Das Diktum ist so alt wie die Philosophie selbst: Der Konnex zwischen dem Denken und dem Sprechen ist vital. Und die Feststellung, dass es sich bei der Sprache um einen Ausdruck des Denkens handelt, hat keine noch so psychologisch motivierte oder ästhetisch sublimierte Sprachtheorie vermocht zu verleugnen. Pragmatisch wie wir sind, bleiben wir also dabei und machen etwas, das in diesen Regionen gefürchtet wird wie der Handschlag Luzifers: Wir bringen es für jedermann verständlich auf den Punkt und sagen, am Sprechen erkennt man, wie klar es hinter der Stirnwand zugeht.
Betrachten wir uns dann die Debatten und Begrifflichkeiten in unserem öffentlichen Diskurs, oder schlimmer noch, in unserem Diskurs über die Kommunikation, dann wünschten wir uns, wir hätten niemals den Fehler begangen, irgendetwas auf den Punkt zu bringen. Denn sowohl terminologisch als auch definitorisch und semantisch haben wir nicht mehr vieles, was als deutlich beziehungsweise sogar eindeutig Geltung beziehen könnte. Da schleichen sich dann selbst Begriffe in den öffentlichen Raum wie die Unzweideutigkeit, die schon ein Symptom dafür ist, dass dem Eindeutigen bereits etwas Pathologisches anhaftet. Herrje, die Welt steht Kopf und man kennt sich gar nicht mehr aus!
Das uns umgebende Babylonische, Diskursuntaugliche sorgt dafür, dass wir uns immer mehr mit einer ansonsten den homo sapiens ausmachenden Operation überfordert sehen, nämlich den der Kommunikation. Das geht soweit, dass es als allgemein gesellschaftlich akzeptabel gilt, jedes geplatzte oder verpatzte Projekt mit mangelnder oder fehlerhafter Kommunikation erklären zu können, ohne dafür geköpft zu werden. Durch diesen Brauch entwickelt sich die human gesetzte kommunikative Kompetenz zu einer Ausnahme, gar zu einem Geheimwissen, auf das die breite Mehrheit nicht mehr zurückgreifen kann. Der kommunikative Zusammenbruch gilt als das Normale der Massendemokratie und die gelungene Interaktion als die Raffinesse von artistischen Genies.
Da ist etwas gehörig schief gelaufen, in dem Prozess der Zivilisation, wenn eines der zentralen Adjektive der menschlichen Existenz in einer Epoche des unbegrenzten Zugangs zu Wissen abhanden kommt. Die Mutation der Kommunikation zum Spezialistentum ist ein Synonym für die Entmündigung der Massen. Durch die Erzeugung dessen, was herrschaftssprachlich als Bildungsferne bezeichnet wird, werden 80 bis 90 Prozent der Weltbevölkerung von einem Verständigungsprozess ausgeschlossen, der zum Überleben der verschiedenen Zivilisationen an sich und für sich unausweichlich geworden ist. Statt Kommunikation mit der Suche nach Sinnstiftung erleben wir eine Verständigung mit dem Ziel der Privilegierung und Ausgrenzung. Die Bildungsfrage ist die zentrale Frage nach Demokratie und Befreiung. Aus Missverständnissen aufgrund fehlerhafter Kommunikation kann auch Zorn werden ob der verpassten Chance. Historische Beispiele gibt es genug.
