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Afghanistan: Höllenfahrt oder Kreuzzug?

Die strategische Bedeutung Afghanistans kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das wusste das Britische Imperium, das wusste die Sowjetunion und das wissen die USA. Gescheitert sind dort alle, denn sie haben die relative Rückständigkeit des Landes in Bezug auf Technik und Infrastruktur mit einer leichten militärischen Eroberung und Befriedung verwechselt. Kaum ein Land eignet sich besser für den asynchronen Krieg und kaum ein Land hat den Invasoren so schmerzhaft zugesetzt. Die Glorie des Britischen Imperiums wurde dort in gleich zwei Kriegen durchbrochen, das Ende der Sowjetunion eingeleitet und die globale Hegemonie der USA beendet. Das klingt zu einfach, wahr ist es doch.

Ausgangslage hinsichtlich der strategischen Bedeutung des Landes ist die von dem Briten Mackinder begründete und dem Amerikaner Brzezinski weiterentwickelte Heartland-Theorie. Sie besagt, dass wer das eurasische Herzland, d.h. die Landmasse von Zentraleuropa mit ihrer Infrastruktur und ihrem technologischen Niveau und die an sie anschließenden asiatischen Gebiete mit ihren Bodenschätzen und ihren landwirtschaftlichen Möglichkeiten unter seiner Verfügungsgewalt hat, der beherrscht die Welt. Gemeint ist, auch aus heutiger us-amerikanischer Sicht, vor allem Deutschland und Russland, eine Kooperation dieser Länder wäre für den amerikanischen Hegemonie-Anspruch ein Albtraum.  

Die Zeichen wie die Zeiten haben sich geändert, die Heartland-Theorie nicht. Afghanistans Rolle in diesem Spiel ist dem geo-strategischen Befund geschuldet, dass das Land ein Brückenkopf sein könnte zwischen der eurasischen Landmasse und dem ölträchtigen Iran. Wer diesen Korridor beherrscht, der verfügt über Ressourcen, die vieles ermöglichen, wer diesen Korridor verschließt, der dämmt die Gefahr der Verselbständigung des Herzlandes gewaltig ein. Die Sowjetunion wollte den Korridor öffnen und ist gescheitert, die USA wollten ihn verschließen und sind ebenso gescheitert. 

Die machtpolitische Realität sieht mittlerweile anders aus. China ist dabei, sich das Heartland auf wirtschaftliche Weise mit der neuen Seidenstraße von Osten her zu erobern. Die amerikanische Kriegs- und Außenpolitik hat dafür gesorgt, dass China und Russland näher aneinander gerückt sind und die Rolle Zentraleuropas minimiert haben. Jetzt, nach zwanzigjähriger Militärpräsenz der USA und der Bundeswehr in Afghanistan, ähneln sich dich die Bilder wie in den letzten Tagen des Vietnamkrieges, als sich die Menschen in die Botschaften flüchteten, um noch eine Möglichkeit zu erlangen, das Land vor dem Einmarsch des Vietkong zu verlassen. Heute sind es die Taliban, die auf Kabul marschieren. In beiden Fällen ist es der militärisch übermächtige Westen, der die Flucht ergreift. 

Nachdem man in den USA eingesehen hat, dass eine militärische Lösung des Problems nicht möglich ist, zieht man sich konsequent zurück und wird einen anderen, bereits im Irak und in Syrien begangenen Weg einschlagen. Es wird versucht werden, die Taliban zu ermuntern, ihrerseits ihren Einfluss nach Osten zu erweitern und die muslimischen Gebiete Russlands und Chinas zu destabilisieren. Wer nach Weltherrschaft strebt bzw. sie zu erhalten sucht, ist nicht zimperlich. 

Vor diesem Szenario ist die Kommunikation seitens der Regierung hierzulande über die Geschehnisse eine Verhöhnung des Souveräns. Es ging in Afghanistan weder um die hiesige Demokratie noch um die Berufschancen afghanischer Frauen und Mädchen. Es handelt sich um den Kampf um die Weltherrschaft, bei dem man sich für die Option der USA entschieden hat, ohne auch mit einem Atemzug eine andere Möglichkeit der eigenen Positionierung zu erwägen. Der Zug, mit dem man nun fährt, nimmt an Tempo auf und rast auf ein ziemlich sicheres unheilvolles Ende zu. Das Heartland entzieht sich mehr und mehr den amerikanischen Zugriffsmöglichkeiten. Aus dieser  Perspektive betrachtet, sind die Verlautbarungen der Verteidigungsministerin wie des Außenministers der armselige Versuch, eine Höllenfahrt in einen Kreuzzug für die Demokratie umdeuten zu wollen.

