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Trump: Erleichterung wie Entsetzen

Es kann durchaus vorkommen, dass derselbe Akteur durch sein Handeln auf der einen Seite Erleichterung und auf der anderen Entsetzen auszulösen imstande ist. Der amerikanische Präsident Donald Trump führt momentan eine solche Übung vor. Nicht, dass jemand auf die Idee käme, der Mann sei konzeptionell erratisch. Nein, nur ist er kein Politiker, der in einem bestimmten Setting sozialisiert wurde und so etwas wie den gesellschaftlichen Zeitgeist in sich trüge. Nein, Donald Trump ist eine Registrierkasse, die konsequent der eigenen Logik folgt. Zwar schmückt er zuweilen seine Absichten mit humanistischen oder freiheitlichen Girlanden, aber das ist unwesentliches Beiwerk.

Sein Versprechen, den Krieg in der Ukraine schnell zu beenden, entspricht der Strategie, die direkte Konfrontation mit Russland zu beenden und das zu spielen, was in Washington mittlerweile unverblümt die russische Karte genannt wird. Bei der Formulierung handelt es sich um eine Anspielung auf die von Richard Nixon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts als chinesische Karte bezeichnete Politik, d.h. eine freundliche Annäherung an die Volksrepublik China, um den Hauptkonkurrenten UdSSR zu schwächen. Und Donald Trump geht es um genau das: ein Modus Vivendi mit Russland zu schaffen, um die wachsende Allianz von China und Russland zu schwächen. Und dass in der Ukraine Seltene Erden auf Bergung warten, die man momentan aus China beziehen muss, ist eines der Argumente, das die Kasse klingeln lassen könnte. So könnte eine Prognose lauten, dass der jetzige Frontverlauf zur neuen Grenze zwischen Russland und der Ukraine wird, langfristige Verträge über die Lieferung Seltener Erden geschlossen werden und eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine vom Tisch ist. Und glaube bitte niemand, dass eine derartige Finalisierung des Konfliktes in der Ukraine wie in Russland zu großer Verzweiflung führen würde! 

Und was bei dem erwähnten Konflikt zu großer Erleichterung bei vielen Menschen in Europa führen würde, löst bei Trumps Vorstellungen über die Möglichkeit der Neugestaltung des GAZA-Streifens Entsetzen aus. Da beinhaltet der Rausch eines Immobilienmaklers den größten Bruch des Völkerrechts und aller humanitärer Prinzipien im 21. Jahrhundert. Mal eben die zwei Millionen Palästinenser nach Ägypten und Jordanien verfrachten und den einstigen Lebensraum, der in eine Kriegswüste verwandelt wurde, zu planieren und dort eine Luxuslandschaft für globale Couponschneider entstehen zu lassen, ist an Zynismus tatsächlich mit dem zu vergleichen, was anlässlich der vielen Gedenkfeiern zur Befreiung von Auschwitz noch einmal in vielen Beiträgen geschildert wurde: genauso menschenverachtend und genauso technokratisch. Dass bei der Entwicklung dieser Vision ein israelischer Premier applaudierend daneben steht, zeigt, wie vieles andere, dass Akteure wie Opfer des letzten welthistorischen Debakels nichts aus dem Desaster gelernt haben. Nichts. Gar nichts.

Und so ist es kein Wunder, dass in der westeuropäischen politischen Nomenklatura momentan große Verwirrung herrscht und längst deutlich geworden ist, dass sowohl die alten wie die schnell entworfenen neuen Konzepte, die irgendwie die bestehende „Ordnung“ aufrecht erhalten wollen,  untauglich sind. Alle, die sich in der Vergangenheit als Experten haben profilieren können, schauen nun ratlos umher und stürzen sich auf alles, was sich bewegt, um zu beweisen, dass sie noch da sind. Nur beeinflussen können sie nichts mehr. Wenn sie ehrlich wären, würden sie den alten Spruch bemühen, der da besagt, dass da höhere Mächte am Werk sind, die den weiteren Gang bestimmen werden und man selbst keinen Einfluss hat. Die Namen dieser Mächte sind bekannt, nur wollen die kleinen Figuren auf dem Brett sie nicht nennen. Würde ja auch die eigene Bedeutung erheblich schmälern. 

