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Kosovo: Revival eines Western-Genres

Sieh an! Der amerikanische Geheimdienst meldet massive Truppenbewegungen auf serbischem Gebiet. Und zwar serbischer Truppen. Das Beunruhigende dabei sei allerdings, dass sie sich Richtung kosovarischer Grenze bewegten. In der letzten Zeit war es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Kosovaren und der im Kosovo lebenden serbischen Minderheit gekommen. Was dabei nicht in Vergessenheit geraten sollte, ist die Tatsache, dass die Existenz des Kosovo das Resultat eines völkerrechtswidrigen Krieges verschiedener NATO-Mitglieder unter der Führung der USA mit aktiver Beteiligung der deutschen Luftwaffe ist. Der Kosovo wurde vom serbischem Hoheitsgebiet abgetrennt. Hält man diese Information neben die Meldungen über den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine, fällt gleich auf: hier wird mit zweierlei Maß gemessen – wenn überhaupt.  Die westliche Informationspolitik hat mittlerweile die Güteklasse autokratischer Propaganda erreicht. Die Erinnerung an die Zerschlagung Jugoslawiens und der Bombardierung Belgrads mit Uranmunition ist schlichtweg gelöscht.

Und so ist auch zu erklären, dass das ganze Korps der ideologischen Verteidiger des Werte-Westens kein Wort über die Ursachen der Verwerfungen zwischen Serbien und dem Kosovo verlieren wird. Wieder demaskieren sich die Anwälte der freien Welt als Heuchler. Das einzige Ziel scheint darin zu bestehen, für die eigene Nibelungen-Treue zu einem entfesselten Onkel Sam noch einmal liebevoll das eigene Haupt gestreichelt zu bekommen. Man ist gut beraten, sich von diesem despektierlichen Schauspiel abzuwenden. Jack London sprach in einem anderen Kontext davon, dass die Menschen ohne Prinzipien und ohne Standpunkt anstelle eines Rückrats eine galertartige Masse hätten. Dass sich diese Kreaturen, die ihr Werk oft aus sehr dubiosen Quellen speisen, noch getrauen, andere Menschen, die einen klaren Standpunkt bei der Frage von Krieg und Frieden als Defätisten und Unterwerfungspazifisten zu bezeichnen, deutet allenfalls auf einen pathologischen Hintergrund. Dass die kürzlich verstorbene Antje Vollmer sich kurz vor ihrem Tod verbeten hat, dass diese im aggressiven Lager des Imperialismus gelandete Klientel an ihrem Grab erscheine und auch noch das Maul aufmache! Chapeaux Madame! Und Bon Voyage!

Es wird nicht mehr lange dauern, und die öffentliche Meinungsmaschine wird Reportagen darüber bringen, auf welch gutem Weg sich der Kosovo hinsichtlich der Demokratisierung befindet. Dass er sich seit der Gründung nur mit mehreren Milliarden Euro per anno aus EU-Mitteln administrativ über Wasser halten kann, obwohl er sich zu einer formidablen Drehscheibe für Menschen-, Organ-, Drogen-, und Waffenhandel hat mausern können, werden Sie dabei nicht finden. Da werden nach altbewährter Weise Frauen und Mädchen auftauchen, denen es aufgrund der friedlichen Bemühungen der Regierung und des Werte-Westens gelungen ist, eine eigene Nähstube aufzumachen oder in kleinem Kreis Englisch-Unterricht aufzuziehen. Kontrastiert wird das dann mit serbischen Gangster-Clans, die es nicht lassen können, die gutwilligen Albaner vom Weg abzubringen und nur auf Zwietracht aus sind.

Seit dem Western-Genre kennen wir die Aufteilung in Goodies und Baddies, und dass die Goodies immer die sind, die die imperialen Interessen der USA wahrnehmen und propagieren, versteht sich von selbst. Nur dass das Spiel wie das Drehbuch mittlerweile von immer mehr Menschen wie Staaten durchschaut wird, ist bei der Nomenklatura des westlichen Imperialismus noch nicht angekommen. Und wenn ja, dann wird alles erdenkliche getan, um es zu verdrängen. Was, um zum Ende dieses wiederum unappetitlichen Manövers zu kommen, sowohl im Falle Russlands als auch im Falle Serbiens auffällt, ist, dass die großen Strategen ihre Gegner unterschätzen. Und von der Güte der Bündnispartner sei in diesem Falle einmal nicht die Rede. Auch im Falle des Kosovo sind die Backen wieder gewaltig aufgeblasen. 

