Irgendwie passt es alles nicht mehr zusammen. Da haben wir nun einen Außenminister, der die Welt bereist und immer wieder mal die Karte der moralischen Entrüstung zückt. Mal ist es die diskriminatorische Politik der Chinesen, mal das rüde Vorgehen gegen Demonstranten, wie jüngst in Syrien, oder das despotische Gehabe des letzten aufrechten Libyers wie im Falle Gaddafis. Der Außenminister macht vor allem uns Bürgerinnen und Bürgern im eigenen Land klar, dass er keine Konfrontation scheut, um das Banner der Demokratie und der Menschenrechte hochzuhalten.
Was nicht passt zu dieser Inszenierung sind Schlagzeilen, dass die Bundesregierung derzeit prüft, ob sie nicht zweihundert Leoparden nach Saudi Arabien und ein paar Dutzend Füchse nach Algerien verkaufen soll. Gemeint sind nicht zumindest reizend aussehende Raubkätzchen oder Blut trinkende Gesellen aus heimischen Wäldern, sondern hochtechnologische Kampfpanzer und Panzertransporter. Im Falle Saudi Arabiens handelt es sich um ein Land, das dazu geeignet ist, jeden strategischen Partner von vorneherein zu diskreditieren.
Das Vereinigte Königreich Saudi Arabien ist die letzte intakte Sklavenhaltergesellschaft dieses Planeten. Sie unterscheidet sich allerdings von früheren, antiken Gesellschaftsordnungen dieser Art durch ihr martialisches Gehabe und die absolute Rechtlosigkeit der Unterjochten. Zudem ist es ein Schlupfwinkel des internationalen Terrorismus. Lediglich der Besitz von Öl und die aus den Revenuen für diesen Rohstoff entstandenen Kapitalbeteiligungen in den industriellen Hochzentren bewahren diesen Schandfleck der Zivilisation vor Sanktionen. Doch wer mit dem Anspruch der politischen Hygiene in den Ring geht, der darf sich nicht wundern, wenn er sehr schnell am Boden liegt.
Letztendlich haben wir es mit einem sehr alten Paradigma der Außenpolitik zu tun. Folgt ein Land den ethischen Grundsätzen des eigenen Selbstverständnisses, dann sind Bündnisse und Waffenverkäufe an ein Land wie Saudi Arabien unmöglich. Oder man nennt sich Realpolitiker und paktiert mal mit integren Partnern, mal mit Verbrecherallianzen, ganz nach dem taktischen oder auch strategischen Bedarf. Die Entscheidung muss ein Land selbst treffen.
Was nicht geht, aber zunehmend versucht wird, ist die Mobilisierung der Binnenmeinung nach Gelegenheit. Doch wer diesem Muster folgt, der macht sich nicht nur im eigenen Land unglaubwürdig, sondern auch in der Welt der potenziellen Partner. Wer sich gegen militärische Einsätze sonst wo ausspricht und in andere, sehr heiße Regionen Panzer verkauft, der darf sich nicht wundern, wenn er zur Zielscheibe des Zorns der Geschädigten wird. Für einen Außenminister, der mehrmals wöchentlich die Rolle zwischen Kriegstreiber und Friedensengel wechselt, reicht es nicht einmal mehr zum Demagogen. Für eine Opposition, die sich jetzt lauthals zu Wort meldet, um die Waffenverkäufe zu kritisieren, nach deren Gesetzesänderung in den Waffenexportbestimmungen sich jedoch der Verkauf in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt hat, reicht es nicht zu einer grundlegenden Erneuerung. Und ein Volk, das den argumentativen Unsinn situativer Moralität hinnimmt, verliert die eigene Glaubwürdigkeit.
