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Eine symbiotische Zukunft mit der Künstlichen Intelligenz?

Dan Brown. Origin

Manche Autoren wissen, was die Gemüter bewegt. Dan Brown ist so einer. In seinen bisherigen Bestsellern ging es immer wieder um Verschwörungstheorien, die zwischen historischen Möglichkeiten und überspannter Spekulation waberten, aber so konstruiert waren, dass die eingepflanzten Fakten immer wieder die Erwartung nährten, dass an der ganzen Konstruktion doch etwas Wahres sein könnte. Dass Brown mit seinem neuesten Buch, Origin, ein Thema ausgewählt hat, das zeitgenössischer nicht sein könnte, spricht für seine Courage. Dass Brown in der Lage ist, spannende Bücher zu verfassen, hat er hinreichend bewiesen. Dass er sich nun als Sujet die Künstliche Intelligenz ausgewählt hat, verlangte, dass er weiß, worüber er schreibt. Das hat er mit dem vorliegenden Buch bewiesen.

Von der Konstruktion greift er auf alt Bewährtes zurück. Natürlich spielt der amerikanische Wissenschaftler Robert Langdon eine zentrale Rolle. Und natürlich stellen ihm die Ereignisse eine junge Schöne an die Seite, mit der er durch die thematische Odyssee läuft. Schauplatz ist Spanien, ein Land, das eine gewaltige obskurantistische Vergangenheit von der Inquisition bis zum Faschismus hinter sich hat, wo aber auch unübersehbare Signale in die flackernde Moderne ausgesendet wurden. So ist es kein Wunder, dass der Ausgangsort des spannungsgeladenen Buches das Guggenheim Museum in Bilbao ist. Dort will ein Computerwissenschaftler von Format eine Erkenntnis präsentieren, die nach seiner Meinung das Denken der Menschheit grundlegend verändern wird. Als es soweit ist, wird er während seiner Präsentation liquidiert.

Die Suche nach den Tätern führt in ein Labyrinth, in dem sich reaktionäre Katholiken, das spanische Königshaus, Vertreter des Klerus und eine Maschine bewegen. Die Maschine ist der Clou. Bei ihr handelt es sich um eine neue Variante der Künstlichen Intelligenz, die lern- wie sprachfähig ist. Dass der ermordete Wissenschaftler ihr Meister ist, versteht sich nahezu von selbst.

Thematisch geht es in dem Buch um die zentralen Fragen der Menschheit: Woher kommen wir und wo gehen wir hin. Die präsentierten Theorien sind solide recherchiert und bergen, sowohl im Blick auf die Vergangenheit hohe Brisanz. Es geht um die Entstehung von Leben und eine Prognose auf die Zukunft. Es wird aufgeräumt mit der Vorstellung eines Schöpfers und es wird mit statistischen Erhebungen hoch gerechnet, dass der Homo sapiens nur noch als Symbiose mit Maschinenintelligenz eine Zukunft hat.

Die Thesen werden dialogisch aufbereitet und sind teilweise sehr detailliert, sodass festzustellen ist, dass sich diese Passagen, ohne die der Handlungsstrang nich weiter verfolgt werden könnte, gelesen werden müssen, was sicherlich einen Teil der Leserschaft sehr beansprucht. Letztendlich endet die Erzählung nicht in einem Konvolut von Verschwörungen. Alles löst sich auf, was aber bleibt, sind die verstörenden Thesen. Mit ihnen muss sich die Leserschaft selbst auseinandersetzen. Die Zukunftsprognose ist letztendlich offen. Nicht im Sinne einer Zurückweisung der Rolle Künstlicher Intelligenz. Aber in der Frage, ob die Symbiose zwischen dieser und der menschlichen Gattung zu Gutem führt, oder ob die Gattung den Überblick verliert und untergeht. Eine Frage, die sich viele Menschen in diesen Tagen stellen.

Ein lesenswertes Buch, bei dem das vertraute Marketing und die bekannten Rollen nicht stören.