Schlagwort-Archive: Rassismus

Carlito Presidente

Es bleibt dabei. Der Fußball und alles, was mit ihm zu tun hat, ist ein Indikator für Entwicklungen aus dem richtigen Leben. Jetzt gibt es wieder ein Beispiel dafür. Carlito, einer der Chefs aus der Chefetage des FC Bayern, hat einmal wieder etwas in die Mikrophone formuliert, das wir uns gut merken sollten. Im Hinblick auf kritische Stimmen seitens der Presse in Bezug auf die Transferpolitik des Staatsvereins schleuderte er diesen den Vorwurf des Rassismus entgegen. Das ist nicht nur auf dem Mist von Carlito gewachsen, sondern ein allgemeines gesellschaftliches Phänomen, denn deshalb, und nur deshalb ist es wert, sich damit zu beschäftigen. Denn Carlito Presidente übersieht ja gerne mal etwas, wie zum Beispiel Zollbestimmungen, wenn ihm eines seiner arabischen Schätzchen Uhren im Wert von über 100.000 Euro schenkt und er sie im Handgepäck an der Heimatfront vorbeischleusen will. Aber Vorstrafen sind in seinem Gremium nicht unbedingt eine Rarität.

Nun, worum geht es? Die Steuerer des FC Bayern sind seit jeher erfolgshungrig, was sie ohne Zorn und Häme auszeichnet. Immer wollten sie das Beste, um zu den Besten zu gehören. Das tun sie bereits seit Jahrzehnten. In der Außenpolitik heißt das konkret, dass sie national die Konkurrenz systematisch zu schwächen suchen, indem sie deren Leistungsträger konsequent bei sich verpflichten. International basierte der Erfolg auf einer Kombination von Nachwuchstalenten aus der eigenen Region und Stars aus den Zentren des Weltfußballs. Die Erfolge des momentan wohl schärfsten Konkurrenten Borussia Dortmund waren wohl dafür verantwortlich, dass man versuchte, mit zittriger Hand den vermeintlich ultimativen Coup zu landen.

So verpflichtete man mit Pep Guardiola den markantesten Philosophen des Tiki-Taka, der mit dem CF Barcelona über nahezu ein Jahrzehnt die Fußballwelt beherrscht hatte. Dass der FC Bayern genau zu diesem Zeitpunkt seinerseits auf dem Zenit stand, und zwar mit einem Trainer Heynckes, der einen Tiki-Taka light, gepaart mit einem teutonischen Drang zum Tor spielen ließ, hielt das Verhängnis nicht auf. Heynckes ging, Guardiola kam, war erfolgreich, aber da gab es schon manche, die behaupteten, er erntete nur noch einmal die Früchte von Heynckes´ Arbeit. Das befürchtete auch Carlito Presidente. Und dann kam die Demontage der spanischen Nationalmannschaft bei der WM in Brasilien. In diese Unruhe stieß Guardiola nun mit der Forderung, an den vermeintlichen Schwachstellen mit der Verpflichtung spanischer Fußballer die Chancen auf den immerwährenden Erfolg zurückzukaufen. Das Zweisäulenmodell, eigene Talente und internationale Stars, wurde aufgegeben zugunsten etablierter Spieler aus Spanien. Dass Pepi, Hoffnungsträger und Separatist aus Katalonien, es nun auf zehn Spanier in einem Gesamtteam von vierzig in relativ kurzer Zeit gebracht hat, fällt einfach nur sehr auf.

Der Fußball und seine Anhänger, immer wieder geschmäht als rechts, militant und rassistisch, waren das Metier, in dem de facto die Internationalisierung des Personals am radikalsten durchgesetzt wurde. Kein Verein in Germanistan ist mehr exklusiv arisch und die vielen Fans im Lande setzen sich ebenfalls aus allen Nationalitäten zusammen. Wenn es ein erfolgreiches Modell der Integration gibt, dann ist es der Fußball und nicht der Vorstand der Grünen oder der CSU. Dass Carlito Presidente nun den Rassismus-Vorwurf auspackt, ist gar nicht so abwegig. Roberto Blanco, ebenfalls ein Münchner, trat ja auch schon auf CSU-veranstaltungen auf und forderte demonstrativ: Wir Schwarzen müssen zusammenhalten! Man sieht, mit der politischen Terminologie geht man zuweilen sehr nonchalant um an der Isar. Ist auch egal. Die menschlichen Regungen sind zumindest vertraut. Wer sich unsicher ist, ob er noch alles richtig macht, der lenkt ganz gerne mal ab. Das macht auch Carlito Presidente, und zwar sehr professionell.

