Manchmal ist es gut, in den eignen Erinnerungen zu kramen und die eine oder andere Erfahrung aus dem eignen Berufsleben abzurufen. Vor allem, wenn man mit Vorkommnissen konfrontiert ist, die einem eigenartig und ungewohnt vorkommen. Abgeglichen mit diesen eigenen Erfahrungen wäre es unvorstellbar, dass sich folgendes ereignet hätte:
Eine Organisation, die sich in bestimmten Zeitintervallen mit den Leistungen von Konkurrenten vergleichen muss, verpflichtet vor einem derartigen Ereignis einen erfahrenen Projektmanager mit guten Referenzen, um beim bevorstehenden Vergleich ein positives Ergebnis zu erzielen. Die ersten Tests vor dem Ereignis verlaufen vielversprechend und alle sind guter Dinge. Letztendlich entscheidet jedoch der Echt-Vergleich und als es endlich dazu kommt, ist das Ergebnis sehr ernüchternd. Noch bevor es zu einem Kräftemessen mit den tatsächlich gewichtigen Branchengegnern kommt, scheitert man bereits in der Vorauswahl.
Im richtigen Leben, wie es so schön heißt, würde man sich in der Organisation zu einer nüchternen Manöverkritik zusammensetzen und anschließend Konsequenzen ziehen. In nicht nur einem vorliegenden Fall der aktuellen Situation jedoch hat man den Projektleiter lange reden lassen, obwohl er nicht die eigene Arbeit kritisch beleuchtete, sondern alle möglichen anderen Gründe angeführt hat, die für das Scheitern verantwortlich waren. Das waren die Berichterstattung, die schlechte Motivation und das fehlerhafte Agieren einiger Mitarbeiter, die allgemeinen Rahmenbedingungen und schlicht unglückliche Umstände.
Der Vorstand der Organisation ließ – oder besser gesagt lässt – alles beim alten und behält die Projektleitung. Und man geht noch einen Schritt weiter und verlängert den Vertrag mit der bereits gescheiterten Projektleitung vor dem nächsten anstehenden Vergleich mit der Konkurrenz, um, so der eigene Wortlaut, keine Unruhe in die Organisation zu tragen.
Wie sich ausrechnen lässt, kann aufgrund mangelnder Rückschlüsse aus dem ersten Scheitern kein zweiter Erfolg entstehen und auch der zweite Vergleich ist nicht nur ein Misserfolg, sondern er führt zu einer regelrechten Blamage, was die Reputation der Organisation insgesamt nachhaltig schädigt und die Position auf dem Markt ruiniert.
Die Organisation steht nicht nur in einem, sondern in mehreren analogen Fällen zu ihren Fehlentscheidungen. Ganz im Gegenteil, sie etabliert sie zur Regel. Und eine Einsicht, es in Zukunft besser machen zu wollen, ist nicht in Sicht. Um zu dokumentieren, dass man mit dieser Art des Managements richtig liegt, holt man alte Galionsfiguren aus dem Arsenal und stellt sie vor sich selbst, um die eigene Unentschlossenheit und Unzulänglichkeit zu verstecken. Diese machen das Spiel eine zeitlang mit, bis auch sie merken, dass ohne grundlegende Änderungen keine Verbesserungen erzielt werden können.
Während dieser Manöver, die sich jenseits tatsächlicher Leistungen abspielen und nichts anderes sind als das Jonglieren mit symbolischen Handlungen, kommt die Organisation immer mehr ins Schlingern und verliert existenziell wichtigen Boden. Und alles, was jetzt noch geschehen kann, ist letztendlich eine Art Insolvenzverschleppung.
Nähme man dieses Szenario als Material für ein Management-Seminar, dann würde man zurecht von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die Banalität und Unglaubwürdigkeit des Beispiels gerügt, weil so ein stringentes Versagen und Kaschieren in der Realität einfach nicht stattfinden könnte.
Blickt man auf die aktuellen Ereignisse im Sport und in der Politik, hätte man genügend Beispiele, um die Kritik zu entkräften.
