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Die liberale Demokratie und der dumme Freund

In Zeiten wie diesen, in einer Welt wie der unseren, ist eine Tendenz zu beobachten, die man auch als eine Hinwendung zum Autokratischen nennen könnte. Und damit sind nicht allein die so gerne in allen Schattierungen genannten Charaktere gemeint, die Trumps und Putins, die Erdogans und Orbans, die Le Pens und Melonis. Wären es die alleine, die mit zum Teil sehr ungewöhnlichen Attributen des Politikstils einer Sehnsucht begegneten, die schlicht mit Stärke und Führung bezeichnet werden könnte, wären die Verhältnisse überschaubarer. Denn, ob man es will oder nicht, große Teile der Bevölkerung geben den genannten Personen das politische Mandat. Und folgte man den medial autorisierten Deutungen, dann ist die Welt in Ordnung, wenn diese Personen, ihre Programme und ihr Stil scheitern. Und die Welt steht Kopf, wenn dies nicht der Fall ist.

Auf der anderen Seite, die streng genommen gar keine mehr ist, begeht man seit langer Zeit einen Fehler, vor dem der ebenfalls schillernde, heute in den Geschichtsbüchern gehuldigte Benjamin Franklin eindrücklich gewarnt hat: 

Bitte, versucht nicht die Freiheit zu schützen, indem ihr sie einschränkt! Damit meuchelt ihr sie schneller, als ihr denken könnt! 

Die Erkenntnis ist nicht nur zitierwürdig und klug, sondern auch sehr zutreffend auf die heutigen Verhältnisse. Denn alle, die sich als die alleinigen Verfechter der liberalen Demokratie verstehen, basteln permanent und unter vielen Chiffren an der Einschränkung von Freiheit. Mit dem Argument ihres Schutzes. Und es ist ihnen gelungen, dadurch Verhältnisse zu schaffen, in denen die offen autokratischen Erscheinungen und ihr Kampf gegen sie als anti-demokratischer Terror erscheint. Well done, hätte Benjamin Franklin wohl dazu gesagt. Die vermeintlichen Freunde der Demokratie erweisen sich in vielen Fällen als die schnelleren Liquidatoren von Freiheit als diejenigen, die mit ihr eo ipso weniger im Sinn haben.

Ein altes arabisches Sprichwort besagt, dass ein kluger Feind besser sei als ein dummer Freund. Das klingt brutal, ist allerdings von einer tiefen Weisheit geprägt. Und wendete man diese Erkenntnis auf die Betrachtung des Verhältnisses von liberaler Demokratie und Autoritarismus an, dann hat sich die liberale Demokratie die dümmsten Freunde ausgesucht, die verfügbar waren. Sie haben sich in Realität in vielen Fällen als die tatsächlichen Feinde der Freiheit zu erkennen gegeben. Mit teils subtilen, teils einfach nur tollpatschigen Finten gelingt es ihnen mit jedem Akt ihrer Amtsführung, weitere Einschränkungen von Freiheit durchzusetzen und zu begründen. 

Sieht man sich die vermeintlichen Verfechter der liberalen Demokratie genau an, dann fällt in vielen Fällen auf, dass sie sich weder in ihrer Sozialisation, in ihrer Klassenzugehörigkeit, in ihrem rhetorischen Gebaren, in ihrer Lebensführung noch generaliter in der Art ihrer Machtausübung von den vermeintlichen Autokraten und Despoten unterscheiden. Nur, und dieses Schnippchen schlägt die Geschichte nahezu regelmäßig den Falschspielern am Tisch, neigt Volkes Stimme dann letztendlich doch zu denen, die es ehrlich meinen. Man mag das nicht mögen oder sogar hassen, allerdings berechtigt es nicht zu der Arroganz derer, die durch ihre eigene Regierungsführung zunehmend in Misskredit geraten. 

