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Es geht nicht um den Fall des BVB!

Die Zeitungen versuchen sich zu übertreffen. Mehrheitlich schreiben sie vom unerwarteten, wundersamen Absturz des BVB. Der Verein und der Trainer, die in den letzten Jahren nicht nur die Bundesliga, nein, sogar ganz Europa mit einer erfrischenden, beseelten wie erfolgreichen Spielweise beglückt haben, dieser Verein und dieser Trainer stehen nach 13 Spieltagen auf dem letzten Platz der Bundesligatabelle. Und teils empathisch, teils genüsslich wird darüber berichtet, wie armeselig sich die Spielweise des Ensembles präsentiert und wie versteinert der Trainer daher schaut. Ganz nach dem Motto: Die Wege zumindest des Fußballlebens sind unergründlich und treffen kann es jeden.

Aber ganz so ist es natürlich nicht. Die immer noch in den Büchern als FC Bayern geführte Vereinigung war durch den Dortmunder Himmelssturm zumindest für zwei aufeinander folgende Jahre seines gefühlten Monopols beraubt worden, was dazu geführt hat, dass das Vorstandspersonal in einer konzertierten Aktion damit begann, sehr gezielt, die Leistungsträger des Konkurrenten abzuwerben. Die Verkündigung des Wechsels von Mario Götze kurz vor dem Championsleague-Finale war der erste, emotional auch wuchtige Schlag gegen den BVB. Der zweite folgte im Endspiel selbst, bei dem es zweifelhafte, spielentscheidende Handlungen des Schiedsrichters gab. Dass Dortmund das nicht reklamierte, sprach und spricht für ihre sportive Größe.

Der dritte Schlag folgte mit der Verpflichtung von Lewandowski und der vierte wird bereits angesetzt mit der Ankündigung der vorgesehenen Verpflichtung von Marco Reus. Die Gepflogenheiten, mit denen die mehrheitlich vorbestraften Protagonisten des als Fußballverein geführten Zusammenschusses vorgehen, hätten in der zivilen Geschäftswelt bereits zu staatsanwaltlichen Ermittlungen geführt, in der Welt des Fußballs führt sie allerdings zu großem Respekt und Bewunderung. Kaum eine Fachzeitschrift, die sich nicht in wohl meinenden Superlativen ergießt.

Resultat des feindlichen Angriffs auf den BVB ist das Durchsetzen eines tatsächlichen Monopols, und das auf lange Sicht. Langeweile macht sich bereits heute breit, weil einerseits eine Liga um die Ränge 2 – 18 kämpft und andererseits das Syndikalistenensemble den ersten Platz auf Jahre gebucht hat. Diese Situation hätte nicht nur in der Wirtschaft rechtsstaatliche Folgen, auch in der nationalen wie internationalen Politik führte er zu heftigen Verwerfungen. National trifft der Vergleich mit einem Einparteiensystem wohl die Umstände am präzisesten, international wäre ein Zusammentreffen von erster und dritter Welt die beste Metapher.

Fußballerisch ist es so wie im richtigen Leben: Nach einem grandiosen Erfolg der Nationalmannschaft, die ihrerseits unter anderem ein Produkt von Vielfalt und Toleranz ist, bricht nun die bleierne, graue Zeit monopolistischer Dominanz an, die letztendlich zu einer strukturell ganz anderen Herausforderung führen wird. Nach langen Zeiten der Langeweile wird sich irgendwann ein Unwille breitmachen, der sich hoffentlich in völligem Desinteresse gegenüber den Stargladiatoren des Monopols äußern und in einer Konzentration auf niederklassigeren Fußball Luft schaffen wird. Dominanz ohne Chance ist Tristesse für alle, die sich im Wettbewerb messen wollen.

Da stellt sich tatsächlich die Frage, was eigentlich an den gegenwärtigen Zuständen, oder schlimmer noch, an den Verursachern der Verödung noch faszinieren soll? Eine Selbstgefälligkeit, die nur noch als ein wiederum neuer Superlativ der Erbärmlichkeit gelten kann, eine das Augenmaß verlassende Ausbeute, oder der tausendfache Jubel gegenüber denen, wie auf der letzten Hauptversammlung geschehen, die auf das Recht in diesem Lande pfeifen?

Es geht nicht um den Fall des BVB. Es geht um die Vernichtung des Wettbewerbs im Fußball. Und der BVB, das sind im Moment alle, bis auf das Syndikat. Und das schreibt ein eingetragener Schalker. Aber Blut ist dicker als Wasser!

