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Die Broker auf dem Platz

Nun hatten sie ihren Auftritt in Brasilien. Die zentraleuropäischen Achsenmächte Frankreich und Deutschland. Die jeweiligen Gegner waren jedoch ungleich. Während Frankreich trotz Sieges gegen ein indigen aufgestelltes Honduras lange Zeit Mühe hatte, schlugen die Deutschen gegen ein eher unglücklich agierendes Portugal in der Anfangsphase gnadenlos zu und entschieden die Sache frühzeitig für sich. Der Schiedsrichter vom Balkan empfahl seine Kohorte für mehr: Mit der engen Regelauslegung und Akkuratesse sollte der Balkan die europäische Bankenaufsicht übernehmen.

Die französische Nationalmannschaft spiegelt einen Schlingerkurs, den die gesamte Nation nun seit eineinhalb Jahrzehnten beschreitet. Nach dem grandiosen Gewinn der Weltmeisterschaft im Jahr 1998, die errungen wurde durch ein multikulturelles Ensemble um den Ausnahmefussballer Zinedine Zidane gedachte man zunächst so weiter zu machen. Die immer wieder notwendige Erneuerung blieb aus. Als das nicht mehr funktionierte, wurden Gründe gesucht. Das war die Stunde der Nationalisten, die die Immigranten auch aus der Nationalmannschaft los werden wollten. Als auch das nicht von Erfolg gekrönt war, holte man sie wieder herein. Die Mischung aus einer großen Variation von Fähigkeiten, Raum für das Experimentelle und der Spirit blieben aus. Frankreich wird sich bei der WM ein stückweit behaupten, der große Streich kann nicht gelingen, weil das Land stagniert.

Ohne es gelesen zu haben, werden die ausländischen Pressestimmen heute von der gnadenlosen Effizienz und prächtigen Organisiertheit der Deutschen berichten. Damit haben sie natürlich auch nicht Unrecht. Aber zunächst standen sich die Portugiesen selbst im Weg und es wurden Fouls mit einer Burschikosität geahndet, die das Spiel frühzeitig entschieden. Der großartige portugiesische Verteidiger Pepe hatte noch Müllers Theatralik während der Spiele zwischen Madrid und München im Kopf, als er diesem die Meinung blasen wollte. Da hatte ihm das Gedächtnis einen Streich gespielt, denn diesmal konzentrierte sich der Bayer aufs Stürmen und reüssierte zu einer Hoffnung der WM. Dann spielte Deutschland wie man das bei Italien immer kritisiert: sehr dosiert und effizient.

Interessanter, fast wie immer, die Reaktion der medialen Öffentlichkeit. Ein gelungener Pass, und schon ist man Weltmeister. Angela Merkel, der Kühlschrank, sprach von nur sechs Spielen bis zum Finale und in vielen Kneipen gab es allenfalls noch Streit über den Wunschgegner im Endspiel. Das wird anhalten bis zur ersten Niederlage. Dann wird die Euphorie einer Abrechnung weichen, die es in sich hat. Dann wird alles von Anfang an als ein einziges Desaster diskriminiert werden und weder Trainer noch Spieler wird noch die Fähigkeit zugesprochen, überhaupt auf einem solchen Turnier etwas zu suchen zu haben. Das Schwanken zwischen Größenwahn und Minderwertigkeitskomplex ist genau das, was Außenstehende so befremdet und die Skepsis fördert. Daran ändert auch der Fußball nichts.

Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass die klaren Siege der Achse Paris – Berlin nicht so zum Träumen inspirieren wie das hoch emotionale Brasilien, die dosierte Genialität Italiens oder der Lauf der niederländischen Himmelsstürmer. Die zentraleuropäischen Mächte wirken eher wie die Broker des Fußballs, immer ein Kalkül im Kopf, so kalt wie eine Natter. Das sollte auch, liebe Leserinnen und Leser, bei aller Begeisterung für das Spiel, das so vieles zu symbolisieren imstande ist, zur Wachsamkeit raten: In der Vergangenheit wurden die Turniere seitens der Regierenden immer wieder genutzt, um Rechte zu beschneiden und Zugriffe auf das Volk zu sichern. Böse Dinge, die der Michel im Rausch des Spieles nicht bemerkte um sich dann, wie so oft, hinterher die Augen zu reiben wie nach einem bösen Traum.