Das Original ist immer attraktiver als die Fälschung. Merken Sie sich das. Egal, was man Ihnen erzählen will. Und dann denken Sie noch einmal nach, worum es eigentlich geht!

Goldener Westen: propagandistische Exzellenz

Die Ampel-Koalition ist Geschichte, die Regierung Macron hat suizidale Anwandlungen und die Dauer von präsidialer Amtsgewalt im britischen Konfetti-Empire hat Halbwertzeiten unterhalb derer niederländischer Tulpenfelder. In den USA hat ein hierzulande als alter, feiner Atlantiker titulierter Präsident kurz vor seiner Ablösung noch einmal richtig tief in die Autokratenkiste gegriffen. Erst erlaubte er der Ukraine, Raketen weit auf russisches Territorium zu feuern, dann lieferte er international geächtete Streumunition und zu guter Letzt hat er seinen in mehreren Fällen angeklagten Sohn noch begnadigt. Dass bei dieser Aufzählung – bis auf Deutschland – die Mutterländer der liberalen Demokratie sind, zeigt, wie erodiert die Idee dieser Staatsform auf dem eigenen Territorium ist.

Da fällt einem doch gleich der gebetsmühlenartig vorgebrachte Satz des ehemaligen Langzeitbundeskanzlers Helmut Kohl ein, der zu sagen pflegte, man solle erst einmal seine Hausaufgaben machen, bevor man sich über andere hochmütig erhebe. Ob er das in den jetzt erwähnten Fällen auch so vorgebracht hätte, sei dahingestellt. Aber passen tut der Satz schon. Und beherzigt wird er nicht. Stattdessen wird weiter gemacht, als sei nichts geschehen. 

Betrachtet man das Vorgehen der Vereinigten Staaten, denen man hinsichtlich ihrer hegemonialen Ambitionen bestätigen muss, dass sie über eine Strategie verfügen, so sind die Methoden nicht sonderlich originell. Müssen sie übrigens auch nicht, solange die Ziele erreicht werden. Da gab es doch ein Muster, mit dem man in den frühen sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts begonnen hatte. Es wurde zum ersten Mal in Indonesien angewandt, als der legitime Präsident Sukarno durch einen Militärputsch gestürzt wurde. Resultat waren mehr als zwei Millionen Tote, die Zerschlagung der Kommunistischen Partei und eine 32jährige Diktatur. Unter dem Terminus „Operation Jakarta“ wurde das Vorgehen in den Baukasten der CIA aufgenommen und selbst unter diesem Titel 1973 beim Sturz Allendes in Chile angewendet. 

Später dann, als sich die Form des Militärputsches abgenutzt hatte, griff man auf die Form der so genannten Aufstände der Zivilgesellschaft zurück. Mit bunten Regenschirmen, orangenen Krawatten und Halstüchern etc.. Organisatorische Träger waren immer NGOs, seitens der USA finanziert und instruiert. Das war so auf dem Maidan in der Ukraine, das tauchte auf beim arabischen Frühling, das wurde versucht in Hongkong, in Belarus, in Venezuela und jetzt in Georgien. Das Muster ist gleich geblieben. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, es handele sich dabei um demokratische Massenbewegungen. Ein kleiner Tipp: Sehen Sie sich die jeweiligen Protagonisten an und sie werden sehr schnell erkennen, wo und von wem sie geschult und gefördert wurden. Und, bitte, hören Sie auf zu glauben, dass Gestalten wie ein Joe Biden für den Gedanken der liberalen Demokratie stehen. Ob Militärputsch oder der Aufstand vermeintlicher Zivilgesellschaften – es geht um Ressourcen, Einfluss und militärische Dominanz. 

