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Weltlage: Brandgefahr bis Anfang November

Sicher ist nur, dass sich die Lage zuspitzt. Während hiesige Astrologen exklusiv auf die Teilmobilmachung in Russland starren und diese als Bestätigung ihrer eigenen Position der militärischen Eskalation interpretieren, sind andere Ereignisse weitaus beunruhigender. Zum einen, weil aus ihnen ein ganz anderes Desaster resultieren kann als ein konventioneller Krieg in Zentraleuropa. Zum anderen, weil die hiesigen Akteure, die sich als Bürzel zweier imperialistischer Player herauskristallisiert haben, bei dem finalen Spiel allenfalls als Objekte eine Rolle spielen.

Der eine Faktor sind die Midterm-Wahlen in den USA, die Anfang November abgehalten werden und darüber entscheiden, ob Präsident Biden noch irgend etwas wird durchsetzen können oder nicht. Sollten die Demokraten unterliegen, dann ist die Regentschaft ihres Präsidenten de facto bereits zwei Jahre vor den Präsidentschaftswahlen beendet. Um das zu verhindern, setzt die Biden-Administration auf kriegerische Eskalation. Nach dem Motto: right or wrong, my country! In Zeiten äußerer Bedrohungen setzt die Bevölkerung auf Einheit, so das Kalkül. Es ist bis Anfang November mit keinerlei De-Eskalationsversuch aus dem Weißen Haus zu rechnen. Danach schon. Aber da könnte es zu spät sein.

Denn im Oktober endet die Saison der Taifune im südchinesischen Meer. Letztere sind der Grund für die militärische Zurückhaltung Chinas nach dem Besuch von Nancy Pelosi in Taiwan. Zwar wurden die chinesischen Streitkräfte, derer es bedürfte, um nach Taiwan zu greifen, in Stellung gebracht. Doch militärische Echtzeit-Operationen sind wegen der Taifun-Saison zu riskant und nicht kalkulierbar. Im Oktober sind diese Unwägbarkeiten jedoch nicht mehr vorhanden. Also könnte eine militärische Operation Chinas durchaus stattfinden. Für diesen Fall hat Präsident Biden gestern angekündigt, dass die USA – gegen bisherige Versicherungen – militärisch antworten werde. Insgesamt sind also noch eineinhalb Monate dazu geeignet, um vor den amerikanischen Wahlen eine Eskalation im Weltmaßstab zuzulassen.

Wenn die Anzahl der Faktoren zunimmt, die einen weltweiten Konflikt befeuern können, werden die Chancen eines die Eskalation vermeidenden Krisenmanagements geringer. Das liegt zum einen an der Schwierigkeit, die verschiedenen Seiten zusammenzubringen und zum anderen an der Fähigkeit der handelnden Akteure, die besonders gefährliche Situation überhaupt erst zu identifizieren. 

Man kann davon ausgehen, dass auf Seiten der großen Player, und damit sind China, Russland und die USA gemeint, die Identifikation der Gefahrenlage durchaus stattfindet. Das Kalkül, weiter zu eskalieren, bleibt ein Kalkül, wenn niemand aus dieser Gruppe in den Wahn verfällt, eine tatsächliche Eskalation als Sieger überleben zu können. So, wie es aussieht, stehen die Verantwortlichen in diesen Ländern allesamt unter Druck: Biden in erster Linie wegen der Unfähigkeit oder dem Unwillen, vom neoliberalistischen Kurs Abstand zu nehmen und die Erosion des gesellschaftlichen Zusammenhalts aufzuhalten, Xi Jinping wegen seines Versprechens, Taiwan zurück zu Mutter China zurückholen zu wollen und Putin wegen seiner Fehlkalkulation, die Ukraine im Spaziergang in Rossijas Schoß zu betten. 

Druck ist nicht der beste Ratgeber, wenn es darum geht, eine brenzlige Situation entschärfen zu wollen. Denn das ist in der Regel nur möglich, wenn man in der Lage ist, Zugeständnisse machen und mit ihnen leben zu können. Insofern ist die Situation so gefährlich wie nie. Dass die EU in ihrer Kreuzzugsmentalität, ihrer Selbstüberschätzung wie Machtlosigkeit in diesem Spiel keine Rolle spielt, könnte beruhigen, wenn da nicht die Bereitschaft unübersehbar wäre, durch Selbstverstümmelung das ganze Desaster noch auf die Spitze zu treiben.  