Trump/Harris und die harte Realität

Die Realität ist hart. Damit sind nicht unbedingt die Lebensumstände vieler gemeint. Noch leben wir in einem Land, in dem ein Großteil zumindest im Hinblick auf die Befriedigung materieller Bedürfnisse keine Not leidet. Was eher besorgt, ist die steigende Zahl derer, bei denen es nicht mehr reicht. Es ist ein Trend. Und zwar einer, der immer stärker wird. Und betrachtet man das Referenzstück unseres Gesellschaftsmodells, die Vereinigten Staaten, dann sieht es immer trüber aus. Dort leben mittlerweile 40 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Auf der anderen Seite sind dort diejenigen versammelt, die zu den reichsten Vertretern der Gattung auf dem Planeten zählen. Bei aller ideologischen Bräsigkeit und Selbstzufriedenheit: wer das ausblendet, wacht irgendwann beim Water Boarding sozialer Revolten auf. Und wer dann in den Chor einfällt, dort randaliere der Pöbel, der hat dem wahren Pöbel zu lange die Gefolgschaft geleistet. Wer den Blick auf die Entwicklung der Besitzverhältnisse in dieser unserer Welt verloren hat und sich über russische Oligarchen als Zeichen einer systemischen Dekadenz bereit ist aufzuregen, dem sollten die Kassen auf jeden Fall eine Psychoanalyse gewährleisten.

Und nun, in dieser Gemengelage, treten in den USA zwei Kandidaten an, und, bevor die woke Community in Ohnmacht fällt, ein Kandidat und eine Kandidatin, die für bestimmte Interessen stehen, aber, und das Konstrukt bringen selbst unsere verwahrlosten Medien, die ihrerseits stramm im Harris-Lager stehen, nicht fertig, kein Kandidat wird an dem Schicksal derer, die alles verloren haben und deren Hoffnungen seit langem begraben sind, etwas zu ändern willens und in der Lage sein. Donald Trump, und selbst diese Analyse bringt hier kaum jemand fertig, ist die Option der Großmogule aus dem Silicon Valley, denen nicht nach gesellschaftlichem Zusammenhalt, sondern nach billiger Energie ist. Ihre Industrie verschlingt Unmengen davon und die aus der Obama-Zeit verhängten Schürf- und Bohrverbote in Alaska sollen fallen, damit die Digitalindustrie mit billiger Energie versorgt werden kann. Und, auch diese Frage sollten sich diejenigen stellen, die meinen, auf der Karte der Demokratie stünde der Name Kamala Harris: Welche Referenzen hat sie? Auf welchem Gebiet hat sie Erfolge aufzuweisen? Oder ist sie dort, wo sie heute steht, nicht das Ergebnis einer Bedingung eines mächtigem schwarzen Lobbyisten aus South Carolina? Außer dem Confetti-Regen auf dem Zirkus-Parteitag in Chicago bleibt da nicht viel.

Aber es ist wie immer bequem, sich irgend ein Pferdchen aus einem fremden Stall, den man selbst nicht ausmisten muß, auszusuchen und ein bißchen zu setzen. Nicht viel, aber zumindest soviel, dass man sich ärgert, wenn der andere Hengst gewinnt. Aber, liebe Gemeinde, das Leben ist kein Spiel und die Wirkungsmacht, die von den USA auf unsere Gesellschaft ausgeht, konnte nicht deutlicher werden als in den letzten beiden Jahren. Böse Zungen sprechen hier von einem amerikanischen Protektorat. Wer nicht so weit gehen will, sollte zumindest die Realität anerkennen, dass nahezu jede Entwicklung, die dort stattfindet, zeitverzögert auch hier greifen wird. Bei manchen Parteien laufen auf Veranstaltungen die gekauften Confetti-Clowns bereits herum. Mit einer Politik für die Menschen, die in einem Staat leben, hat das alles nicht mehr viel zu tun. Da zocken Lobbys und der Mob schlägt die Zähne in die Wand. Die Realität ist hart. Lassen Sie sich nichts vormachen!

Amerikanische Wahlen und deutsche Märchen

Gott sei Dank! Die Demokraten verteidigen den Senatssitz von Arizona! Der ehemalige Astronaut Kelly setzt sich gegen den Kandidaten der Republikaner durch. Jetzt fehlt den Demokraten nur noch ein Sitz, um die Mehrheit im Senat zu halten. Und nun haben sie ihn, den Sitz!

