Die Aussagen von Kanzlerin wie Verteidigungsministerin, der Luftschlag gegen eine syrische Militärbasis seitens der USA sei nachvollziehbar, ist enthüllend. Denn unstrittig ist, dass weder eine von den UN veranlasste und autorisierte Untersuchung den formulierten Verdacht hat bestätigen können, dass der beklagte Giftgasanschlag gegen die Bevölkerung von syrischer Regierungsseite durchgeführt wurde, noch – in der Folge logisch – lag eine UN-Autorisierung für das Bombardement vor. Somit ist ein eindeutiger Verstoß der USA gegen das Völkerrecht ebenso aktenkundig wie die Haltung der Bundesregierung, die sich in diesem Falle nicht darum schert.
Damit liegt ein weiteres Mal die bittere Erkenntnis vor, dass sich die Bundesregierung seit langem mit dem arrangiert hat, was in den USA als double Standards bekannt ist und im Deutschen als zweierlei Maß bezeichnet wird. Dasselbe Personal hat diverse Male gezeigt, wie es sich echauffieren kann, wenn das Völkerrecht verletzt wird. Vor allem in Bezug auf die Insel Krim im Schwarzen Meer waren sie außer sich ob solch einer Untat, obwohl die russische Annexion der Krim im Vergleich zu aggressiv kriegerischen Handlungen noch eine maßvolle Tat war. Und man muss schon genau zuhören, wenn vor allem Frau von der Leyen die kriegerischen Handlungen bereit ist zu rechtfertigen, ohne noch irgendwelcher Beweise zu bedürfen. Das ist bodenlos, das ist dreist und das hat mit dem Terminus Verteidigung nichts mehr zu tun.
Wie es insgesamt nahezu losgelöst von jeder Form der Rationalität zu sein scheint, dass sowohl die Regierung als auch ihre akkreditierten wie nicht akkreditierten Presseorgane, die sich vereint auf den neuen US-Präsidenten Trump gestürzt und diesen, je nach Laune, mal als Barbaren und mal als Diktator bezeichnet haben, nun, nachdem erstmal dreißig Tonnen Sprengstoff in Syrien abgeworfen wurden, regelrecht lieb gewonnen haben. Endlich rasselt der Säbel wieder, und zwar gehörig, und schon fühlt man sich wieder heimisch.
Die phänomenologisch eindeutige Schizophrenie in einen rationalen Zusammenhang mit realen Interessen zu bringen, fällt relativ schwer. Selbstverständlich hat die deutsche Ökonomie, so wie sie heute arbeitet, großes Interesse an Waffenverkäufen, an strategischen Rohstoffen und an Energie. Vor allem der Waffenexport gedeiht mit dem Syrienkonflikt und es geht um Gas nach Europa. Andererseits sind die Streitkräfte ihrerseits nicht einmal dazu geeignet, kurdische Schrebergärten im Ruhrgebiet zu erobern. Da bleibt wohl nur die Rolle, im Windschatten des Weltpolizisten USA zu segeln. Letzteren zu beeinflussen, was die Schritte seiner nächsten Aggression sein sollen, scheint die momentane Taktik zu sein. Und folgen die USA diesem Szenario, dann sind sie auch wieder die alten Freunde.
Dabei handelt es sich um eine Interdependenz. Denn solange die deutsche Regierung bereit ist, erneut die destruktive und frostige Politik gegenüber Russland fortzusetzen, wird sie seitens der USA gelobt und bekommt die eine oder andere Geste hinsichtlich gemeinsamer Einschätzungen der Weltpolitik. Das schlingernde Europa jedoch, geschwächt durch den Brexit und grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten bei essenziellen Fragen, spielt in der Neusortierung der Welt mit mächtigen Playern wie China, Russland, dem Iran und Indien zunehmend eine marginale Rolle. Das kann man bedauern, angesichts der martialischen Bellerei seines Leitungspersonals ist es aber auch ein Segen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem die chronische Überforderung nicht spürbar wäre.
