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Es ist Löwenzeit!

Traditionell sind die Rajons von Berlin oder Brandenburg nicht unbedingt bekannt für ihre avantgardistische Spürnase. In diesem Jahr waren sie allerdings dem Rest der Welt um einige Tage voraus. Sie riefen nämlich die Löwenzeit schon vorher aus, indem sie davon sprachen, dass eine ausgewachsene Löwin in ihrem jeweiligen Gebiet auf Pirsch sei und bereits ein Wildschwein, wovon es in dieser Gegend bedrückend viele gibt, mit Haut und Haaren verputzt habe. Die Truppen wurden entsandt, alles, was Uniform trug, wurde in Wald und Flur beordert, um das Schlimmste zu verhindern. Unterlegt wurde die wahrhaftig abenteuerliche Geschichte noch durch einen Tweed, der abgesetzt worden sei, in dem sich ein Mitglied eines Berliner Clans hilfesuchend an die Öffentlichkeit gewandt habe, ihn bei der Suche nach seiner entlaufenen Löwin zu unterstützen.

Wie es der Zufall so will, oder, vielleicht auch, weil es die Nachrichten unserer Tage so an sich haben, hat sich die Geschichte nach einigen Tagen der Hektik und Panik in Luft aufgelöst. Eine Löwin wurde nicht gesichtet, Experten identifizierten das Objekt, von dem eine einzige Nachtaufnahme auf einem Handy existierte, seinerseits nicht als Löwin, sondern selbst als Wildschwein und das Clan-Mitglied und sein Tweed verschwanden im Nirvana.

Irgendwie erinnert das alles an die wunderbaren Geschichten, die im so genannten und jedes Jahr sich wiederholenden Sommerloch aufpoppen und die Gemüter wie zum Training noch einmal in Wallung bringen. Erinnerungen an den Kaiman Sammy und den Problemstorch Ronny werden wach und werfen, bei ein wenig Gelassenheit, ein mildes Licht auf das Genre, das darauf konditioniert ist, uns permanent in einen Zustand großer Adrenalinproduktion zu versetzen. Manchmal gehts auch lustig zu, könnte man sagen. Und vielleicht folgt auf die Berlin-Brandenburgische Löwin ja noch eine andere Geschichte, die uns nach Jahren der antrainierten Ernsthaftigkeit einmal wieder zum Lachen bringen kann.

Man sollte sich bei dieser Thematik allerdings auf das Boulevard beschränken. Alles, was in der Vergangenheit noch die Reputation der Seriosität genoss, bringt nicht nur nichts mehr zum Lachen, sondern hat sich zunehmend zu einer Gattung entwickelt, die als Grüner Stürmer noch freundlich tituliert wäre. Da sind kriegsgeile Faktenfälscher und üble Hetzer am Werk, die den Rechtsstatt systematisch aushebeln, die ihrerseits allerdings unter Artenschutz fallen, solange sie sich gleichzeitig von der AFD distanzieren. Das ist der Freibrief und es ist an Perversion nicht zu überbieten. Sehen Sie sich das genau an, löschen sie die Embleme der Quellenerkennung und vergleichen sie einmal das Gehetze. Wer da noch rätselt, dass sich immer mehr Menschen von dieser Art der öffentlichen Kultur abwenden, dem kann keine irdische Instanz mehr helfen.

Und auch unter diesem Aspekt muss man ausnahmsweise den Avantgardismus aus Berlin und Brandenburg loben: die Löwenzeit ist überfällig. Es wird Zeit, die Welt neu zu erkunden, es wird Zeit, sich umzuschauen, wo der Magen gefüllt werden kann und man ist gut beraten, sich nächtens zu bewegen, weil da die Hetzer und Panikmacher mit dem guten Gewissen im Bett liegen. Abgerechnet wird, wenn das Wildbret auf dem Tisch liegt.  Jetzt kommen die Löwen. Männlich wie weiblich. Mit großem Hunger, großer Geschicklichkeit und keiner pervertierten Moral. Sie sind die Avantgarde.