Ja, der Volkswagenkonzern bringt vieles mit sich, das dafür spricht, es mit einer monopolistischen Struktur zu tun zu haben. Ja, der Volkswagenkonzern hat eine Geschichte, vor der es einem grausen kann. Ja, die Verquickungen zwischen Gewerkschaften und dem Konzern sind eine politische Katastrophe und natürlich, die Manipulation von Abgasmessgeräten ist Betrug. Ach ja, noch schlimmer ist es, dass nicht nur Volkswagen, sondern nahezu die gesamte deutsche Automobilindustrie sich kaum Gedanken über alternative, ökologisch vertretbare Antriebsarten gemacht haben. Stoisch setzten sie auf Diesel, was mit dem nahezu erotischen Faible der Deutschen für diesen Motor und den günstigeren Abgaswerten zusammenhing. Wesentlich geringere Kohlenmonoxydwerte, so hieß es und so ist es auch, die Stickoxyde waren dabei weniger im Fokus.
Viele rieben sich die Augen, als in diesem Sommer ausgerechnet die US-Justiz zu einem heftigen Schlag gegen den Weltfußballverband FIFA ausholten. Warum ausgerechnet ein Land, in dem der Fußball immer noch eine untergeordnete Rolle spielt, mit solcher Macht dann auch noch gegen eine Weltorganisation vorgeht, weil ein lokaler Funktionär von mittlerem Einfluss korrumpierbar gewesen sei, blieb vielen ein Rätsel. Bei näherem Hinschauen wurde jedoch deutlich, dass die Aktion auch noch anderen, geopolitischen Sinn hatte. Es ging um die Anzweiflung der nächsten Fußballweltmeisterschaft 2018 mit Russland als Austragungsort. Der Krieg um die Ukraine, unter anderem angezettelt von US-Politikern und aktiv geführt durch militärische und wirtschaftliche Unterstützung aus den USA, hatte in Europa zu heftigen Debatten und einer Spaltung der politischen Stimmung geführt. Nun Russland die nächste Gelegenheit einer positivenDarstellung im Zusammenhang mit Fußball zu verwehren, kann zumindest als Kollateralziel der Aktion angesehen werden.
Zurück zu VW: Trotz der eingangs beschriebenen Kritik, die nicht hart genug sein kann angesichts staatsmonopolistischer Strukturen und kollusiver Machenschaften und einer strategischen Ausrichtung, die nicht an neue Gestaltungsräume, sondern eher an Durchhalten erinnert, ist auch dieses Mal an der Zufälligkeit der US-Behördenaktivität zu zweifeln. Es handelt sich um eine Aktivität in einem Wirtschafts- und Handelskrieg, der in vollem Gange ist und mit TTIP als normal formalisiert werden soll. VW ist nicht nur der größte Autokonzern Europas, er ist damit auch die Säule der deutschen Exportindustrie, es hängen Tausende von Arbeitsplätzen in vielen Ländern Europas daran und mit der Attacke auf den Dieselmotor ist die einzige Alternative zu Elektro- und Hybridantrieben, die ihrerseits in ihrer Energiekonsumption systematisch geschönt wurden, soll Konkurrenz massiv geschwächt werden.
Wie gesagt, und sogar betont, die Kritik an korrupten Strukturen in der FIFA und der Betrug an Konsumenten durch VW kann und darf nicht entkräftet werden. Aber die Aktivitäten von US-Justiz und US-Behörden sind in diesen Fällen keine zufällige Koinzidenz zu politisch für die USA vorteilhaften Veränderungen, sondern gezielt eingesetzte Mittel einer nicht-militärischen Kriegsführung. Diese Form des modernen Krieges vor Augen sollte zu einer nochmaligen Betrachtung der geplanten Vereinbarungen hinsichtlich von TTIPP führen, um einen realistischen Blick dafür zu bekommen, dass im Grunde dort die Spielregeln für diese Art des Krieges festgeschrieben sind. Und dieser Krieg wird geführt gegen die Konsumenten und gegen die Fähigkeit der Nationalstaaten, sich politisch gegen das Treiben von global agierenden Konzernen zu wehren. Und das Desaster hat zum Teil schon stattgefunden: Dass sich ausgerechnet staatliche US-Behörden in diesem Kampf instrumentalisieren lassen, obwohl auch die Staaten auf allen Seiten die Verlierer sein werden, macht die Sache noch pikanter.
