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Informationsdarsteller im Oligarchenstaat

Angeblich rumort es in der Union. Dort rebellieren die „Jungen“ gegen die Rentenpläne der Regierung. Etwa nicht, weil sie der Ansicht sind, es würde substanziell zu wenig für ein sicheres Rentensystem getan. Nein, sie kritisieren das Zuviel. Was dabei deutlich wird, ist, dass sie nicht begriffen haben, dass die Volatilität nicht an den Beitragszahlern, sondern am System liegt. Ein Blick in die Annalen würde zeigen, dass in den letzten dreißig Jahren ca. eine Billion Euro von unterschiedlichen Regierungen zu unterschiedlichen Zwecken aus den Rentenkassen genommen wurde, ohne jemals die Versicherten zu fragen. Und ein Blick auf die Struktur würde zeigen, dass die Einzahlung in das System nur für abhängig Beschäftigte verpflichtend ist. In Ländern, in denen es allgemein für jede Form der Erwerbstätigkeit obligatorisch ist, redet niemand von einer Krise und die tatsächlich gezahlten Renten sind signifikant höher. Fazit: die Jungen in der CDU halten sich an die Tabus dieser Republik. Letztere sind allerdings Ursache für die Dauerkrise.

Bei der SPD ist es nicht besser. Dort ist es allerdings nicht die Jugend, sondern die Parteispitze, die sich dem Tabu und der Demagogie verschrieben hat und Kritik von der Basis verspottet. Wer es fertig bringt, es als große Errungenschaft zu preisen, in der Frage des Bürgergeldes andere Seiten aufzuziehen und an der Tabuisierung der Besteuerung von nicht produktivem Großkapital festzuhalten, hat den berühmten Schuss nicht mehr gehört. Aber, so wohl die Sicht des inneren Kreises, wem es gelingt, die niedrigsten Zustimmungswerte der eigenen Geschichte festzuschreiben und damit den eigenen Krippenaufenthalt zu sichern, ist bereits ein Erfolgsgarant.

Beide Beispiele sind nur Betrachtungsschnipsel dessen, was im Hinblick auf die gegenwärtige Regierungskoalition zu beobachten ist. Selbst die Legalität ihres Zustandekommens ist immer noch ungewiss und man wird wissen, warum man eine Neuauszählung der letzten Bundestagswahlen auf die lange Bank schiebt. Und ohne vom Festhalten an der großen außenpolitischen Lüge von der völlig überraschenden russischen Aggression zu reden, ohne Putsch, Regime Change und Aufrüstung der Ukraine im Wissen der verständlichen russischen Empfindlichkeit in dieser Frage zu erwähnen, hat international bereits verloren. Jeder Schritt der Verstetigung dieser Politik beweist es von Neuem. Der Preis dieser Politik ist zu hoch. Und weder konstruktiv noch zielführend. Bestimmt wird er parteiübergreifend von Schwarz, Rot und Grün. 

Mit Siggi Pop im Vorstand von Rheinmetall und Atlantikbrücke, dem notorischen Norbert in ebenfalls in letzterer, in den USA ausgebildeter Broker bei der CDU und grünen Bellizisten in regierungsfinanzierten Stiftungen sind genug Heringe in den Boden getrieben,  um dieses Gebäude des imperialistischen Hirngespinsts in den zerebral geschwächten Regionen des verantwortlichen Personals zu verankern.

In diesem Zusammenhang sei wieder einmal und immer wieder die Branche erwähnt, die sehr gut mit dem gefundenen Begriff der Informationsdarsteller bezeichnet werden. Gemeint sind die Knechte des Meinungsmonopols, die den ganzen Schein eines längst zum Oligarchenstaat oder einer Plutokratie verkommenen Gebildes, das den sprichwörtlichen Hals nicht vollbekommt, zu wahren bemüht sind. Da wird ein Stück aufgeführt, das eine ganz neue Dramaturgie mit den Requisiten aus einer längst überlebten Zeit zu kaschieren sucht. Aber, auch das wissen wir: die Handlung ist immer fesselnder als Gestühl und Kaffeeservice. Der groß angelegten Täuschung kommen immer mehr Menschen auf die Spur. Es spricht vieles dafür, dass in nicht allzu ferner Zeit eine ganz andere Dramaturgie greifen wird.

