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NATO: Isch over!

Das Thema ist ein altes. Wie lange hält der Krug, mit dem man zum Brunnen geht? Etwas, das sich über lange Zeiträume als das herausgestellt hat, was man von ihm erhoffte, zeigt irgendwann, zunächst unbemerkt, dann leichte Spuren und letztendlich deutliche Risse. Dann ist die Stunde der Wahrheit. Dann geht es darum, konsequent zu sein und zu reagieren. Entweder, indem man versucht, die Spuren der Abnutzung oder die ersten Brüche zu reparieren oder, sich nach einer neuen Lösung umzuschauen. Bleibt das aus, dann kommt es zum Fiasko. Dann bricht der Krug und das in ihm kostbare Gut ergießt sich auf dem Boden der Tatsachen.

Betrachtet man die Geschichte der NATO, dann ist das von vielen immer noch so sehr beschworene Bündnis an einem Punkt angekommen, an dem die meisten Mitglieder die Risse und Brüche nicht wahrhaben und an der Organisation festhalten wollen, obwohl sie von ihrem Geist bereits seit langem ausgehöhlt ist, von seiner Glaubwürdigkeit alles eingebüßt hat, was es einst versprach und eine Welt ignoriert, die mit der eigenen Ursprungsintention nichts mehr gemein hat.

Das nordatlantische Verteidigungsbündnis, einst gesehen als Gegenstück des Warschauer Paktes, steht seit langem dem von der damaligen Sowjetunion administrierten Bündnis nicht mehr gegenüber, weil es dieses seit dreieinhalb Jahrzehnten nicht mehr gibt. Seitdem ist aus dem vermeintlichen Verteidigungsbündnis eine Aggressionsallianz geworden, die aktiv in Interventionskriege verwickelt ist und durch ihre stetige Expansion das Sicherheitsbedürfnis anderer Staaten erheblich stört.

Intern ist die vermeintliche Gemeinsamkeit spätestens seit dem Zeitpunkt dahin, an dem die us-amerikanischen Interessen mit denen anderer Mitglieder kollidieren. Besonders die Bundesrepublik Deutschland hat dies zu spüren bekommen. Spätestens seit dem Konflikt um die Ukraine ist deutlich, dass es der damaligen Kriegskoalition von Obama/Biden um einen tiefen Graben zwischen Russland und Deutschland ging. Die Kooperation beider Länder ist das Schreckgespenst aller anglo-amerikanischen Imperial-Theorien und man wusste, dass das der Ukraine angebotene Junktim von EU- und NATO-Mitgliedschaft die robuste Reaktion Russlands hervorrufen würde. Dennoch hat man diesen Weg beschritten und hatte damit Erfolg.

Wenn man bedenkt, dass die Sprengung der Nordsee-Pipelines unter Mitwirkung von NATO-Bündnisstaaten geschah, dann wäre das Absurdum aktuell, dass innerhalb des Bündnisses der Bündnisfall aufzurufen wäre, weil es sich um die Zerstörung kritischer Infrastruktur handelt. Und wenn man zudem in Betracht zieht, dass dieser terroristische Anschlag unter Mitwissen deutscher Politiker geschah, dann gesellt sich zu dem NATO-Desaster noch der Straftatbestand des Landesverrats.  Glaubt man angesichts dieser Verstrickungen, dass dieses Bündnis noch eine Zukunft hat? Die gegenwärtigen europäischen Akteure innerhalb der NATO sind derartig von der amerikanischen Kriegsfraktion sozialisiert, dass sie dieses Credo vor sich hertragen. Ihre Loyalität trägt zu einer fortschreitenden Schädigung der europäischen Mitgliedsländer bei und beinhaltet zudem die Perspektive eines alles dem Erdboden gleichmachenden Krieges. 

Die einzige Konsequenz, die aus dem Zustand und dem Agieren der NATO zu ziehen ist, wäre mit einer in einem anderen Kontext von einem renommierten deutschen Konservativen bemühten Formulierung zu beschreiben: Isch over!

Europa braucht eine eigene Friedensordnung und eine andere Verteidigungsstrategie. Und mit Europa ist Europa gemeint. Ein Frieden in Europa ist nur mit Russland möglich. Und ein Verteidigungspotenzial mit Weltgewicht ebenso. Will Europa als Kontinent eine Perspektive, dann sind die Tage der NATO gezählt.