Bob Dylans Klarheit der Sprache

Wer seinen Augen und vor allem Ohren traut, der war immer gut beraten, eine Stimme zu hören, die seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts das verschlafene, verklemmte, verbrämte und verklebte Bürgertum heftig aufschreckte. Das Märchen von der christlich bürgerlichen Ehe, natürlich einer weißen, von der abendländischen Kultur im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wurde von diesem daher gelaufenen Immigranten, der mit einer schrottigen Westerngitarre daherkam, einfach geschreddert. Er schrieb und sang von den Verwerfungen des amerikanischen Lebens, von den Lügen und ihren Dekors und es gelang ihm wie keinem, in der Alltäglichkeit des rauen Daseins eine Poesie zu begründen, die atemberaubend war und ist.

Immer stand er gegen den Mainstream, er spielte Folk, als der Swing zur schalen Tanzmusik verkam, er rockte, als das Rebellenestablishment in den Folk zog und als dieses begann zu rocken, zog es ihn zu Stille und Innerlichkeit. Auf jedem seiner avantgardistischen Wege hinterließ er Musik, die auf allen Kontinenten Resonanz fand und er formulierte Texte, die zur großen Kunst des 20. Jahrhunderts zu zählen sind. Und wenn es je einen qualitativen Nachweis für die mögliche Fusion von Rebellentum und Ästhetik gegeben hat, dann ist sein Name an vornehmer Stelle zu nennen.

Nun, immer wieder existieren historische Phasen, die sich dadurch kennzeichnen, dass sie wie die Eiszeit über die Zivilisation herziehen und alles erstarren lassen, woraus eine attraktive Kultur ihr Leben zog. Das kann mal in der Form von glatt rasierten Schädeln und Uniformen geschehen und mal im verlotterten, vermeintlich demokratischen Gewande. Oder, und das ist die perfideste Form der zivilisatorischen Zerstörung, die schneidigen Barbaren bedienen sich der vermeintlichen Demokraten, um ein Marionettentheater aufzuführen. Ein Beispiel für diese Variante bietet, stellvertretend für andere westeuropäische Länder, das politisch korrekte Frankreich unter der Regierung Francois Hollandes.

Bob Dylan, die Ikone gegen Rassismus und Verlogenheit, wurde in Paris von einer kroatischen Vereinigung wegen Rassismus und Aufruf zu Hass angezeigt, weil er in einer Ausgabe des Rolling Stone im Jahr 2012 ein Interview gegeben hat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Da es sich um eine monströse Interpretation handelt, hier die Sätze im Wortlaut, zitiert direkt aus dem Magazin Rolling Stone:

„Dieses Land ist einfach zu abgefuckt, was die Hautfarbe angeht. (…) Leute gehen sich gegenseitig an die Kehle, nur weil sie verschiedene Hautfarben haben. Es ist der Gipfel des Wahnsinns und wirft jede Nation – oder Nachbarschaft – zurück. Schwarze wissen, dass einige Weiße die Sklaverei nicht aufgeben wollten, dass, wenn es nach ihnen gegangen wäre, die Schwarzen immer noch unter ihrem Joch stünden. Sie können nicht so tun, als wüssten sie das nicht. Wenn du das Blut eines Sklaventreibers oder eines Klan-Mitglieds in deinen Venen hast, spüren diese Schwarzen das. Diese Sachen klingen bis heute nach. Genauso wie die Juden Naziblut ausmachen können, oder die Serben das Blut von Kroaten.“

Im Falle der Kroaten spielt Dylan auf das faschistische Ustascha-Regime während des II. Weltkrieges an, das sich schlimmer Pogrome an Juden, Serben, Sinti und Roma schuldig gemacht hatte. Die juristische Finte, mit der der Rat der Kroaten in Frankreich (CRICCF) Bob Dylan vor Gericht und zur Verurteilung bringen will und der Eifer, mit dem die französische Staatsanwaltschaft die Causa vorantreibt dokumentieren nur eines: Die Zeiten, dass Political Correctness eine Zeiterscheinung einiger verirrter Hardliner zu sein schien, sind längst vorbei. Im Herzen Europas konstituieren sich gegenwärtig Terrorregime gegen die freie Meinungsäußerung und sie suchen einen diktatorischen Code zu etablieren, der die Differenzierung zwischen Gut und Schlecht gar nicht mehr zulässt.