Deutschland: Wahn und Politik

Von „You’ll never walk alone“ bis „ein Finger kann man brechen, fünf Finger bilden eine Faust“ existieren unzählige Aussagen und Bilder, die unterstreichen sollen, wie wichtig es ist, nicht nur nicht alleine zu sein, sondern auch noch Mitstreiter zu haben, wenn es daraus ankommt. Dabei existiert eine Korrelation dieser Notwendigkeit mit den eigenen Mitteln. Je weniger Macht und Reichtum die Einzelnen haben, desto notwendiger ist die Assoziation. Und je mächtiger sie sind, desto mehr können sie auf den Zusammenschluss verzichten. So glauben sie. 

Wie es sich mit den einzelnen Individuen verhält, so ist es auch mit Ländern und ihren Staaten. Der Kampf um Vorherrschaft auf diesem Globus ist so alt wie die Gattung. Reichen kamen, herrschten und vergingen. Und so ist es auch heute. Das XX. Jahrhundert war von zwei Weltkriegen erschüttert worden, in denen es um Macht und Vorherrschaft ging. Die Ordnung, die nach dem letzten großen Krieg entstand, hielt 46 Jahre, danach implodierte die Sowjetunion, mit den USA Gewinnerin des Debakels. Nach 1991 herrschten die USA allein, bis mit der Weltfinanzkrise 2008 ihr Abstieg eingeleitet wurde. 17 Jahre! So, wie es scheint, werden die Halbwertzeiten kürzer. Wer jetzt den Anspruch formuliert, die neue Weltordnung entscheidend mitzuschreiben, ist China, während Indien wohl noch etwas brauchen wird.

In diesem Kontext ist der Versuch vor allem Deutschlands zu sehen, mit dem Konstrukt der Europäischen Union einen Machtblock zu schaffen und zu führen, der es aufnehmen kann mit den Schwergewichten auf der Welt. Die Macht, auf die sich Deutschland dabei beruft, ist die wirtschaftliche. Das allein, soviel ist in den Geschichtsbüchern zu lesen, hat allerdings noch nie gereicht. Was noch dazu gehört, ist ein schlagfähiges und erprobtes Militär und, wenn es um Weltherrschaft geht, das Ausströmen einer kulturellen Faszination. Man denke an die Zeit der us-amerikanischen Aufstiegs in der Weltordnung und die Strahlkraft ihrer damaligen Musik, der Literatur, der bildenden Künste, des Sports. 

Dem Deutschland im Jetzt-Zustand sind diese beiden Faktoren, Militär und Kultur, nicht zu attestieren. Was, wenn die pure Wirtschaftskraft nicht ausreicht, um im ganz großen Spiel um die globale Herrschaft dabei zu sein, in diesem Fall erforderlich wäre, sind handfeste Bündnisse, in dem andere bereit wären, dem Willen des leitenden Partners zu folgen. Die NATO ist es nicht, denn sie orientiert sich nach wie vor am Konkurrenten USA. Und die EU hat keine Streitkräfte. Diejenigen, die ernsthaft eine Rolle spielen könnten, haben sich mit Großbritannien davon gemacht und Frankreich hat besseres vor, als Deutschland wie ein kleiner Bruder zu folgen.

Wie überhaupt hat die dicke Zunge, wie man in Berlin so schön sagt, dem Wirtschaftsriesen, der zudem in dieser Domäne einiges verschlafen hat, es mit allen verscherzt, die dafür in Frage kämen. In der EU sieht es schlecht aus, in Osteuropa, in Südeuropa, was vielleicht bliebe, ist das alte Benelux. Mit den USA, die ihre globale Strategie in Bezug auf Deutschland verändert haben, ist es vorbei, gegen Russland geht man seit langem vor, und nun steht als nächster deklarierter Kontrahent China auf dem Programm. So wie es aussieht, stimmt die Devise: Feinde ringsum! 

Was übrig bleibt, ist das Konsortium von Besserwissern und Moralisten im eigenen Land, die meinen, sie könnten die Welt beherrschen, wenn sie nur wollten. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich diese Haltung als eine psychopathische Verwirrung, die das Land unüberschaubaren Risiken aussetzt. Der Wahn, der in Regierungskreisen wie einigen Parteien gepflegt wird, man müsse diese Politik fortsetzen, läuft auf schwere Verwerfungen hinaus, die im Krieg enden müssen. Wahn und Politik, so dachte man, hätten sich mit dem III. Reich erledigt, aber dem scheint nicht zu sein. So, wie derzeit kommuniziert wird, ist ein Dialog nicht mehr möglich. Sie haben bereits auf Sturm geschaltet. Sie wollen ins Feld, ohne Militär, ohne kulturelle Hegemonie und ohne Freunde. Können sie noch aufgehalten werden?   