Informationsdarsteller im Oligarchenstaat

Irgendwo im Morgengrauen

Hans-Christian Lange, An Ihren Taten Sollt Ihr Sie Erkennen. Ein Insider Entlarvt Die Neue Geld- Und Politikkaste

Eher durch Zufall stieß ich auf den Autor, der mir, muss ich gestehen, bis dahin nicht bekannt war. Ein Interview mit ihm in den Nachdenkseiten machte mich neugierig. Obwohl er als ehemaliger Berater aus dem Kanzleramt und als Manager in einem renommierten Automobilkonzern kein NoName ist. Was ihn vielleicht nicht in den Fokus interessierter Berichterstattung bringt, ist sein heute gewerkschaftliches Engagement und die damit verbundenen politischen Positionen. Hans-Christian Lange ist Mitbegründer der Band- und Leiharbeiter-Gewerkschaft Social Peace und unterstützte Sahra Wagenknechts Bewegung AUFSTEHEN. Insofern ist es dann doch keine Überraschung, wenn ein solcher Mensch sich mit den politischen und sozialen Fragen unserer Tage beschäftigt.

In seinem Buch „An Ihren Taten Sollt Ihr Sie Erkennen. Ein Insider entlarvt die neue Geld- und Politikkaste“ nimmt Hans-Christian Lange vor allem die so genannten Ein-Prozenter aufs Korn, jene plutokratische Minderheit von einem Prozent der Bevölkerung, die über mehr als die Hälfte des vorhandenen Vermögens verfügt. Das geht, vor allem aus deutscher Perspektive, nur mit einem Blick auf die verhängnisvollen 20iger Jahre des XX. Jahrhunderts, in denen sich die vermögende Elite von der neuen Staatsform und der Bevölkerung abkoppelte. Während die Eliten den Hals nicht voll bekamen und ihr Hunger sich auf andere Länder und Erdteile ausrichtete, darbten die Arbeitslosen und Geringverdiener im eigenen Land am Hungertuch und rannten tausendfach ins Verderben.

Allein bei der Beschreibung dieses hergestellten Zusammenhangs wird deutlich, wie sinnvoll der Blick zurück ist, um die, wie Lange sie nennt, neue Geld- und Politikkaste zu bewerten, die aus dem Prozess der Globalisierung entstanden ist. Während die Politikkaste im medialen Orkus auf der Schaubühne steht, arbeitet die plutokratische Kaste im Hintergrund an ihren Eroberungs- wie Fluchtplänen. Einerseits ist sie an der Vorbereitung und Durchführung von Kriegen um Ressourcen beteiligt, andererseits ahnt sie, dass ihr Treiben nicht gut ausgehen könnte und lässt sich Bunker mit den dazugehörigen Vorräten bauen und ausstatten, kauft entlegene Inseln und träumt von neuen Refugien auf fernen Planeten. Was Menschen mit normalen Arbeits- und Lebensbeziehungen als krank bezeichnen würden, ist deren Alltag. Insofern ist es gut und klug, den Blick auf diese zunehmend menschenverachtende Klasse zu richten und deren Treiben einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen

Unter dem Strich lässt sich sagen, dass die Globalisierung die Finanzeliten in Bezug auf das Gefühl gesellschaftlicher Verantwortlichkeit auf das elende Niveau lausiger Kompradoren in den Schwellenländern hat sinken lassen.

Langes Buch wäre ein guter Einstieg in die nächste Depression, berichtete er nicht auch über den sich in vielen westlichen Ländern formierenden Widerstand. Von den französischen Gelbwesten über us-amerikanische Massenstreiks bis zu neuen Bündnisse in Italien, Spanien, Portugal und, man sollte es nicht für möglich halten, Deutschland. Dass die de facto gleichgeschalteten Medien den Fokus nicht darauf richten, erklärt sich von selbst. 

„An Ihren Taten Sollt Ihr Sie Erkennen“ ist ein faktenreiches Buch mit in diesen Tagen ungewöhnlichen Blickwinkeln. Manchmal sind die Bezüge nicht unbedingt logisch, als Erhellung der dunklen Seiten von Elitetreiben und Widerstandsorganisation ist es ein wichtiges Buch. Wo sich die Zeiger auf der Uhr befinden, darüber lässt sich trefflich streiten. Aber irgendwo im Morgengrauen, und ein Sturm bahnt sich an. 