„No reason to get excited (…)
There are many here amoung us
Who feel that life is but a joke
But you and I, we´ve been through that
And this is not our fate
So let us not talk falsely now, the hour is getting late.”

Aus: Bob Dylan, All Along The Watchtower

Lokaler Rassismus und zentralstaatlicher Durchgriff

Mississippi Burning. Regie: Sir Alan Parker

Das Jahr 1964 verweist in den Chroniken der USA auf fulminante Entwicklungen. Ein Jahr nach der Ermordung John F. Kennedys stellte sich der demokratische Interimspräsident Lyndon B. Johnson aus Texas in regulären Wahlen. Sein Gegenkandidat war der aus Arizona stammende Republikaner Barry Goldwater, der für alles zu stehen schien, was der demokratische Aufbruch hinter sich zu haben glaubte. Letztendlich gewann Johnson mit einem phänomenalen Ergebnis, Goldwater holte lediglich neben Arizona fünf weitere Staaten des tiefen Südens. Dort, vor allem im Bundesstaat Mississippi, herrschte erbitterter Widerstand gegen die Aufhebung der Rassentrennung und der para-faschistische Klu Klux Klan.

Vor diesem Hintergrund bewegen sich die Bilder des Films Mississippi Burning, der die Situation in vielen Facetten einfängt. Nach einem Mord an drei jungen Bürgerrechtlern, von denen einer schwarzer Hautfarbe war und einer lax und interessenlos geführten Untersuchung seitens der lokalen Behörden, wird eine Kommission des FBI aus Washington geschickt. Das untersuchende Duo sind ein junger, von den demokratischen Institutionen der USA überzeugter Ermittler, dargestellt durch Willem Dafoe und ein in Mississippi aufgewachsener Haudrauf und Skeptiker, exzellent mit Gene Hackman besetzt. Allein dieses Paar besticht schon durch die Rivalität der Vorgehensweisen: der Eine rigoros und nach dem Buchstaben des Gesetzes, der Andere mit dem interkulturellen Switch und der individuellen Interpretation des Rechts.

Die lokale Gesellschaft ist eine letzte Aufblendung des alten Südens, oder zumindest dessen, was davon übrig geblieben ist. Eine rechtsextreme, elitäre weiße Minderheit, die zwar von der Hautfarbe in der Majorität ist, aber in ihrem angelsächsich-protestantischen Bezug und ihrem Rassismus eine militante Sekte bildet. Zu sehen sind die Mitläufer, die in ihrem Stumpfsinn und ihrer ritualisierten Monotonie die Demütigung der schwarzen Bevölkerung als Gesellschaftsspiel und Affront gegen das Washington der amerikanischen Modernisierung betrachten. Und zu sehen sind die Weißen, die dieses Spieles überdrüssig sind, die die endlosen Schleifen der Gewalt nicht mehr ertragen und den Wandel zu einer demokratischeren Gesellschaft wollen.

In fulminanten Bildern, mit starken Charakteren und einer dramatischen Handlung gelingt es dem Film Mississippi Burning, sowohl die konkrete Handlung als auch den Konflikt zwischen dem Bundesstatt Mississippi und der Bundesbehörde sowie deren zentralstaatlichem Eingriff spannungsgeladen zu gestalten. Obwohl der Film bereits vor 23 Jahren gedreht wurde, hat er nichts von seiner zeitgemäßen Inszenierung eingebüßt. Ganz im Gegenteil: er weißt Züge auf, die eine andere Dimension der Kritik zulassen, als dieses heute oftmals üblich ist. Und er zeigt, wie wichtig zentralstaatlicher Durchgriff sein kann, wenn es in der Provinz basisdemokratisch völlig aus dem Ruder läuft!