Der Abstieg begann mit einem Highlight. Zu dem Zeitpunkt, als eine junge deutsche Mannschaft den CONFED-Cup in Russland ein Jahr vor der WM gewann. Praktische Folgen hatte es nicht. Denn die Akteure, die nicht nur durch frischen, sondern auch durch erfolgreichen Fußball auf sich aufmerksam gemacht hatten, wurden in der Folge von dem verantwortlichen Trainer, Joachim Löw, komplett ignoriert. Stattdessen reanimierte er das Erfolgsteam von 2014, soweit noch vorhanden. Seitdem wurden alle sportlichen Warnzeichen in den Wind geschlagen. Trotz schlechter Leistungen fuhr man mit breiter Brust zur WM nach Russland. Was dort folgte, gehört von den Auftritten auf und neben dem Platz zu den Tiefpunkten des deutschen Fußballs.
Obwohl es auch im Fußball Verantwortliche für jeden Bereich gibt, die nicht unbedingt schlecht dafür bezahlt werden, hat die Talfahrt bis heute keine Folgen gehabt. Weder der DFB, der die Vertragswerke aushandelt, noch die Geschäftsführung, die Turniere durchdekliniert und auch nicht der Trainer, verantwortlich für die sportlichen Ergebnisse, wurden bis heute zur Rechenschaft gezogen.
Eine in „politischen“ Angelegenheit unsensible DFB-Führung macht weiter wie bisher, ein an Arroganz nicht mehr zu überbietender Manager, der das WM-Quartier in Russland so aussuchte, dass es der Mannschaftsbus zum Endspielort nicht weit hatte, und ein Trainer, der nur in einem Punkt konsequent war, nämlich dem Außerkraftsetzen des Leistungsprinzips – sie alle verharren weiter im Amt. Es ist wie eine Persiflage auf die gegenwärtige Politik, die den Konnex von Fußball und Politik wieder einmal deutlich macht.
Drei Siege aus zehn Spielen, eine verkorkste WM und der nahezu sichere Abstieg aus der Nations League führten bislang dennoch zu keiner Entlassung des verantwortlichen Personals. Und die Bemerkung, die der Bundestrainer nach der gestrigen Niederlage zum Besten gab, dass es ihm nämlich egal sei, was und wie über ihn geredet würde, bringt es auf den Punkt. Die Arroganz der mit einem Mandat ausgezeichneten Schlechtleister ist dazu geeignet, auch im Fußball eine neue Epoche des Populismus entstehen zu lassen. Es handelt sich nicht mehr nur um ein Missgeschick, es handelt sich um Dekadenz.
Da hilft auch nicht, dass der Trainer zum gestrigen Spiel gegen Frankreich die Jungen berufen hat, um es zu richten. Und da hilft es auch nicht, dass diese ein sehr gutes Spiel gemacht haben. Denn nach dem Abpfiff redete der Trainer wieder bereits davon, dass es nur die Jungen nicht werden reißen können und damit die Öffentlichkeit darüber informierte, dass noch nicht von einer neuen Ära gesprochen werden könne. Das, kombiniert mit dem DFB-Präsidenten, der ausschließlich von „Ruhe bewahren“ sprach, ist nicht dazu geeignet, vom Vollzug der notwendigen Wende sprechen zu können. Es geht um ein „Weiter so“.
Es ist schon ein starkes Stück, in derartig kurzer Zeit aus einem bereits zwar monetär gewaltig kontaminierten Sport einen Zeitvertreib für phlegmatische Couponschneider gemacht zu haben. Die beste Antwort all derer, die nicht nur das Spiel lieben, sondern auch den gesellschaftspolitischen Konnex sehen, ist es geraten, sich radikal von dem Geschehen fernzuhalten, bis die große Blase des bürokratischen Müßiggangs implodiert.
Meidet die großen Arenen, geht in die Kreisklasse, unterstützt diejenigen, die den Glauben noch nicht verloren haben, dass Anstrengung und Erfolg zusammenhängen.