Die Welt ist nicht gerecht

Eigentlich ist es skurril. Nach dem Gewinn der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien ist kein Rausch, sondern ein Kater eingetreten. Anstatt dass die Akteure, die direkt beteiligt waren, hierzulande euphorisiert in ihren Fußballalltag gingen, hingen sie herum, als seien sie zurück im zivilen Leben nach einer langen Geiselhaft. Selbst die Reservisten von der Bank kamen mit Formkrisen zurück, die kaum jemand erklären konnte. Einmal abgesehen davon, dass das Ganze eine ungeheure physische Tortur war, über die wenig berichtet wurde, psychisch hätte nach dem Erfolg der Erfolge ein Hype folgen müssen, der ausblieb, wofür die Auftritte der Nationalmannschaft den besten Beleg geben.

Und nicht nur die Akteure, auch das Publikum trottet samstäglich eher desinteressiert in Stadien oder Sky-Kneipen, um sich das anzusehen, was alle wissen. Es hat sich nämlich nichts geändert durch den Titel. Alles ist beim Alten geblieben. Der FC Bayern dominiert die Liga wie immer und alles, was er veranstaltet, ist Weltklasse und der Rest ist Provinz. Dass das so bleibt, dafür sorgen die gegenwärtig auf freiem Fuß befindlichen Vorstandsmitglieder. Wie immer schon sind sie dabei, dem momentan einzigen Rivalen einen weiteren Schlag zu versetzen, von dem sich dieser nicht mehr so einfach erholen wird. Nach der während des Champions-League-Wettbewerbs stinkigen Abwerbung von Götze folgte Lewandowski. Nun steht laut Rummenigge noch Reus auf dem Zettel. Kein Grund zur Aufregung. So handeln Monopolisten. Der Staatsclub aus München, fest am dortigen Prozess der Balkanisierung beteiligt, ist eher ein Fall für das Bundeskartellamt. Aber dort ist man auf die Idee nicht gekommen.

Dass Jürgen Klopp mit Hinweis auf die jüngsten Manöver aus München ins Mikrophon sprach, er glaube an Gerechtigkeit im Leben, und auch böse Taten würden irgendwann geahndet, ehrt ihn als Pädagogen, erweckt allerdings auch etwas Mitleid. Angesichts der Monopolisierung des deutschen Fußballs und der Berichterstattung über ihn so etwas von sich zu geben, klingt schon eher nach Defätismus. Letzterer ist bekanntlich schlimmer als feindliche Kanonen. In diesem Fall ist Kampf besser als Räsonnement. Wollen wir hoffen, dass der BVB in München zeigt, was Moral ist. Taktisch sind sie besser, aber das Personal wurde zu schnell abgeworben. Und wer kann es Spielern verübeln, denen viel Geld, Erfolg und ein Sitz im Alpenvorland geboten wird, wenn sie Gelsenkirchen-Buer oder Dortmund-Wickede verlassen?

Apropos Berichterstattung. Nicht alles wird erzählt, da hält man sich an Nachrichtensprerren, zumindest wenn es um den FC Tegernsee geht. Dass der Gomez so klanglos gehen musste und der Schweinsteiger nie mehr spielt, wenn der Gomez in der Nationalmannschaft aufgestellt ist und umgekehrt hat Gründe, aber das ist Privatsache. Stimmt. Nur, dass bei anderen, die woanders spielen, darauf gepfiffen wird.

Und natürlich Schalkes neuer Trainer Di Matteo. Seitdem er als Coach des Londoner Clubs Chelsea den Bayern das Endspiel Dahoam versalzen hat, gilt er als Beton-Philosoph. Mit einer klugen Defensiv-Taktik und einem gravierenden taktischen Fehler seines damaligen Pendants Jupp Heynckes war es ihm gelungen, den Bayern den Titel im eigenen Stadion zu nehmen. Und kaum ist er in Schalke angekommen, da wird die Spielweise der Schalker als Anti-Fußball auf der ganzen Linie bezeichnet, während noch zwei Wochen vorher das desolate Abwehrverhalten beklagt wurde. Da wird noch manches kommen, so sehr die Verherrlichung auf der einen Seite zelebriert wird, so sehr wird die Diskriminierung gezogen, sobald der Glanz des Alleinherrschers gefährdet gesehen wird. Die Welt ist nicht gerecht. Deshalb ist das jetzt alles so langweilig. Monopole killen die Konkurrenz und produzieren Eiszeiten. Bis die rum sind, sind die Vorräte aufgebraucht.