Die Kompradoren-Bourgeoisie und unser politisches Personal

Es vergeht kein Tag, an dem sich nicht das Unvorstellbare als Realität erwiese. Und es scheint, als spielten Politik und Medien Pingpong, um den erstaunten Mob in Atem zu halten. Gestern brillierte wieder das ZDF Auslandsjournal mit der beiläufigen Behauptung, die Volksrepublik China hätte sich völkerrechtswidrig Hongkong angeeignet. Wer immer das schlucken mag, wahrscheinlich ist es den Produzenten solcher Nachrichten egal, Hauptsache das politische Personal übernimmt solche Geschichten und glaubt selbst daran. 

Intendiert war mit dem Halbsatz die These zu stützen, dass sich die Volksrepublik China in Sachen Taiwan als Aggressor gebärde, während die massive Marinepräsenz der US-Navy vor Chinas Küsten, 7000 Seemeilen from Home, als Bollwerk der Freiheit anzusehen sei. 

Noch einmal kurz zu Hongkong. Das geostrategisch wichtige Terrain wurde 1842 nach dem dreckigsten Krieg der Kolonialgeschichte, dem Opiumkrieg, dessen Ausmaße alles übertraf, was bis heute als Gruselgeschichten kolumbianischer Drogenkartelle verfilmt wurde, von Großbritannien okkupiert. Die imperiale Kralle blieb auf diesem Gebiet bis 1997, also 155 Jahre. Mit Ende des Jahres 1977 fiel Hongkong an die Volksrepublik China zurück, besiegelt durch einen Vertrag, in dem der Übergang an die Modalitäten der Volksrepublik für einen Zeitraum von 50 Jahren festgeschrieben wurde. Nach dem Motto „ein Land, zwei Systeme“ wurde den dort ansässigen Firmen wie Bürgern ein halbes Jahrhundert Zeit gegeben, in aller Ruhe ihre Geschäfte abzuwickeln und sich eine neue Domäne zu suchen. Nach nicht einmal der Hälfte dieser 50 Jahre wurde damit begonnen, jede Aktion der chinesischen Regierung als Aggression darzustellen und eingerahmt in Erzählungen, Großbritannien sei die „Schutzmacht der Demokratie“ in Hongkong (Klaus Kleber, ebenfalls ZDF). Auf derartige Geschichten muss man erst einmal kommen. Aber erzählt werden sie am laufenden Band.

Als Deutsche sollten wir uns die Teilung des Landes noch einmal vor Augen führen. Und die Sicht transponieren auf die Hongkongs wie die Taiwans. Nur ist die Teilung Chinas nicht das Ergebnis eines von dort angezettelten imperialistischen Krieges zustande gekommen, sondern aufgrund kolonialer Aneignung wie im Falle Hongkongs und als Ergebnis eines Bürgerkrieges im Falle Taiwans. Dorthin flohen die nationalistischen Kräfte der Kuomintang, die auf dem Festland unterlegen waren, ihrerseits von den japanischen Imperialisten wie den europäischen Faschisten unterstützt. Nur zum Verständnis: unabhängig von den heutigen Verhältnissen, die in der Volksrepublik China, in Hongkong sowie in Taiwan herrschen, die Teilung Chinas ist nicht das Ergebnis kommunistischer Aggression aus dem eigenen Land, sondern das Ergebnis erstrebter globaler Dominanz des Westens, dort vor allem Großbritanniens und der USA.

Dass die bewusste Verfälschung der Geschichte und die permanente Verdrehung von Ursache und Wirkung ihrerseits ihre Wirkung nicht verfehlt, zeigt der desolate Zustand der politischen Klasse. Dort singen die Protagonisten die schmutzigen Lieder des aufflammenden Nationalismus und Imperialismus im Chor und alle, die in diesen Zeiten nüchtern bleiben, zweifeln an der Funktionstüchtigkeit der eigenen Wahrnehmungsorgane. 

Und wer diese Thesen für übertrieben hält, der sehe sich an, wie laut die zahnlosen Tiger brüllen, wenn es um den Krieg geht, wie systematisch sie vorgehen, wenn es um die Zerstörung der eigenen Produktionsverhältnisse geht und wie gezielt vorgegangen wird, um die Märkte für die hierzulande noch erstellten Produkte zu verkaufen. Vom Ausmaß der Zerstörung, die diese Irrlichter anrichten, wird es den Opiumkrieg der britischen Warlords noch weit übertreffen. Und helfen, helfen wird den Menschen, die davon betroffen sein werden keine fremde Macht. Wer klug ist, der unterhält sich jetzt einmal mit Chinesen. Denn die hatten eine Klasse, die nannten sie die Kompradoren-Bourgeoisie. Die kooperierten mit dem Feind und wurden dabei fett. 