NATO: Isch over!

EU und Ukraine: Reise ohne Kompass

Angesichts der beginnenden Sondierungen zwischen den USA und Russland im saudi-arabischen Riad sind mehrere Ebenen zu betrachten. Zunächst, und darum ging es von Anfang an, ist zu berücksichtigen, welche Interessen die beiden am Verhandlungstisch Sitzenden ihrerseits im Blick haben. Auf russischer Seite, dass ist einfach wie offensichtlich, steht der Wunsch, ukrainisches Territorium nicht als Aufmarschgebiet der NATO zu sehen und die militärischen Erfolge territorial festzuschreiben. Die amerikanische Seite hat kein Interesse mehr, Russland in einen lokalen Zermürbungskrieg zu ziehen und möchte, aufgrund geostrategischer Überlegungen, die Beziehungen zu Russland normalisieren, zuverlässig  strategische Rohstoffe erhalten und die Distanz zwischen Russland und China vergrößern. Mit Altruismus hat das auf keiner Seite zu tun. Es handelt sich um Interessen, die in bestimmten historischen Phasen kongruent sein können. Ob daraus etwas wird, wird sich zeigen. Zu hoffen, vor allem im Interesse der gebeutelten Ukraine, ist es.

Die in EU wie NATO vereinten Länder, die momentan über ihre Nichtbeachtung sowohl der USA als auch Russlands schockiert sind, haben bereits begonnen, mit einer Fortsetzung der Kriegslogik über einen möglichen Frieden zu phantasieren. Es wird darüber sinniert, ob man die USA nicht erweichen könne, wenn man mehr Waffen an die Ukraine lieferte und die Entsendung von Truppen zur „Friedenssicherung“ anböte. Damit dokumentieren sie, dass das weder im Interesse Russlands sein kann, noch den Ansichten der neuen US-Administration entspricht. 

Was sich nun bitter rächt, ist die jahrelange Verunglimpfung des Versuchs, die Perspektive Russlands zu verstehen und die einseitige Parteinahme für die amerikanischen Demokraten. Biden, der in seinem Personal-Portfolio aufgeladene Revisionisten wie Blinken – die Familie stammt aus Kiew – und Nuland – deren Wurzeln in Bessarabien/Moldawien liegen – hatte und sie damit beauftragt hatte,  den Konflikt mit Russland zu inszenieren, ist Geschichte. Und dass die EU sich hatte dazu verleiten lassen, die Frage der ukrainischen EU-Mitgliedschaft an die NATO zu binden, hat sich zudem durch die eigene strategische Fehleinschätzung für immer aus dem Spiel genommen.  

Es ist nicht so, dass nicht häufig genug auf den Irrweg hingewiesen worden wäre. Aber alle Stimmen, die dazu rieten, die Finger von einer militärischen Einbindung der Ukraine in die NATO zu lassen, sich auf die eigenen Interessen zu besinnen und sich nicht nur für eine Partei in den USA zu entscheiden, wurden von der gesamten politischen Elite genauso verunglimpft wie von einer im Dunkeln der Weltgeschichte tappenden Qualitätspresse. Perspektivenwechsel, um das Spiel der Kräfte zu verstehen, galt und gilt im milden Fall als anti-demokratische Attitüde und in gesteigerter Form als agentenhaftes Treiben im Auftrag des Feindes. Wer so unterwegs ist, hat keinen Kompass mehr. Die Reaktionen auf die aktuellen Geschehnisse belegen genau das. Es herrscht großes Entsetzen, ohne auf die Idee zu kommen, dass das eigene Handeln mit der Entwicklung zu tun hat. Und wer immer noch an dieser These zweifelt, sehe sich die Begründung der amerikanischen Administration an, warum es keinen Sinn macht, die „Europäer“ an den Gesprächen mit Russland zu beteiligen.