Das ist der Tenor der hiesigen Berichterstattung und er zeigt, wie es um den Orientierungssinn in der politischen Berichterstattung bestellt ist. Jede Stimme für die Demokraten wird gefeiert als Sieg der Demokratie und eine Mehrheit der Republikaner in beiden Kammern mit dem Weltuntergang gleichgesetzt. Das einzige, was bei dieser Sichtweise klar wird, ist der Einfluss demokratischer Stiftungen und Think Tanks auf den deutschen Journalismus. Mehr aber auch nicht. Und dass Politiker diesen Unsinn auch noch nachbeten, nährt die bereits grassierende Verzweiflung. 

Der Krieg in der Ukraine ist, jenseits der immer wiederholten Erzählungen eben jener Zunft, das Ergebnis eines mehrere Jahrzehnte umfassenden Prozesses, bei dem es um das Zwischenergebnis eines Kalten Krieges ging, an dessen vermeintlichem Ende es um die Ansprüche der zusammengebrochenen Sowjetunion genauso ging wie um die geostrategischen Perspektiven der vermeintlich obsiegenden USA. Die konsequente NATO-Osterweiterung war das eine, der Revisionismus einer gedemütigten Supermacht das andere. Den großen Gewinner, soviel ist gewiss, den gab es nicht.

Russland hat nicht nur Raum und Menschen in großer Zahl verloren, sondern auch, ganz in der Tradition des eigenen Imperialismus, zu sehr auf den eigenen Ressourcenreichtum vertraut und die gesellschaftliche wie technische Modernisierung verschlafen. Die USA, vom Triumphalismus trunken, schwächten sich selbst durch zahlreiche Kriege, verloren die Dominanz durch die Weltfinanzkrise 2008 und verpassten ihrerseits die Möglichkeiten, die Gesellschaft vor einer rapiden Erosion zu bewahren. Das Land ist gespaltener denn je und wer glaubt, es läge lediglich an einem schillernden Baulöwen aus dem republikanischen Lager, der folgt blauäugig den Schauergeschichten demokratischer Wahlkampagnen. Die Zerrissenheit hat andere Ursachen als das Psychogramm der Spitzenkandidaten. Sie sind die Symptome, aber nicht die Ursache.

In den drei Dekaden nach dem vermeintlichen Ende des Kalten Krieges hat sch China durch die Entwicklung der eigenen Produktivkräfte, durch Technologie, durch Investition in Bildung und Infrastruktur zu einem Schwergewicht in den internationalen Beziehungen entwickelt, ohne, und das sei einmal unterstrichen, bis heute in nur einem Land außerhalb der eigenen Grenzen militärisch interveniert zu haben. Chinas Dominanz resultiert aus eigenen Anstrengungen, aus eigenen Investitionen und aus geschickter Diplomatie. Im Vergleich dazu stehen sowohl die USA, als auch die sich immer mehr zu deren brotlosem Appendix entwickelnde EU sowie Russland schlecht da.

Die amerikanischen Demokraten standen bereits 2016 für die Option eines heißen Krieges mit Russland. Die damaligen Kandidatin Clinton hatte immer wieder diese Notwendigkeit betont. Da mit einer Ukraine, in der ein erfolgreicher Regime Change durchgeführt worden war, ein wunderbarer Stellvertreter gefunden war, mit dem man Russland in den Waffengang locken konnte, war die Möglichkeit gegeben.

Nach der Abwahl von Trump war es dann soweit und es dauerte nicht lange, bis der heiße Krieg entfacht war. Wunderbarerweise stand aufgrund der kausalen Abfolge Russland als Aggressor da. Alles, was aus dem demokratischen Lager zu entnehmen ist, deutet darauf hin, den militärischen Konflikt solange am Leben zu erhalten wie möglich, um den Keil zwischen Russland und Rest-Europa so tief wie möglich zu treiben. Dabei werden Kollateralschäden in Kauf genommen, die die europäische Entwicklung auf Jahrzehnte vehement beeinträchtigen werden.  

Wer da als Journalist um demokratische Mehrheiten bangt, ist exzellent gebrieft und verbreitet Nachrichten, die weit vom Wesen der Geschehnisse weit entfernt sind. Das eigene Handwerk beherrscht er nicht.