Wembley, Cracker und der Krieg

Dass der Fußball in Germanistan als eine Gefahr bezeichnet werden muss, liegt nicht an der Art des Sportes, sondern an seiner Faszination. Selten ist die hiesige Bevölkerung mit einem so positiven Lebensgefühl anzutreffen wie in Zeiten, in denen die Equipe in einem internationalen Turnier eine gute Figur abgibt. Dass das nun nicht mehr eine ausschließliche Männerdomäne ist, ist einerseits zu begrüßen, andererseits wird dadurch die Gefahr nicht kleiner. Denn der Fußball wirkt auf die Gesellschaft wie das sprichwörtliche Sandmännchen. Es trübt die Sinne für alles übrige. 

Dass wissen unsere Politiker schon seit langem. Betrachtet man die Gesetze, die kurz vor oder während internationaler Fußballturniere verabschiedet wurden, wird sogleich klar, dass sich dahinter das Kalkül verbarg, zu erwartenden Protest mit der Euphorie für den Sport zu ertränken. Nun, kurz vor dem EM-Finale der Frauen, in dem die deutsche Elf wegen herausragender Leistungen zurecht steht, liegt zwar kein Gesetz auf dem Tisch, über das sich zu streiten lohnte, aber es ist eine Regierung am Werk, die in kurzer Zeit mehr zerstört hat, als Gesetze es vermögen.  Noch schlimmeres abzuwenden und den Schaden zu korrigieren wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte erfordern und das können, was einen Ausgleich der Gefühle anbetrifft, keine Titel der Welt kompensieren. Aber selbst darum geht es nicht.

Nahezu unbemerkt, obwohl in den staatlichen Verlautbarungsmedien darüber berichtet wurde, allerdings mit einem vermeintlichen Stellenwert wie bei einem lokalen Unfall im kaum bewohnten Grenzgebiet, bahnt sich eine militärische Auseinandersetzung zwischen den USA und China an. Da plant die demokratische Politikerin Nancy Pelosi einen offiziellen Besuch in Taiwan und bricht damit alle Gesetze der eigenen Politik, China, dass Taiwan als eigenes nationales Territorium beansprucht und das seinerseits von lediglich 14 Staaten weltweit anerkannt ist. Taiwan offiziell zu besuchen war bis jetzt Tabu. Es nun zu tun und China damit zu verdeutlichen, was die USA davon halten, muss als Provokation verstanden werden. Die offizielle Reaktion Pekings darauf war nur ein Satz: Spielen Sie nicht mit dem Feuer!

Was als Initial für das Verlassen von Stellvertreterkriegen wie momentan in der Ukraine tatsächlich als Auftakt für einen dritten, heißen Weltkrieg aussieht, verursacht bei der hierzulande schnarchenden Entourage des us-demokratischen, völlig von der Rolle geratenen Imperialismus nicht das geringste Kopfzerbrechen. Da bleibt man doch im Urlaub und überlässt es den staatlich autorisierten Plappermäulern, entweder das Volk mit der ständigen Wiederholung von zunehmend nicht mehr funktionierenden Feindbildern und dem Austausch von Duschköpfen als Reaktion auf eine törichte Energiepolitik dermaßen zu nerven, dass die Flucht in ein ästhetisch attraktives Fußballmatch allemal die attraktivere Option ist.

Obwohl verständlich, helfen wird es nicht. Es sei denn, die ukrainische Schiedsrichterin benachteiligt das deutsche Team brachial, dann ist es, man Spaße nicht auf diesem Feld, am selben Abend vorbei mit aller Solidarität. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Sollte jedoch Nancy Pelosi tatsächlich in den Flieger mit dem Ziel Taiwan steigen und dort nicht ankommen, dann beginnt der große Krieg im südchinesischen Meer, weil die demokratische Partei der USA, hierzulande von den Experten als die einzige Alternative zu Donald Trump so enthusiastisch gefeiert, in einem heißen Konflikt mit China die einzige Chance sieht, die Wahlen zum Repräsentantenhaus im November für sich zu entscheiden. Anscheinend, so muss man schlussfolgern, ist dort die strategische Kompetenz ebenso verkümmert wie in Germanistan. Die Welt steht am Abgrund. Wir warten auf Wembley. Die Cracker stehen schon bereit.