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Das Elend begann mit Leo Kirch

Nachrichten aus Germanistan, 20. August 2024

Liebe Freunde da draußen! Manches lässt sich nicht mehr verstehen, wenn man lange genug in der Ferne lebt. Deshalb wirken manche Abläufe, die Ihr von außen beobachtet, so unerklärlich, absurd und irrwitzig. So etwas, wie wir es hier und heute in Germanistan erleben, geschieht nicht von heute auf morgen. Das dauert. Und meistens hat es nicht nur eine Ursache. Es ist, das vielleicht die frivolste Binsenweisheit unserer Tage, sehr komplex. Und das, was ich Euch hier anbieten kann, sind nichts weiteres als die Erklärungsversuche eines einzelnen Beobachters.

Ihr habt mir gerade in den letzten Tagen, als im amerikanischen Wall Street Journal ein Deutungsversuch über die Sprengung der Ostseepipeline Nordstream veröffentlicht wurde, zahlreiche Fragen geschickt, die sich auf die Möglichkeit bezogen, dass der deutsche Geheimdienst oder sogar Minister oder der Kanzler wissen würden, wer diesen Terrorakt verübt hat oder wer daran beteiligt war. Und ihr habt nachgefragt, ob wir es hier nicht nur mit Terror innerhalb des Bündnisses zu tun hätten, sondern auch mit Landesverrat von höchster Stelle. Und wie so oft habt Ihr Euch die Augen gerieben wegen der Friedhofsruhe, die im Lande trotz dieser Informationen herrscht.

Beantworten kann ich das alles nicht. Auch ich bin in vielerlei Hinsicht von Zweifeln geprägt, obwohl ich zu den Ursachen des Krieges in der Ukraine eine Meinung habe, die von der großen Inszenierung in der Öffentlichkeit Germanistans deutlich abweicht. Aber damit bin ich bereits bei einem Thema, das vielleicht dazu beitragen kann, die Geschehnisse in Germanistan besser zu verstehen, auch wenn man sie, sofern einem die Demokratie am Herzen liegt, strikt missbilligen muss.

Helmut Kohl, der einen großen Anteil an der Entwicklung dieses Landes hat, galt nicht unbedingt als ein Mann mit einer messerscharfen Analytik. Aber, das muss man ihm lassen, er hatte ein untrügliches Bauchgefühl. Und so waren viele der klugen Köpfe, die sich zu seinen Zeiten noch trauten, das Wort des Widerspruchs lauthals zu führen, mehr als überrumpelt und strategisch sogar bereits bezwungen, als der Pfälzer Koloss seinem Freund Leo Kirch erlaubte, in Germanistan das Privatfernsehen einzuführen. Was von vielen als eine leichte Unterhaltungsvariante für und von Knallchargen abgetan wurde, bewirkte nicht durch seine Programme, sondern durch seine bloße Existenz die Erosion der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Plötzlich sahen diese sich hinsichtlich der Einschaltquoten einer Konkurrenz gegenüber, mit der sie nicht gerechnet hatten. Und, was machten sie? sie begannen damit, die privaten Sender programmatisch zu kopieren und schredderten langsam, aber sicher ihren Auftrag. Die Programme wurden nicht nur seichter, sondern immer affirmativer, d.h. sie bestätigten mehr und mehr die Sicht der Herrschenden.

Parallel dazu war eine Monopolisierung des Pressewesens zu verzeichnen, sodass heute das kluge Wort Peter Scholl-Latours blanke Realität wurde, dass die Pressefreiheit in diesem Land das Recht von ungefähr 200 Menschen ist, ihre Meinung an den Mann zu bringen.

Das alles hat dreißig bis vierzig Jahre gedauert. Bei gleichzeitiger massenhafter Verbreitung von Nachrichten über omnipräsente Medien lässt sich vielleicht die Wucht ahnen, mit denen die seichten und manipulativen Meldungen minütlich, stündlich, täglich, nächtlich und ohne Unterlass auf die armen Hirne niederprasseln. Der Journalismus, so wie Ihr ihn noch gekannt habt, die Informationen, die er übermittelt hat und die multiperspektivische Beleuchtung von Konflikten, ist in diesem Lande lange dahin. Und das, was an seine Stelle getreten trat, ist mächtig und treibt die Politiker wie eine Schafherde vor sich her. Und wer dahinter steckt, das ist den meisten Menschen nicht einmal klar.

Liebe Freunde da draußen! Ich muss mich wieder einmal zügeln, sonst reite ich auf einem feurigen Ross in den Horizont gesellschaftlicher Ächtung. Nur eines noch! Glaubt bitte nicht, dass alle Menschen in Germanistan diese Entwicklung gutheißen oder mittragen. Sie haben noch keine Stimme. Aber sie wird irgendwann zu hören sein. Da bin ich mir sicher.

