Mind Change, Zeitenwende, Psychopathologie. Das ist die Reihenfolge, wie die Ereignisse der letzten drei Jahre beschrieben werden können. Bis vor Corona galt allen, die in den Redaktionen den Ton angaben und die die höchsten politischen Ämter bekleideten, gleichermaßen die Globalisierung als das höchste Stadium der Zivilisation. Stimmen der Kritik, die sich auf die Abhängigkeit von Lieferketten, das organisierte Lohndumping, die damit verbundene Schere von Arm und Reich und die ökologischen Schäden bezogen, wurden als das Lamento von Verlierern, die es halt nicht gewuppt haben, bezeichnet. Wer sich einen richtigen Spaß machen will, lese Zeitungsartikel aus dieser Zeit oder höre sich die Debatten im Bundestag an. Wer da warnte, war ein Unzeitgemäßer. Der einzige Störenfried, der 2016 bereits auftauchte, war ein gewisser Donald Trump, der plötzlich mit dem Slogan Make America Great Again auf der Kappe damit begann, alles mit Strafzöllen und Embargos zu behelligen, was den vermeintlichen und ureigensten Interessen der USA widersprach. Das Entsetzen und Geschrei war groß. Alles dokumentiert und nachzulesen.
In der Nachbetrachtung war Donald Trump der erfolgreichste Politiker der letzten Dekaden. Denn es ist ihm gelungen, zumindest in dem von den USA administrierten Westen, das Paradigma zu wechseln: Vom freien und die Freiheit bringenden Welthandel hin zum knallharten Wirtschaftskrieg. Es ist zu beobachten, wie die einstigen Verfechter des frei agierenden Kapitalismus in so kurzer Zeit zu Protektionisten, Merkantilisten und Kriegsagenten geworden sind. Und zwar in der politisch agierenden wie der schreibenden Zunft. Der Wandel geht so weit, dass mancher, der nicht schnell genug im Ballsaal des neuen Paradigmas Platz nahm, plötzlich am Pranger stand. „Bekenne!“ schrieen die Luftmoderatoren der Medien und die Konvertiten der bezahlten Politik, „Du trägst die Schuld für alles, was schief gelaufen ist.“ Die Methode ist so alt wie der Frevel. Und sie ist so alt, weil sie immer wieder funktioniert.
Orientierungslosigkeit ist ein schlechter Kompass. Und da man sich in Europa nicht so sicher war, ob man an den Prinzipien festhalten sollte, die aus dem transatlantischen Machtzentrum vernommen wurden, und sich dann auch noch herausstellte, dass der Nachfolger Donald Trumps ebenso die Sanktionskanone lud und abfeuerte wie sein Vorgänger, unterzog man sich schnell der Wandlung und suchte nun, ganz folgsam, den Meister noch zu übertrumpfen. Dass dabei die eigenen Interessen soweit missachtet wurden, dass der sprichwörtliche Ast, auf dem man sitzt, zu brechen droht, scheint den geschäftsführenden Chargen ohne Format und Charakter einerlei.
Mind Change, Zeitenwende, Psychopathologie. Vom freien Markt zum Wirtschaftskrieger. Die aktuellen Zeitungsartikel wie politischen Reden zeigen deutlich, dass das Stadium der Psychopathologie längst erreicht ist. Letzteres zeichnet sich dadurch aus, dass die eigene Wahrnehmung dahingehend getrübt ist, dass die Phänomene, die nicht in das eigene, festgezurrte Bild passen, nicht mehr registriert werden und die tatsächlichen Gefahren, auf die man sich bereits eingestellt hat, zu einer einzigen Geisterbahnfahrt ausgewachsen sind. Die völlig hysterisierte Meute feuert sich gegenseitig an in einem Wettbewerb der immer neu auftauchenden, schrecklichen Feindbilder. Das Phänomen hat die ganze Besatzung erfasst und es ist mit keiner intrinsischen Genesung mehr zu rechnen.
Wer glaubt, es handele sich bei diesen Beobachtungen um bösartige oder chronisch polemisch motivierte Übertreibungen, mache sich die Mühe, die Darstellung der Welt durch die selben Personen in den verschiedenen, gar nicht so weit auseinander liegenden Zeitphasen zu vergleichen. Und wer dann immer noch nicht überzeugt ist, lese die Beschreibung dessen, was hier zur Zeit vor sich geht, aus anderen Blickwinkeln dieser Welt. Das einzige, was dort bei der Betrachtung des klassischen Westens konkurriert, sind Verständnislosigkeit und Entsetzen. Den Psychopathen kümmert das selbstverständlich nicht.

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