Zahlen lügen nicht! Ein Satz, der oft von Menschen benutzt wird, die wissen, wie man Zahlenwerke ermittelt und was getan werden muss, um eine bestimmte Aussage zutage zu fördern. Insofern ist dieser Satz, vor allem, wenn er immer wieder in den Vordergrund gestellt wird, mit Vorsicht zu genießen. Dennoch sind unabhängig davon bestimmte Tendenzen zu verzeichnen, die auch durch die geschicktesten Jongleure des Fachs Statistik nicht revidiert werden können. So sehr sie sich auch anstrengen.
Und eine Tendenz im gegenwärtigen Deutschland ist untrüglich, da lügt auch keine Zahl. Wir befinden uns in einem Prozess der De-Industrialisierung. Zumindest, was die klassischen Branchen in ihrer bisherigen Form betrifft. Vom Automobilbauer bis zur Chemie und zum Maschinenbau. Der Pfeil zeigt nach unten. Eine einfache, eindeutige Erklärung hingegen ist zu billig. Sicherlich liegt es an gestiegenen Energiepreisen und einer veralteten Infrastruktur, aber auch an einer starren, expandierenden Bürokratie, an einem Rückgang des Bildungsniveaus, am Verschwinden einer bestimmten Form der Leistungsethik, an einer Sättigung der Märkte und an der Mobilität der Konzerne. Sie gehen dorthin, wo sie die besten Voraussetzungen finden. Und wenn das nicht hier ist, dann gehen sie dorthin, wo sie sie finden.
Es wäre falsch und irreführend, die jetzige Regierung exklusiv für diese Entwicklung. verantwortlich zu machen. Auch dort haben verschiedenere Faktoren zu dem jetzigen Zustand geführt. Und jeder möge sich das selbst erklären. Ich führe es zurück auf ein falsches Verständnis von Bündnis, denn weder der Krieg in der Ukraine, der von langer Hand in Kauf genommen wurde noch die Summe der fehlkalkulierten Sanktionspakete haben Nutzen gebracht und eine Arroganz sondergleichen hat zu einer Innovationsmüdigkeit geführt, die einher ging mit einem jahrzehntelangen reformatorischen Stillstand.
Allerdings, und das ist aufgrund der internationalen politischen Situation und der vorherrschenden Eskalationslogik im so gepriesenen Bündnis kein Wunder, existiert eine Branche in Deutschland, die bereits vor den hiesigen Konflikten gut im Geschäft war, die aber seitdem eine kometenhafte Entwicklung nahm. Die Rede ist von der Rüstungsindustrie. Selbige hat in der Wahrnehmung der Politik die Stellung der zivilen Branchen längst eingenommen. In den Meldungen werden die sicheren Arbeitsplätze, die Steuereinnahmen, der innovativen Potenziale etc. etc. gerne hervorgehoben, Politiker preisen den wirtschaftlichen wie sicherheitspolitischen Segen, den die Waffenschmieden spenden und bemühen den leeren wie abgegriffenen Begriff der Zeitenwende, um sich aller moralischen wie ethischen Vorbehalte zu entledigen, die noch vor nicht allzu langer Zeit gesellschaftlicher Konsens waren.
Hinzu kommt eine aktuelle Politik, die in voller Überzeugung und guten Gewissens den Export von Kriegsmaterialien in alle möglichen Konfliktzonen unter lautem Getöse genehmigen. Das einzig positive Beiprodukt dieser Entwicklung ist die Demaskierung von allem, was aus einer These des Klimawandels notwendig wäre. Wer aus der Produktion von Kriegsmaterialien und deren massenhafter Anwendung ein Wirtschaftsmodell macht, hat sich als Anwalt von Natur und Umwelt aus dem Spiel genommen. Und wer beide Karten immer noch glaubt spielen zu können, wird sein verdientes Ziel irgendwann in der Psychiatrie erreichen.
Je länger man hinschaut, desto mehr erhärtet sich der Verdacht, dass ein immer größerer Teil der politischen Kräfte in diesem Land glaubt, durch die Entwicklung der Rüstungsindustrie im Kreise der wirtschaftlich und politischen Mächtigen sein zu können, unabhängig davon, wie weit die klassischen zivilen Industriezweige von der internationalen Bildfläche verschwinden. Mit alten Slogans in die Zukunft! Kanonen statt Butter! Es scheint dabei zu bleiben, die Todesfuge ist Wirtschaftsmodell: Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.


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