Medien: auf den Kokslinien der ideologischen Bestechung

Schwarzweißmalerei kann aus pädagogischen Gründen in dem einen oder anderen Fall durchaus hilfreich sein. Als gängiges Mittel für Kritik und Analyse hilft sie nicht. Was bei dem, was als Medien bezeichnet wird und sich selbst den Titel der 4. Gewalt zugelegt hat seit langen Jahren zunehmend schief läuft, ist in unzähligen Beiträgen aufgearbeitet worden. Und dabei herausgekommen ist ein wirklich düsteres Bild: Die klassische Presse ist monopolisiert, einige angeheuerte Chefideologen bekommen unanständige Tantiemen in den Rachen geschoben und das Gros der Journalisten muss sich in unsicheren Vertragsverhältnissen zu Preisen verdingen, die ein anständiges Leben nicht gewährleisten. Die ökonomische Abhängigkeit führt zu hoher Erpressbarkeit, was als Resultat den billigen Journalismus des permanenten Kopierens und Abschreibens wie die Verbreitung des gemäß nach den Vorstellungen der Besitzer dürftigen und politisch heiklen Horizont zur Folge hat.

Bei den immer noch von vielen als Errungenschaft gepriesenen öffentlich-rechtlichen Anstalten verhält es sich eigenartigerweise nicht anders. Hier an Korruption grenzende Vergütungen, dort abhängige Zuarbeiterinnen und Zuarbeiter, die bei kritischen Nachfragen schnell mal als Hilfskräfte in der Gastronomie landen. Und, das ist für die zahlenden Konsumenten das Schlimmste, sie haben sich von einer berichtenden und hinterfragenden Instanz zu Propagandisten der regierenden Politik gewandelt und betrachten ihren Auftrag in erster Linie in der Erziehung des gebührenpflichtigen Publikums. Diese Aufgabe, und nun sind wir bei der politischen Tragödie nationaler Dimension, wird von Galionsfiguren übernommen, die ihrerseits in der Regel von aus den USA finanzierten Think Tanks protegiert und umworben werden. Letztere, bitte achten Sie darauf, erscheinen in unterschiedlichen Formen in nahezu jeder Nachrichtensendung als seriöse Quellen. 

Es ist bekannt, dass sowohl die monopolisierte Presse wie die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten in diesem Land sich anmaßen, die politischen Akteure vor sich herzutreiben. Wer Politikerinnen und Politiker kennt und Gelegenheit hat, sich fernab der medialen Erfassung mit ihnen zu unterhalten, wird doch bei dem einen oder der anderen die durchaus ehrliche Einschätzung erhalten, dass die gegenwärtige Form der Öffentlichkeit mit einer ideologisch voreingenommenen Treibermeute die qualitativ notwendige Politik, die nötig wäre, nahezu unmöglich macht. Keine Sitzung ist mehr geheim, jede Äußerung, zu welchem Thema auch immer, wird sofort an die Schnellgerichte der medialen Inquisition „durchgestochen“. Und nicht selten kommen Politiker aus Sitzungen, auf denen sie sich geäußert haben, und ihnen weht bereits eine Kampagne entgegen, die keinen anderen Namen verdient als den Rufmord.

Ja, auch Politiker sind auf den Kokslinien der ideologischen Bestechung zu finden und es wundert nicht, dass diese immer wieder als Experten in den vielen Talk-Runden auftauchen, ohne dass sie auch nur eine qualitative Referenz für ein Thema hätten. Aber bleiben wir einmal bei den öffentlich-rechtlichen Medienanstalten: Warum hört man nichts von den Kontrollinstanzen, die eigentlich darüber zu wachen hätten, dass gut informiert wird, dass ein positiver gesellschaftlicher Diskurs über die wichtigen Themen der Zeit geführt wird und dass das Handeln der Regierenden kritisch geprüft wird? Warum lassen sie zu, dass Meinungen präsentiert werden, dass kritische Fragen diskreditiert und dass ständig an Feindbildern gebastelt wird? Warum verdienen die Propagandisten unserer Tage das drei- bis vierfache eines Bundeskanzlers, warum bekommen Talk-Show-Moderatoren Gagen wie internationale Spitzenfussballer und warum werden die anscheinend als völlig unterbelichtet gehaltenen Konsumenten so falsch eingeschätzt?

Man muss zu dem Schluss kommen, dass Qualität wie Ausrichtung der öffentlich-rechtlichen Anstalten das Konstrukt des gebührenpflichtigen Monopols nicht rechtfertigen. Und man muss zu dem Schluss kommen, dass die Kontrollgremien ihrer Überwachungspflicht nicht nachgekommen sind. Die Konsequenz heißt Abschaffung! Ohne Wenn und Aber! 