Regierungsbildung: Unter dem Auge der Plutokratie

Manchmal sind die Slogans, denen sich eine Zeit verschrieben hat, auch ein Indiz für den Ausgangs des Dramas, das sich vor aller Augen abspielt. Slogans sollen den Geist der Zeit manifestieren und das Wesen der Beziehungen, aus denen eine Gesellschaft besteht, charakterisieren. Das große Wort, dass alles verhandelbar ist, hat seit dem Ende des Kalten Krieges und der damit beendeten Systemkonkurrenz bis in die letzten Fugen der Gesellschaft die Runde gemacht. Vor allem das Milieu, das momentan das Denken der politischen Kaste und der Medien prägt, hat sich anhand dieser Maxime durch die Zeit geschaufelt und sie überall propagiert. Alles ist verhandelbar! Und, seien wir ehrlich, viele sind dem Glauben tatsächlich verfallen. 

Die Probe aufs Exempel zu machen fällt hingegen nicht schwer. Die Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft sind nach wie vor durch den Besitz geprägt. Wenn ein Prozent der Bevölkerung, wie unter anderem auch in der Bundesrepublik, über soviel Besitz verfügt wie auf der andren Seite 50 Prozent der Menschen, dann ist die Frage der freien Verhandelbarkeit von Ressourcen, Beziehungen und Lebensverhältnissen schnell beantwortet. Global gesehen verhält es sich ähnlich: Diejenigen, die mit ihren Waffen und Streitkräften dominieren, bestimmen über diejenigen, die lediglich mit ihrem zivilen Lametta protzen. Der General bestimmt, wohin marschiert wird. Und er seinerseits erhält den Befehl von dem, der über die Mittel verfügt. So frei ist das Verhandeln seit dem Ende der Geschichte!

Dennoch lässt das den Geist des gesellschaftlichen Diskurses dominierende Milieu nicht von der Maxime ab. Und folglich wird auch die Politik von diesem Satz geleitet. Ein wunderbares Beispiel dafür liefern die zwischen drei Parteien geführten Sondierungsgespräche als Vorbereitung für Koalitionsverhandlungen. Es ist kein Zufall, dass die Möglichkeit eines Regierungsbündnisses von liberalen, neoliberalen und sozialdemokratischen Kräften von dem Vertreter der Grünen in den Raum gestellt wurde. Genau in seinem politischen Milieu ist der Satz über die Möglichkeit der allgemeinen wie allseitigen Verhandelbarkeit ein Glaubensbekenntnis. Dass die anderen Kräfte die Idee freudig aufgegriffen haben, hängt mit dem Wunsch zusammen, das politische Ruder wie die staatliche Gewalt in die Finger zu bekommen. Legitim ist das alles, ob es allerdings zu dem führt, was da in die schöne Welt des nicht kritisch hinterfragten Wunsches gesprochen wird, kann bei den existierenden Besitz- und Machtverhältnissen angezweifelt werden: denn soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftsliberalismus stehen sich diametral gegenüber. 

Es ist nicht im Interesse der Plutokratie, dass diese schlichte wie letztendlich entscheidende Wahrheit in die Köpfe kommt. Auch, weil es dazu führen würde, die einfache Möglichkeit einer solchen Koalition zu hinterfragen. Denn, um ehrlich zu sein, andere Tableaus erscheinen noch absurder. Die Christdemokraten erwecken mit keiner Regung mehr den Eindruck, als dass sie die Kompetenz eines geschäftsführenden Ausschusses der besitzenden Klassen auch nur ansatzweise aufblitzen ließen. Da lechzt das Publikum nach etwas Neuem, das kühne Wünsche repräsentiert und dennoch an den Systemgrundlagen nichts verändert. 

Das, was nun bezeichnenderweise von einem Wirtschaftsliberalen als die größte Chance einer grundlegenden Innovation in allen Bereichen in der Geschichte der Bundesrepublik an den Himmel gemalt wurde, ist der Startschuss für die freie Entfaltung der zerstörerischen Kräfte des Kapitalismus. Serviert in Form einer romantischen Schmonzette. Wer da die Frage nach den wahren Machtverhältnissen stellte, der würfe den ersten Stein!