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Bombenstimmung im Kanzleramt?

Es sind nicht die vorherrschenden Gedanken, die die Bilder hervorbringen, die wir in der Kommunikation verwenden. Und es ist wenig überraschend. Nicht die Idee bestimmt das Bild, sondern materielle Erfahrungen, alltägliche Umstände und allgemein verbreitete Vehikel sind es, die verwendet werden, weil sich jeder etwas darunter vorstellen kann. Diejenigen, die sich mit diesem Zusammenhang befassen, sprechen von Kollektivsymbolik. Um Abstraktes verständlich zu machen, suchen sich die Menschen Umstände, Verhältnisse und Gegenstände, die jeder kennt und unter denen sich die meisten etwas vorstellen können. 

Verschiedene Epochen gesellschaftlichen Wirkens, deren die heute Lebenden in der einen oder anderen Form beiwohnten, sind heute noch in den verwendeten Bildern präsent. Vom industriellen Zeitalter zeugen noch Wendungen wie Druck oder Dampf im Kessel, etwas auf die Schiene bringen, Hebelwirkungen, Treibstoff, oder es herrschte nur noch Notbeleuchtung etc. Und diejenigen, die aus dem großen Krieg kamen, sprachen von einer Bombenstimmung, die geherrscht hat, manche Frauen wurden als Granaten bezeichnet, Versager nannte man schon einmal Rohrkrepierer, und diejenigen, die zu sehr dem Alkohol zugesprochen hatten, galten als voll wie eine Strandhaubitze oder einen Angriff nannte man auch mal ein Flächenbombardement.

Die technologisch rasante Entwicklung und die Internalisierung unterschiedlichster Verfahren verdrängten so langsam Industrie und Krieg. Dafür hatten Begriffe aus der Kommunikationstechnologie und der Digitalisierung Einzug. Wir kennen das und haben es im Gebrauch. Wir reden von Datenflüssen, Schnittstellenproblemen, Speicherkapazitäten, von Updates und Formatierungen. Die Welt, so ist aus diesem Winkel der Betrachtung schnell festzustellen, hat sich in nur einem Menschenleben gravierend verändert. Oder, um genauer zu sein, nicht die Welt, sondern unsere Produktionsweisen und unsere Lebensverhältnisse.

Man muss kein Zukunftsdeuter sein, um eine Fortentwicklung der Kollektivsymbolik mit dem Fortschreiten der Künstlichen Intelligenz zu prognostizieren. Das, was wir machen und erleben, bestimmt die Bilder, mit denen wir abstrakte Gedanken versuchen zu veranschaulichen und verständlich zu machen.

Dass die Künstliche Intelligenz ein neues Kapitel in der Kollektivsymbolik aufschlagen wird, ist das eine. Dass allerdings eine Gesellschaft, die sich voll im Militarisierungsmodus befindet, auch in der Kollektivsymbolik in diese Richtung wird schreiten müssen, ist ebenso logisch wie folgerichtig. Um sich das näher auszumalen, sollen einige wenige Formulierungen illustrieren, was da auf uns zukommen mag:

Bombenstimmung im Kanzleramt; ein Drohnenangriff der Opposition; da verwendet jemand Streumunition, es werden Frontlinien beglichen oder korrigiert, man redet über einen Waffenstillstand, ein Gefangenenaustausch wird stattfinden, da werden Sabotageakte in der Etappe verübt werden und ein Rückzug wird nicht in Frage kommen.

Die Liste kann beliebig verlängert werden und es wird interessant sein zu beobachten, inwieweit der metaphorische Paradigmenwechsel bereits im Gange ist und wer von den Meinungstechnikern in der ersten Reihe steht, wenn es darum gehen wird, die Kollektivsymbolik dem barbarischen Spiel des Krieges anzupassen. Erste Erfahrungen sprechen dafür, dass auch in diesem Fall die Qualitätsmedien der liberalen Demokratie,  – bleiben wir bei unserer These -, dem Schlachtschiff derselben, die Rolle der Pioniere übernehmen werden. Und, mag man heute noch über den Terminus einer Bombenstimmung im Kanzleramt schmunzeln, einer solchen kann sehr schnell der Bombenalarm folgen. Dann ist Schluss mit lustig. Verbrannte Erde. Alles kaputt. Dann hilft nur noch ein: Reset! 

Bombenstimmung im Kanzleramt?