Heute die Ukraine, morgen der Kosovo

Vor einigen Tagen kam die erste Meldung. Quintessenz: Serbien scheint sich aggressiv aufzustellen. Gestern ein zweiter, etwas längerer Bericht. Unter dem Strich lief die Erzählung auf die Sichtweise der ersten Meldung hinaus. Serbien mache sich daran, die freie und liberale Republik Kosovo, die nebenbei völkerrechtlich nicht anerkannt ist, zu bedrohen. Da die Arbeit der Meinungsschmieden hierzulande hinreichend bekannt ist, fällt die Prognose nicht schwer. Nach der Ukraine steht nun der nächste Konflikt ins Haus.

Und, bei näherer Betrachtung, fallen erhebliche Parallelen zur Ukraine auf. Existiert dort eine ethnische wie kulturelle Bruchlinie zwischen den ethnischen Russen in Donezk und Luhansk sowie auf der Insel Krim, die in der Minderheit sind, und dem weitaus größeren ukrainischen Rest. Verträge, die den Namen Minsk trugen, sollten diese Minderheit schützen und ihr eine Teilautonomie gewähren. Das Gegenteil war der Fall und führte unter anderem zu der Eskalation. Alles mit Wissen und aktivem Zutun der freiheitlichen Demokratien, die sich im Kriegsbündnis NATO gegenseitige Sicherheit gewähren.

Der Kosovo als staatliches Gebilde wurde von Serbien gewaltsam durch einen völkerrechtswidrigen Krieg, bei dem Deutschland eine aktive Rolle spielte, abgetrennt. In diesem Gebiet leben nach wie vor Serben, die als Minderheit ähnlich schikaniert werden wie vorher die Russen in der Ukraine. In einem Abkommen, das den Namen Dayton trägt, wurde der serbischen Minderheit im Kosovo eine Teilautonomie zugestanden, die ignoriert wird.  

Dass der Kosovo zudem als Zentrum für Waffen-, Menschen- und Drogenhandel gilt, hat die EU nicht davon abgehalten, diesen von den Vereinten Nationen nicht anerkannten Rumpelstaat mit jährlich bis zu vier Milliarden Euro zu subventionieren. Es hat mit seiner geostrategischen Bedeutung zu tun. Die Zerschlagung Jugoslawiens war der erste Schritt in der Dritten-Weltkriegs-Erklärung der USA und ihres Schützenvereins NATO gegen die Relikte der ehemaligen Projekte eines wie auch immer gearteten Sozialismus. 

Die Agenda, denen die USA folgen, ist gleich geblieben. Die Spaltung Europas in Ost und West, die Niederzwingung aller Staaten, die sich dem neoliberalistischen Imperialismus widersetzen. Verkauft werden soll es der eigenen Bevölkerung mit dem Gedanken von Freiheit und Demokratie. Wer sich die Mühe macht, das in den Fällen von der Ukraine und nun dem Kosovo zu recherchieren, landet in Folterkammern der Tyrannei. Das einzige, was dort verteidigt wird, ist die Ökonomie des Krieges und der spätere ungehinderte Zugriff auf die Ressourcen.

Und so kann sich die gut gläubige und immer wieder in den Himmel gehobene Zivilgesellschaft der westeuropäischen Länder darauf gefasst machen, demnächst wieder einen formidablen Konflikt in Südosteuropa beobachten zu können. Das Ziel ist die Herausnahme des Konfliktsteines Serbien. Und, auch dazu bedarf es keiner außergewöhnlicher prognostischer Fähigkeiten, unser geschäftsführender Ausschuss wird wieder Brandreden für die Freiheit halten und große Waffenpakete schnüren, um die armen und frierenden Brüder und Schwestern im Kosovo kriegsfähig zu machen.  

Es ist an der Zeit, zu erkennen, dass eine Agenda befolgt wird, die auf die, benutzen wir das abgedroschene Wort, nachhaltige Zerstörung Europas abzielt. Zwist und Hass für die nächsten Generationen. Damit sich das schlingernde Imperium auf den neu ausgemachten Rivalen China konzentrieren kann. Europa war immer ein Areal der klugen Wölfe, auf dem man nur überlebte, wenn man ebenso klug wie stark war. Nun ist es ein Park, in dem die Schafe die Geschäfte führen und den Instinkt der Selbsterhaltung völlig verloren haben. 

