere Meinung hat, wer Fakten anführt, die der öffentlichen Darstellung widersprechen, wer sich erlaubt, eine andere Sichtweise darzulegen, betreibt also Desinformation.

Diese Art der Deutung hat sich in den letzten Jahren eingeschlichen und wird von allen, die an ihr gearbeitet haben, weiter propagiert und von denen, die sich daran gewöhnt haben, ihr nicht zu widersprechen, weiterhin geduldet. Dass es sich dabei um die Implantierung totalitären Staatsdenkens handelt, ist noch nicht genügend kommuniziert. Wer wäre noch vor wenigen Jahren auf die Idee gekommen, sich vorstellen zu können, dass der Widerspruch zu den Aktionen einer Regierung oder der Darstellung bestimmter Sachverhalte in den Leitmedien behandelt werden könnte als eine subversive, staatsfeindliche und undemokratische Angelegenheit. Hätte man das erzählt, wäre lautes Gelächter die allgemeine Reaktion gewesen.

Kommt man zudem zu der ursprünglichen Definition von Desinformation zurück, dass nämlich das bewusste Setzen falscher Fakten zu einer bestimmten Reaktion führen soll, dann sind es gerade diese Instanzen, die sich allenthalben über die zunehmende Desinformation beklagen, genau diejenigen, die die Desinformation gesellschaftsfähig gemacht haben. Die Desinformation gehört mittlerweile zu ihrem Tagesgeschäft. Nachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten sind schlichtweg nicht mehr zu ertragen, weil eine Falschbehauptung die nächste jagt. 

Das Szenario, das sich rund um den Begriff der Desinformation rankt, gehört eigentlich in das Genre der literarischen Dystopie. Das Signifikante dabei ist, das ein George Orwell in „1984“ und  „Animal Farm“ diese Phänomene so beschrieben hat, als wären sie unserem heutigen Alltag entnommen. Das Kuriose dabei ist, dass zumindest meine Generation diese Bücher noch in der Schule lesen sollte und mit Gewinn gelesen hat, mit dem pädagogischen Ziel, als Demokraten solche Verhältnisse nicht mehr zuzulassen. 

Das Recht, eine andere Meinung und Sichtweise haben zu können, kann durch die Etikettierung mit dem Begriff der Desinformation nicht genommen werden. Ein solches Vorgehen entlarvt  totalitäres Denken. So etwas ist ein Manöver derer, die im Genre der Desinformation ihrerseits zuhause sind. Es ist mal wieder Zeit für die Umkehrung aller Werte.  

Nach Katar: Kann man in Deutschland die Europameisterschaft 2024 abhalten?

Ein immer kluger wie geistreicher Beobachter des Zeitgeschehens schrieb vor kurzem, wie es wohl sei, wenn ausländische Fernsehteams sich Zugang zu den Schlachthäusern eines gewissen Fleischproduzenten in Gütersloh verschafften und dort Aufnahmen über die Arbeitsbedingungen wie die Wohnverhältnisse der ausländischen Leiharbeiter machten. Und dieses Material angesichts der anstehenden Fußballeuropameisterschaft 2024 in Deutschland dazu nutzten, die Frage zu stellen, ob es angemessen sei, in einem solchen Land das Turnier abzuhalten. Die Frage ist mehr als berechtigt und sie zeigt das ganze Dilemma. Es herrschen unerträgliche Verhältnisse und Ungerechtigkeit auf dieser Welt und wenn man richtig sucht, so findet man das Übel tatsächlich überall.

Wer kennt nicht die Berichte aus den USA, wo in eigentlich blühenden Metropolen Tausende auf der Straße schlafen oder in ihren abgetakelten Autos leben. Wer kennt nicht das Schicksal der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Fleischindustrie, das der Erntehelfer oder das der Paketboten hierzulande, wer kennt nicht die Hungerküchen für Beschäftigte im englischen Gesundheitswesen? Die Liste lässt sich beliebig verlängern, ohne dass die noch weitaus längeren Listen aus Afrika, Südamerika oder aus Asien vergessen wären. Was bleibt, wenn zumindest ein Funken Ehrlichkeit vorhanden ist, ist die Erkenntnis, dass die sozialen Verhältnisse weltweit noch einer gewaltigen Verbesserung bedürfen.

Sich in einer derartigen Gemengelage zum Richter über die Verhältnisse anderer Länder machen zu wollen, entspricht einer großen Portion Verlogenheit. Wer nur das Negative auf der Welt sieht, sollte lieber Hand an sich legen, als zu versuchen, den Rest der Welt aufgrund von Feindbildern sich ebenbürtig machen zu wollen. Kurz: Die moralische oder wie auch immer begründete Erhebung über andere ist das Werk mieser Charaktere. Davon existieren genug auf dieser Welt, nur sollte man ihnen nicht die Regie überlassen.

Bleiben wir bei dem eingangs erwähnten Gedankenspiel. Wie wäre es, das bevorstehende europäische Fußballturnier hier in Deutschland dazu zu nutzen, die hiesigen Verhältnisse anzuprangern. Und, gemäß der mit vollem Spektakel abgewickelten Kampagnen gegen alle Fußballweltmeisterschaften und Olympiaden der Vergangenheit gegen die Gastgeberländer, sofern sie nicht dem westlichen Bündnis angehören, jetzt ein Feuerwerk der Kritik abzubrennen. 

Stoff gibt es genug. Da gibt es die Einschränkungen der Grundrechte, das Nicht-Ahnden von Steuerflucht, einen neuen Radikalenerlass im öffentlichen Dienst, miserable Arbeitsbedingungen, fortschreitende Armut, Bildungsdefizite en masse, eine marode Infrastruktur, eine Doppelmoral, die es zur Staatsräson geschafft hat und im Kontrast dazu Unsummen, die in die Aufrüstung und in den politisch motivierten Waffenexport fließen. Wie, so stellt sich die Frage, kann man da die Chuzpe besitzen, andere zu einem auch hier total kommerzialisierten Sportfest einladen und so tun, als sei alles in bester Ordnung. 

Und dieselben, die in Katar mit einer Symbolbinde und Leichenbittermiene auf der Tribüne standen, werden lächelnd die gute Atmosphäre bei diesem Sportereignis im liberalsten Land der Welt loben, in dem allerdings, bleiben wir bei den Fakten, bis heute kein Akteur sich getraut hat zu outen. Und was beim Fußball hinsichtlich der sexuellen Orientierung gilt, macht sich mit rasender Geschwindigkeit im Bereich der Politik und der sie betreffenden Meinungsfreiheit breit. Ein Gesetz nach dem anderen wird verabschiedet, welche eine anderes Weltverständnis unter Strafe stellen. Mal als Desinformation, mal als Delegitimierung der Regierung. 

Kann man an einem solchen Ort Fußball spielen? Ja, gerade dort, man muss ja nicht den Mund halten.