In Westeuropa sollte sich derzeit jedoch niemand zurücklehnen und den Lauf der Dinge unbeteiligt beobachten. Die bellizistische Waffenlobby, die ihre Trabanten in den Reihen der so genannten demokratischen Mitte gut platziert hat, fürchtet wie ihre Trabanten den Frieden, weil er einhergehen wird mit ihrer Bedeutungslosigkeit. Letzteren ist alles zuzutrauen, nur kein rationales Handeln. 

Krieg: Der Baustein Tiflis folgt dem von Kiew

Wer starr an einem politischen Programm festhält, von dem kann nicht erwartet werden, dass bestimmte aktuelle Erfahrungen zu einem Lernprozess führen. Das bestätigen viele Menschen, die in politischen Parteien engagiert sind und in ihrem Leben mehrmals die Partei gewechselt haben. Ihre Psychogramme und die damit verbundene politische Agenda suchen sich immer das Umfeld, in dem sie das Maximum erreichen können. Sieht man sich manche Protagonisten der Gegenwart an, so bestätigt sich die These: totalitäre Charaktere sollen es sogar von maoistisch-kommunistischen Parteien bis ins Ministeramt geschafft haben und die Kalten Krieger der CDU haben auch die Jahrzehnte der Entspannung unbeschadet überlebt. Das liegt nicht an den Parteien, sondern an ihnen. Zumeist sind es autoritäre Charaktere, die den Kompass vor sich fest einbetoniert haben. Eines ist bei ihnen sicher: gelernt wird da nichts. Wo kämen wir dahin?

Und so ist es kein Wunder und nicht erstaunlich, dass gestern, scheinbar en passant, die Meldung durch die Nachrichten geisterte, in der georgischen Hauptstadt Tiflis habe es heftige Demonstrationen gegen die Regierung gegeben, die unwillig sei, Georgien in die EU zu bringen. Das hängt zwar nicht nur von der dortigen Regierung, sondern auch von der EU ab. Und genau da liegt der berühmte Hase bereits im Pfeffer.  Mit der EU als einem Wirtschafts- und politischen Systembündnis fängt es an. Da werden die schönen Seiten von Kooperation und Handel, von Freizügigkeit und Meinungsfreiheit gezeigt, bis, und das ist mittlerweile eine sogar festgeschriebene Gesetzmäßigkeit, plötzlich die Karte aus dem Ärmel gezogen wird, dass eine EU-Mitgliedschaft unter das Junktim mit der NATO fällt.

Erinnern Sie sich? Genau dieser Fall, das Junktim von EU und NATO, hat zu dem geführt, was als ein einziges Debakel genannt werden muss. Da wurde in der Ukraine geputscht, bis man eine Regierung hatte, die dieses Junktim befürwortete und die Liaison von EU und NATO akzeptierte. Da wurde die rote Linie für Russlands Sicherheitsvorstellungen bewusst überschritten, da wurde die Ukraine aufgerüstet, was das Zeug hielt, da wurde ein Krieg akzeptiert, an dessen Ende es die Ukraine in dieser Form nicht mehr geben wird. 

Hätte man es mit Akteuren zu tun, die sich der Sicherheit der jeweils eigenen Bevölkerung und einer damit verbundenen weiterreichenden Sicherheitsarchitektur verbunden fühlten, da wäre man bemüht, den gleichen Fehler nicht ein zweites Mal zu machen. Anders jedoch bei den uneinsichtigen Triebtätern, mit denen wir es zu tun haben. Ganz nach dem Muster Kiew wird jetzt das gleiche Spiel für Tiflis aufgelegt. Die einzigen Bausteine, die in den geübten Händen dieser Akteure liegen, sind die des Krieges. Der Ukraine soll jetzt Georgien folgen. Wir werden sehr schnell merken, wie die Propagandamaschine angeworfen wird, wie herzergreifend das Demokratiebedürfnis in Georgen ist und wie solidarisch wir mit dem Volk dort sein sollen. 

Dass Russland im Falle der Ukraine das Überschreiten der roten Linie für das eigene Sicherheitsempfunden gezeigt hat, demonstriert selbst dem Begriffsstutzigsten, dass die Reaktion im Falle Georgiens nicht anders sein wird. Wer das ignoriert, hat nur eine Agenda im Kopf: Krieg bis zum bitteren Ende. Verlassen Sie sich darauf. Der Totalitarismus sitzt im eigenen Lager.