Grausige Blaupausen

Es geht um das Design. Wie, so muss die Frage gestellt werden, kommen Investoren in Länder, die ihnen politisch verschlossen sind. Wenn die Leitfrage darin besteht, in Regionen einzudringen, die attraktiv sind, weil Bodenschätze vorhanden sind, geostrategische Vorteile lauern und zudem billige Arbeitskräfte rekrutiert werden können, dann muss ein Konzept her, das über die klassische Invasionstechnik hinaus geht. Von großem Vorteil sind heterogene Bevölkerungsstrukturen, die es ermöglichen, von Entrechtungsszenarien auszugehen, die moralisch empören. Das hat sich sehr bewährt. 

Der Kosovo ist so ein Beispiel, bei dem von einem Völkermord der Serben an den Kosovo-Albanern ausgegangen wurde. Die damalige, die militärische Intervention vorbereitende Legende ging von solchen Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus. Bis heute sind Ursache und Wirkung nicht endgültig geklärt. Auch am Internationalen Gerichtshof in Den Haag konnte die Beweisführung nicht überzeugend geführt werden. Fakt ist, dass es Verbrechen gegen Kosovo-Albaner durch Serben gab, ebenso Fakt ist, dass die Mehrheitsbevölkerung aus Serben bestand, gegen die ebenfalls Menschenrechtsverletzungen zu verbuchen waren und die zwangsweise aus ihrem Lebensbereich vertrieben wurden. Versuche der Versöhnung gab es nicht. Fakt ist die gewaltsame Abtrennung des Kosovo von Serbien und die Installierung eines Regimes, vor dem heute die eigene Bevölkerung flieht. Das Resultat ist der Nato-Flughafen Bondsteel, der den Zugriff auf den Nahen Osten absichert.

Die Ukraine ist ein weiteres Beispiel. Im Grunde war die Ukraine vor der Krise bereits ein Staatswesen mit zwei gesellschaftlichen Lebenswelten, einer ukrainischen und einer russischen. Ein Viertel der Bevölkerung, die im Osten des Landes lebt, ist russischer Nationalität. Korrupte Regime und Oligarchen wechselten sich ab, eine Destabilisierung bot sich nahezu an. Sowohl reicher, landwirtschaftlich nutzbarer Boden als auch Gasvorkommen, die die Fracking-Firmen der USA anlocken, stehen zur Disposition. Wieder ging es nicht um Versöhnung oder Menschenrechte und schon gar nicht um das Völkerrecht, als die Eskalation zu verbuchen war. 

Und, eine Prognose sei gewagt: Der nächste Konfliktherd wird die Vojvodina sein, ein weiterer Teil Serbiens, der ebenfalls reich an gutem Boden und interessant ist in Bezug auf amerikanische Öl- und Gaspipelines, die anstatt russischer dort installiert werden sollen. In der Vojvodina leben 55 Prozent Serben, und jeweils im Vergleich sehr geringe Prozentsätze von Kroaten, Albanern, Ungarn, Rumänen und Roma. Irgendeine dieser Minderheiten, so ist zu befürchten, wird die argumentative Geisel für eine neue, aggressive und propagandistisch unterlegte Interventionspolitik sein. Warten wir ab und schauen genau hin. Die Muster gleichen sich.

In allen Fällen, und hier sind nur zwei und ein wahrscheinlich heranziehender aufgelistet, wird das Vorgehen eingebettet von vorher gekauften bzw. installierten Medien, die mit dem moralischen Rüstzeug präpariert sind. Nicht, dass dagegen etwas einzuwenden wäre, wenn diese Medien danach suchen würden, latente oder offene Konflikte auf friedliche Lösungsmöglichkeiten hin zu sondieren. Aber das Gegenteil ist der Fall. Das völkerrechtlich dubiose Abtrennen des Kosovo von Serbien liegt nun eine Weile zurück, das Zeter und Mordio um die Ukraine ist allerdings noch in aller Ohren. Was davon zu halten ist, dokumentiert sogar das nahezu gesamte politische Personal der Abrüstung und Befriedung Europas Ende des letzten Jahrhunderts. Sie kommen nicht mehr zu Wort, weil sie nicht ins Kalkül passen. Das Ziel ist die Destabilisierung der betreffenden Länder und die moralistische Aufladung der Bevölkerung der Länder der vermeintlichen Nutznießer.