Wer starr an einem politischen Programm festhält, von dem kann nicht erwartet werden, dass bestimmte aktuelle Erfahrungen zu einem Lernprozess führen. Das bestätigen viele Menschen, die in politischen Parteien engagiert sind und in ihrem Leben mehrmals die Partei gewechselt haben. Ihre Psychogramme und die damit verbundene politische Agenda suchen sich immer das Umfeld, in dem sie das Maximum erreichen können. Sieht man sich manche Protagonisten der Gegenwart an, so bestätigt sich die These: totalitäre Charaktere sollen es sogar von maoistisch-kommunistischen Parteien bis ins Ministeramt geschafft haben und die Kalten Krieger der CDU haben auch die Jahrzehnte der Entspannung unbeschadet überlebt. Das liegt nicht an den Parteien, sondern an ihnen. Zumeist sind es autoritäre Charaktere, die den Kompass vor sich fest einbetoniert haben. Eines ist bei ihnen sicher: gelernt wird da nichts. Wo kämen wir dahin?
Und so ist es kein Wunder und nicht erstaunlich, dass gestern, scheinbar en passant, die Meldung durch die Nachrichten geisterte, in der georgischen Hauptstadt Tiflis habe es heftige Demonstrationen gegen die Regierung gegeben, die unwillig sei, Georgien in die EU zu bringen. Das hängt zwar nicht nur von der dortigen Regierung, sondern auch von der EU ab. Und genau da liegt der berühmte Hase bereits im Pfeffer. Mit der EU als einem Wirtschafts- und politischen Systembündnis fängt es an. Da werden die schönen Seiten von Kooperation und Handel, von Freizügigkeit und Meinungsfreiheit gezeigt, bis, und das ist mittlerweile eine sogar festgeschriebene Gesetzmäßigkeit, plötzlich die Karte aus dem Ärmel gezogen wird, dass eine EU-Mitgliedschaft unter das Junktim mit der NATO fällt.
Erinnern Sie sich? Genau dieser Fall, das Junktim von EU und NATO, hat zu dem geführt, was als ein einziges Debakel genannt werden muss. Da wurde in der Ukraine geputscht, bis man eine Regierung hatte, die dieses Junktim befürwortete und die Liaison von EU und NATO akzeptierte. Da wurde die rote Linie für Russlands Sicherheitsvorstellungen bewusst überschritten, da wurde die Ukraine aufgerüstet, was das Zeug hielt, da wurde ein Krieg akzeptiert, an dessen Ende es die Ukraine in dieser Form nicht mehr geben wird.
Hätte man es mit Akteuren zu tun, die sich der Sicherheit der jeweils eigenen Bevölkerung und einer damit verbundenen weiterreichenden Sicherheitsarchitektur verbunden fühlten, da wäre man bemüht, den gleichen Fehler nicht ein zweites Mal zu machen. Anders jedoch bei den uneinsichtigen Triebtätern, mit denen wir es zu tun haben. Ganz nach dem Muster Kiew wird jetzt das gleiche Spiel für Tiflis aufgelegt. Die einzigen Bausteine, die in den geübten Händen dieser Akteure liegen, sind die des Krieges. Der Ukraine soll jetzt Georgien folgen. Wir werden sehr schnell merken, wie die Propagandamaschine angeworfen wird, wie herzergreifend das Demokratiebedürfnis in Georgen ist und wie solidarisch wir mit dem Volk dort sein sollen.
Dass Russland im Falle der Ukraine das Überschreiten der roten Linie für das eigene Sicherheitsempfunden gezeigt hat, demonstriert selbst dem Begriffsstutzigsten, dass die Reaktion im Falle Georgiens nicht anders sein wird. Wer das ignoriert, hat nur eine Agenda im Kopf: Krieg bis zum bitteren Ende. Verlassen Sie sich darauf. Der Totalitarismus sitzt im eigenen Lager.
