Verlorene Institutionen und das Konstrukt irdischen Glücks

Ein nicht seltenes Phänomen ist folgendes: eine Einrichtung, an die sich alle gewöhnt haben, die einfach zum täglichen Leben gehört, die viele Menschen in Anspruch nehmen, über die allerdings nie geredet wird, weil sie gefühlt immer schon da war und weil sie zum Leben gehört wie das morgendliche Aufstehen, und die kaum gewürdigt wird, stellt plötzlich ihre Arbeit ein. Und, als ob auch das als Normalität hingenommen wird, zumindest im ersten Moment, plötzlich herrscht Stille. Und, noch ehe etwas unternommen werden kann, dass die tägliche Normalität, die gute Routine, das Funktionieren des Profanen gerettet werden kann, ist alles vorbei. Dann folgt das Nichts. Und nach dem Nichts das Lamento. 

Vieles fühlt sich aus meiner Sicht seit einiger Zeit so an. Immer wieder gehen geschätzte, aber als selbstverständlich erachtete Institutionen über die Regenbogenbrücke des materiellen Daseins. Und irgendwie fühlt sich das für viele Menschen so an, als könne es gar nicht sein. Und, bevor irgendwelche Rätsel am Horizont stehen, es geht hier um vieles. Es geht um die Kneipe in der Straße, es geht um den Bäcker an der Ecke, den Metzger, das Schuhgeschäft oder die Arztpraxis. Es geht um Zeitungen und Nachrichtenportale, es geht um Sport- und Gesangsvereine. Wenn das, so wie seit einiger Zeit zu beobachten, Schritt für Schritt vor sich geht, dann ist es ein Zeichen für einen unaufhaltsamen Prozess. Die alte Welt, so wie wir sei kennen, verödet im Augenblick ihre Lebensadern. Nicht, dass man sich der Illusion hingäbe, es handele sich dabei um eine lediglich temporäre Erscheinung. Und nicht, dass man glaubte, alles würde schon wieder so werden, wie es einmal war.

Das Neue ist ungewiss. Und das macht es für das Gros der Menschen unerträglich. Denn die Wetten stehen schlecht. Hätte man ein klares Bild von der Zukunft, von einem in der Sonne liegenden Morgen, wo die großen Probleme gelöst zu sein scheinen! Nein, momentan stehen die Zeichen auf Zerstörung. Da stehen sich Welten gegenüber, die von ihrer Vision einer Zukunft essenziell unterscheiden. Und gebe sich niemand der versammelten Akteure der Illusion hin, das Dilemma würde gelöst werden können, wenn man sich nur mit aller Stärke gegen den Rest der Welt durchsetzte. Dann wäre das das Ende eines beträchtlichen Teils der Menschheit. 

Vielleicht ist das Ende vieler Einrichtungen der Anlass, darüber nachzudenken, wie man überhaupt leben will. Das klingt profan, ist aber anscheinend eine Frage, die viele Menschen gar nicht mehr beantworten können. Und fragt man sie, und geben sie sich Mühe, einmal darüber nachzudenken, dann hat das alles mit sehr viel Vernunft, mit sehr viel Bescheidenheit und sehr wenig mit den heutigen realen Lebensverhältnissen zu tun. Wir leben in Luftschlössern, die so unsinnig wie verfallsträchtig sind.

Wenden Sie die Augen ab von den Displays, schleichen Sie sich aus dem Verlies der Algorithmen und suchen Sie den Blick derer, mit denen Sie leben und arbeiten. Beraten Sie, was Sie wirklich brauchen und versuchen Sie sich an dem Konstrukt eines irdischen Glücks. Das ist alles. Und das können Sie doch. Und schämen Sie sich nicht für ihre bescheidenen Wünsche. Das sind die echten, auf die kommt es an. Alles andere ist – Schmu!