Weder die Verhältnisse in den USA, in Großbritannien und auch nicht in Frankreich oder Deutschland bilden einen Zustand ab, der als ideal gelten könnte. Insofern sollte zumindest eine Grundskepsis gegenüber der auf allen Kanälen des freien Westens formulierten Kreuzzugsattitüde angebracht sein. Man wird bei dem Debakel, das der Westen im eigenen Lager dokumentiert, den Verdacht nicht los, dass in einem Punkt die viel gescholtenen Autokraten im nahen wie fernen Osten und jenseits der Steppen auf das Leuchten im Okzident mit großem Neid blicken. Im Punkte der Propaganda ist noch eine gewisse Exzellenz vorhanden.

Auf dem Trail des Krieges

Das einstige wie das heutige See-Imperium, die beide nach eigener Lesart für den Gedanken der liberalen Demokratie stehen, haben, um die Seeweg von Asien nach Europa zu sichern, Teile des Jemens bombardiert. Von dort aus waren Containerschiffe von Huthi-Rebellen beschossen worden, von denen diese ausgingen, dass sie Fracht für Israel enthielten. Das Fass mit Explosiva steht in dieser Region in der Sonne. Der Konnex von Huthi-Iran-Syrien-Russland steht dem von Israel-USA-Teilen der EU gegenüber. Damit China nicht wieder wie ein lachender Dritter dasteht, ist unsere Außenministerin der Bundesrepublik Deutschland auf ihrer Südostasien-Reise auf den Philippinen deutlich geworden und hat die Volksrepublik dafür gerügt, im vor der eigenen Küste liegenden südchinesischen Meer mit Kriegsschiffen herum zu manövrieren. Das Recht auf freie Fahrt gilt für amerikanische Flugzeugträger, britische Kriegsschiffe wie neuerdings auch eine deutsche Fregatte, aber nicht für den größten lokalen Anrainer. Und, das sollte nicht vergessen werden, aus der Ukraine wird mit weitergehenden Waffensystemen wie dem britischen Storm Shadow russisches Territorium angegriffen. 

Man sieht, die Zeichen stehen auf Sturm. Zwar melden sich zunehmend Länder zu Wort, die durchaus Gewicht haben, aber an dem waffenklirrenden Vergnügungsspiel der bisher Beteiligten werden sie wohl nichts ändern können. Es geht um nichts Geringeres als die bestehenden Machtverhältnisse. Das maritime, liberal-demokratische Imperium will sich nicht von den aufsteigenden Kontinentalmächten, die wie selbstverständlich dem Autoritatismus frönen, das Heft aus der Hand nehmen lassen. Und dass in Zeiten des Krieges, in denen wir bereits leben, ohne den strengen Geruch der Front bereits vernehmen zu müssen, in diesen Zeiten ist erst mal Schluss mit den wunderbaren Freiheiten der bürgerlichen Demokratie. Da muss hart durchgegriffen werden und es wird, quasi aus erzieherischen Mitteln, der ständig quengelnden Bevölkerung eine kleine Kostprobe davon gegeben, wie ihr Leben aussähe, wenn die barbarischen Horden aus dem Osten tatsächlich erfolgreich wären.

Wir sind auf dem Trail. Dem des Krieges. Es macht keinen Sinn mehr, über die Rationalität des einen oder anderen Akteurs zu setzen und zu hoffen, dass irgend ein Vertreter der in diesen Kampf  verwickelten Parteien sein Verhalten ändert und mit dem völlig aus der Mode gekommenen Mittel der Diplomatie versuchen wird, Tempo aus dem Schnellzug der Zerstörung zu nehmen. So, wie es aussieht, liegt die einzige Möglichkeit, die Spur des Krieges zu verlassen, im Aufbegehren der jeweiligen Bevölkerung. Das hoffen die Strategen der Kriegsparteien von der jeweils feindlichen Seite. Es muss aber von allen Seiten kommen. Aufstand und Streik gegen den Krieg, egal in welcher Form und wo er auftritt. Und es muss international sein. Das klingt verwegen, aber eine andere Form der Befriedung ist nicht in Sicht.