Und die monopolisierten Privaten? Nicht mehr kaufen, nicht mehr lesen! 

Deutscher Traum: Endlich mal wieder Imperialist sein!

In Phasen großer Umbrüche liegen Triumphalismus und Kassandrarufe oft nah beieinander. Jetzt, wo so viel von einer Zeitenwende geredet wird, ist es angebracht, noch einmal auf das Jahr 1990 zu schauen. Unzweifelhaft handelte es sich damals um eine Zeitenwende. Die Sowjetunion brach zusammen, das von ihr dominierte Sicherheitssystem implodierte und viele Staaten erlangten tatsächliche Souveränität. In Deutschland fiel die Mauer und in ganz Europa herrschte Aufbruchstimmung. Man sah, so glaubten viele, einer demokratischen Zukunft entgegen und war guter Dinge. Der Amerikaner Francis Fukuyama sprach vom Ende der Geschichte. Er dachte dabei in Hegel´schen Kategorien und glaubte, die Demokratie habe sich historisch materialisiert. 

Spätestens, als diese Thesen vor allem aus dem amerikanischen Raum laut wurden, erklangen die ersten Warnungen, die als Kassandrarufe abgetan wurden, die auf einen Umstand hinwiesen, der sich als gravierend herausstellen sollte: Wenn es keine Konkurrenz der System mehr gebe, wieso sollte der Kapitalismus sich noch das Antlitz einer liberalen Demokratie und vor allem einer sozialen Marktwirtschaft geben? Bei der Betrachtung des Fortlaufs der Geschichte muss konzediert werden, dass selbst Kassandra noch gemäßigt war. Die Epoche des Wirtschaftsliberalismus wurde genauso eingeläutet wie die militante Expansionsstrategie via Regime Change oder direkter militärischer Intervention. Die Liste dieser Ereignisse ist lang und sie unterliegt, wie sollte es anders sein, der medialen Verdrängung.

Dass das Residuum der mächtigen Sowjetunion nun zu einem sich in der Auflösung befindlichen Russland zusammengeschmolzen war, veranlasste vor allem die imperialen Strategen in den USA dazu, von einer unbedeutenden Regionnalmacht zu sprechen. So macht man aus Verlierern revisionistisches Mächte, die irgendwann zurückschlagen. Die unaufhaltsame, systematische NATO-Osterweiterung auf der einen Seite und der Versuch während der Jelzin-Ära, Russland zu filetieren wie in der Hedgefond-Philosophie, hat jedoch zu einem mentalen Wandel in Russland geführt. Kapitalismus pur ist selbst in den konsequentesten Kreisen der Opposition keine Alternative mehr, genauso wenig wie ein Großteil der Bevölkerung bereit wäre, jede Form der militärischen Bedrohung schicksalsergeben hinzunehmen. Das wird in den Fischbratküchen der Vulgärpolitik zwar immer wieder behauptet, mit der Realität hat das jedoch nichts zu tun.

Deutschland, das im Gegensatz zu den ehemaligen Staaten aus dem ehemaligen Einflussbereich der Sowjetunion zwar die russischen, englischen und französischen, aber nicht der amerikanischen Streitkräfte abziehen sah, blieb zwar, auch nach der Vereinigung, zunächst ein ökonomischer Riese in Europa, militärisch aber ein Zwerg. Das ist bis heute so geblieben. Doch die ausgerechnet von dem Kanzler, der sich in Windeseile von einem kritischen Beobachter der Eskalation zu einem regelrechten Waffenkanzler gewandelt hat, ausgerufene Zeitenwende wird von vielen als Chance angesehen, an das imperiale deutsche Zeitalter anzuknüpfen. Es ist zwar nicht belegt, was mit diesem Kanzler in den Katakomben des Weißen Hauses geschehen ist, die Wirkung ist jedoch nicht zu übersehen.

Flankiert von einer durch Monopolisierung und amerikanischer Infiltration verkommenen Presse wird nun von einer neuen großen deutschen Stärke schwadroniert, die ausgerechnet der Vorsitzende der SPD am Jahrestag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion in Form des Unternehmens Barbarossa ausrief und das Ziel der europäischen militärischen Führungsmacht Deutschland verkündete. Dass man gleichzeitig dabei ist, die ökonomischen Grundlagen jeglicher Form von Größe zu zerstören, ist bei dem ideologischen Defiliermarsch mal eben in Vergessenheit geraten. Endlich mal wieder Imperialist sein! Ohne Wenn und Aber! Das ist der große Traum.