Ehrlich gesagt, die Berichte aus Katalonien erfüllen mich mit großem Unbehagen. In einer Zeit, in der doch immer wieder vor allem aus Deutschland und Frankreich darauf hingewiesen wird, dass die Rettung Europas nur mit einer Zentralisierung staatlicher Funktionen in Brüssel gelingen könne, berichten die Medien mit einer leichten Sympathie für die katalanische Autonomiebewegung. Zu Zeiten Francos hatte ich das verstanden, und da noch weitaus mehr bei den Basken, aber heute, im Spanien unserer Tage? Wird da Katalonien unterdrückt? Muss da die Kleinstaaterei beginnen, wo alles in sich zerfällt? Und schon sehe ich Sympathisanten, die darüber schreiben, als habe sich in den letzten Jahrzehnten nichts verändert. Da sind die autonomen Kräfte, die angeblich den Prozess treiben, regelrechte Heilsbringer? Und die korrupte Regionalregierung mit ihrem skandalösen Präsidenten, passt der zu den Autonomen?
Und mal wieder die Medien. Da hat das höchste Gericht in Spanien das Referendum für illegal erklärt. Es hat eindeutig den Status der Verfassungswidrigkeit. Was soll ein Staat in einer solchen Situation machen? Sich zurückziehen und mal abwarten, was so geschieht? Im Hinblick auf zukünftige Konflikte, die wir auch bei uns erleben könnten, ist es sehr hilfreich, nun genau hinzuschauen, wie das Vorgehen der spanischen Polizei kommentiert wird. Von den Medien wie von der Politik. Ich befürchte, dass der bloße Opportunismus reicht, um in eine Atmosphäre der bewährten doppelten Standards zu verfallen. Jetzt wäre einmal die Gelegenheit, zu erklären, was Rechtszustände sind.
Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass es sich bei der Unabhängigkeitsbewegung um eine demokratisch orientierte, auf Freiheit und Autonomie ausgerichtete Programmatik handelt. Trotz allen Reichtums ist auch Katalonien sehr verschuldet und das Kalkül, in einer EU mit einem besonderen Status besondere Zuwendungen zu bekommen, scheint aus jeder Formulierung des jetzigen Präsidenten. Die blaue Banane: der Industrie- und Handels- und damit der Wohlstandsgürtel des europäischen Kontinents verläuft von Rotterdam, über den deutschen Rhein bis nach Mailand und endet in Barcelona. Dort ist in den letzten Jahrzehnten das meiste Geld verdient worden, dort tummeln sich die Gewinner und von dort hört man immer mal wieder den Gedanken des Separatismus. Die Lega Nord in Italien ist auch so eine Spezialität. Man hat im nationalen Konsortium gewonnen, aber man will im nationalen Konsortium nicht teilen.
Auf den hier rebloggten Artikel „Was läuft da in Katalonien?“ antwortete ein Blogger, er könne sich nicht helfen, aber er müsse immer an Bayern denken. Ich stimmte ihm sogleich zu. Historisch ist das Unsinn, wie wir beide gleich zu Recht erfuhren. Es ging uns beiden eher um die Attitüde, die dahinter steckt. Auch aus Bayern hören wir immer wieder die Klagen über den Länderfinanzausgleich und die Vision, um wieviel besser es in Bayern laufen könnte, wenn man sich nicht an den lästigen Pflichten des Föderalismus beteiligen müsste. Dieser Gestus richtet sich gegen die ärmeren Regionen der Republik. Und das vereint Bayern mit den separatistischen Kräften in Norditalien und in Katalonien. Der Katalane Pep Guardiola ist auch so ein Kandidat. Deshalb passte er gut nach Bayern.
Ich kann mir nicht helfen: der Traum von einem autonomen, selbstbestimmten Leben harmoniert einfach nicht mit einer fortgeschrittenen Korruption in den eigenen Reihen und dem Gedanken der Ent-Solidarisierung. Da scheinen sich manche einmal wieder etwas vorzumachen und die EU muss aufpassen, dass sie nicht die allerletzte Stunde einläutet, wenn sie Spanien jetzt alleine lässt.
