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Dubiose Institute als seriöse Quellen?

Die Kritik an den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist hinlänglich bekannt. Und obwohl sie tausendfach formuliert wurde, hat sich nichts verändert. Ebenso verhält es sich mit den Printmedien. Diese sind stark monopolisiert, was die Imprägnierung ihrerseits gegen Kritik von außen beinhaltet. Anscheinend leben wir seit langem in Verhältnissen, in denen die Suche nach Kern und Wahrheit keine Relevanz besitzt. Was meistens jenseits des Blickfeldes derer liegt, die sich unermüdlich darum kümmern, dass nicht jede von den genannten Medien herausgehauene ideologische Phrase unwidersprochen bleibt, sind die Quellen, auf die sich die herrschende Meinungsmaschine unablässig berufen. Dabei handelt es sich schon lange nicht mehr um unabhängige und sorgfältig recherchierende Reporterinnen und Reporter, sondern um direkt abhängige und umfänglich eingebettete Megafonträger, die mit dem ursprünglichen Gedanken von Journalismus niemals in Berührung gekommen sind.

Es sei drauf hingewiesen, dass keine Nachrichtensendung und keine der etablierten Presseagenturen mehr darauf verzichten, als Expertinnen und Experten vorgestellte Mitarbeiter von Think Tanks und Instituten zu bemühen, um als seriös deklarierte Quelle zu fungieren. Die Namen der Institute muten zumeist recht unverfänglich an, sie sprechen über Studien zur internationalen Politik, es sind Zentren für strategische Studien oder Anstalten mit einem Namen aus der us-amerikanischen Geographie. Das interessante dabei ist, dass sie zumeist – weil es sich um Stiftungen handelt und ihr Treiben als gemeinnützig dargestellt wird – mit öffentlichen Geldern mitfinanziert sind. Bei der anderen Seite der Geldgeber wird oft sehr schnell klar, welcher Couleur diese sind. Mehrheitlich handelt es sich um Milliardäre, die seit Dekaden an allen möglichen Projekten des Regime Change auf der Welt beteiligt waren und mit ihrem „Kampf um Demokratie“ an der Börse immer ein saftiges Schnäppchen gemacht haben. 

Die exklusive Stellung, die diese Institute mittlerweile als Quellen in der Nachrichtenübermittlung genießen, ist ein Indiz für die groß angelegte, von fremden Interessen geleitete Massenmanipulation. Und dass diese Institute auch vor allem die jungen Parlamentarierinnen und Parlamentarier in ihrem Netz haben, macht die Erkenntnis nicht sorgenfreier. Diese werden umschmeichelt mit attraktiven Auslandsreisen, exklusiven Hotelaufenthalten und natürlich mit Seminaren, in denen sie eingenordet werden auf ein schlicht klassisch imperialistisches Konzept.

Betrachtet man die Aussagen, die angesichts der flächendeckenden, unterschiedlichen Krisen aus diesen Häusern über die öffentlichen Kanäle Verbreitung finden, dann wähnt man sich zuweilen mit einer Zeitmaschine zurückversetzt in die Blütezeit der Propaganda des faschistischen Europas. Von Kriegspropaganda bis hin zu Rassismus, von Konzepten, die dem von Auschwitz analog sind bis hin zu Blockadephantasien und Blaupausen der ethnischen Säuberung. Das alles kommt nicht in braunen Uniformen und von Schmissen veredelten Physiognomien der Maskulinität daher, sondern wird artikuliert von Frauen, die auf das Cover von Vogue passen würden, eine höhere Schulbildung genossen haben und nach ihren abscheulichen Tiraden in den edlen Reitclubs an Spree und Elbe ihre Araber satteln. 

Es kommt nicht immer nur auf den Inhalt an. Was an diesen gefährlichen, kriegstreibenden und Unfrieden in die Welt bringenden Instituten und ihrem Personal besonders zu Täuschung beiträgt, ist die scheinbar sympathische und zivilisierte Form, in der sie auftreten und ungehindert ihr Unwesen treiben können. Und mit ihnen erhöht sich die Summe der Steine, die aus dem Weg geräumt werden müssen, um zu zivilisiert demokratischen Lebensformen zu kommen. Dazu gehören ebendiese faulen Institute, eine Presse, die den Boden des Journalismus verlassen hat und Politiker, die sich als Klasse verselbständigt haben. Der 9. November naht. Es heißt, da sammeln sich die Deutschen. Irgendetwas passiert da immer. 