Hongkong: Ohne Maß und Sitte

Wenn man lange genug an etwas arbeitet, dann führt es auch irgendwann zum Erfolg. Dieser Satz stimmt nicht immer, aber oft. Die politische Berichterstattung im ZDF ist ein Beispiel für seine Gültigkeit. Dort hatte man irgendwann begonnen, die Köpfe des Genres in amerikanische Think Tanks aufzunehmen. Die wurden dort lange genug betreut, bis sie sich das Weltbild, das dort produziert wurde, aneigneten. Sie taten es während ihres Dienstes kund und so verbreitete sich nicht die us-amerikanische Weltsicht, denn die gibt es genauso wenig wie die russische oder die chinesische, aber eine Anschauung, die bestimmte Kreise in den USA vertreten. Dort herrscht die Vorstellung von Welt-Hegemonie und das Modell von Stanislaw Brzezinski vor. Die USA beherrschen die Welt aufgrund ihrer Präsenz in vielen Ländern des Planeten, aufgrund ökonomischer und technologischer Stärke und basierend auf Annahmen, die vor allem die Abtrennung Russlands von Europa als condition sine qua non zum Erfolg voraussetzen.

Die Think-Tank-Mitglieder gingen zudem dazu über, als Quellen ihrer journalistischen Recherche wiederum andere Think-Tank-Mitglieder auszuwählen. Nicht immer, aber immer öfter. Vor allem bei Fragen weltpolitischer Bedeutung. Manchmal wundert man sich, wenn mediokre, noch nie gesehene Quellen als wissenschaftlich ausgewiesen werden, weil sie von irgend einem Institut kommen, das sich bei näherem Hinsehen selbstverständlich als ein aus den USA finanzierter Think Tank entpuppt, und diese analysieren dann die rücksichtslosen Expansionspläne Russlands oder Chinas. Das hat Ausmaße angenommen, die das Urteil erlauben, die politische Berichterstattung über das Weltgeschehen im ZDF werde direkt, aber versteckt in Washington konzipiert. Billiger kann man die Souveränität eines Landes nicht unterminieren. 

Die neuesten wie die älteren Berichte über die Ereignisse in Hongkong sind so ein Beispiel. Sowohl die alte Kolonialmacht, die sich den chinesischen Bissen nach einem der dreckigsten Kriege der Menschheitsgeschichte einverleibt hat, als auch das ihm folgende Imperium haben ein massives Interesse daran, den Brocken, der seit 1997 mit einer fünfzigjährigen Übergangsfrist zurück seinen völkerrechtlich legitimen Eigentümer zurückgehen soll, doch noch vom auf dem Silbertablett liegend zu stibitzen. 

Seit der geplanten Annullierung des Auslieferungsverbots von Hongkong-Bürgern donnert der deutsche Kanal gegen alles, was von Seiten der Hongkonger Regierung oder aus der chinesischen Volksrepublik unternommen wird, um das Treiben zu unterbinden. Das, was so gerne als eine freiheitliche Bürgerbewegung dargestellt wird, hat einen militanten, eigenartigerweise auch aus Washington finanzierten Arm. Er glänzt durch gewaltsame Attacken und Sabotage-Akte, die nichts anderes zum Ziel haben, als China zu provozieren und es, sollte es unbedacht reagieren, international an den Pranger stellen zu können. Dass bei diesem Unterfangen die tatsächlich vorhandenen bürgerrechtlichen Kräfte aufgerieben und nicht mehr gehört werden, ist kein Geheimnis. Die Killer einer Hongkonger Demokratiebewegung sind die Propagandamasken, die im ZDF gefeiert werden.

Der große Entertainer im Heute Journal sprach denn jetzt auch, dass die britische Regierung, die vielen Hongkonger Bürgern einen Pass für GB geben will, um sie vor chinesischer Verfolgung zu schützen, die Schutzmacht Hongkongs sei. Dabei handelt es sich um die Umkehrung aller Werte, zumindest derer, die dem Völkerrecht zugrunde liegen: In der Märchenstunde eines öffentlich-rechtlichen Senders, der sich als politisches Journal verkauft, werden die Nachfolger einer Kolonialbande, die sich mit Kanonen und Rauschgift etwas unter den Nagel gerissen haben, als Schutzmacht bezeichnet. Befände man sich in gesitteter Gesellschaft, müsste man empört ausrufen: Das geht aber zu weit! Aber an diese Sitten kann nicht mehr appelliert werden. Sie existieren nicht.