Fundstück: Journalismus wie in Zeiten des Bürgerkönigs

25.05.2014

Honoré de Balzac war es, der in seinem Roman Verlorene Illusionen, der im Paris des neunzehnten Jahrhunderts entstand und spielte, in seiner atemberaubenden Art sehr detailliert beschrieb, wie der Beruf des Journalisten entstand. Die Figur, die aller Illusionen beraubt wird, ist ein junger talentierter Mann, der aus der Provinz in das lasterhafte, schnelle, korrupte und zu Kapitalismus und Börse stürmende Paris des Bürgerkönigs kommt und sich als Schriftsteller durchsetzen will. Das gelingt ihm nicht und er landet bei einer Zeitung. Ihn ehrt die Naivität, dass er nach der Wahrheit sucht und meint, das sei der Auftrag des Journalisten. Die Herausgeber der  Zeitungen lehren ihn jedoch, was es heißt, sich auf einem Markt mit Konkurrenten behaupten zu müssen und wie man vorgehen muss, um hohe Auflagen zu erzielen. Der Roman ist neben vielem, was Balzac wie sonst in in vielen seiner Romane genial, aber in kaum einem in dieser Perfektion und Güte gelingt, ein Lehrstück über den Markt, auf dem sich Journalismus bewegt.

Die letzten Monate waren in vielerlei Hinsicht auch ein Lehrstück. Auch über den Journalismus. Aber hier und heute, in der Bundesrepublik Deutschland, in einer aus dem Selbstgefühl heraus definierten Demokratie, mit einem Monopol öffentlich-rechtlicher Berichterstattung in Radio und Fernsehen, mit dem Auftrag, der den Medien in der Verfassung zukommt: als kritischer Spiegel der Macht. 

Alles, was wir erleben konnten, hatte mit diesem Auftrag nichts zu tun, mit den Geschichten hingegen aus Verlorene Illusionen des Honoré de Balzac sehr viel. Wir wurden Zeugen einer reinen Spekulation auf die politische Manipulation der Bevölkerung, was die Interessen der Mächtigen betraf und betrifft. Und wir wurden Zeugen, welcher Mittel man sich dabei bedient. Sie entsprechen ebenfalls den Tricks und Finessen des Genres aus den Zeiten des Bürgerkönigs zu Paris. Die großen Themen, mit denen wir es zu tun hatten, die Ukraine und die Europawahlen, gerieten zu Propagandafeldzügen, inszeniert mit ungeheuren Schauergeschichten, die immer nur an niedere Instinkte appellierten, die immer darauf aus waren, Opposition zu diskriminieren, selten aufklärten und zumeist den Mächtigen zunutze waren. 

Die wilden Geschichten sollen hier nicht wiederholt werden, denn das führt zu nichts. Man kann nur reklamieren, dass der Auftrag, der in der Verfassung steht und aus dem der damalige Bundesverfassungsrichter Roman Herzog das geradezu unangefochtene Monopol der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten abgeleitet hat, nicht erfüllt worden ist. Das hat fast zu einem Krieg geführt und dazu beigetragen, Europa zu spalten. Denn bei dem Krim-Konflikt wurde bereits von militärischen Interventionen gesprochen, die nun notwendig seien und bei den Europawahlen wurden alle, die Kritisches zu der gegenwärtigen Führung der EU zum Ausdruck brachten, kurzerhand als Europahasser deklariert. 

Man kann es von zweierlei Standpunkten aus betrachten. Einerseits ist es böse Propaganda, was die öffentlich-rechtlichen Anstalten, und als solche sollten sie weiterhin bezeichnet werden, produzierten. Andererseits sind dort Menschen am Werk, die schlichtweg in den Zeiten des ach so demokratischen Internets sozialisiert wurden, die gar keinen Schimmer davon haben, was guter, kritischer und seriöser Journalismus bedeutet. Frau Krone-Schmalz hat das in einem längeren Interview alles sehr kritisch unterlegt und es sei jedem empfohlen, weil sie immer sehr sachlich blieb und sich auf das journalistische Handwerk beschränkte. 

Interessant ist es zu wissen, wie die Russen in dem Konflikt empfinden, wie die Opposition gegen Putin jenseits von Pussy Riot oder Chodorkowski aussieht und welche Mechanismen wirken bei der Meinungs- und Parteienbildung in diesem großen, untrennbar zu Europa gehörenden Land. Und ebenso wichtig ist es, eine Idee davon zu bekommen, wie sich die zahlreichen, und nicht unberechtigt zahlreichen Kritikerinnen und Kritiker der gegenwärtigen EU-Politik ein anderes Europa vorstellen, das besser funktioniert. Zu allem davon existiert kein Wort aus den Membranen eines zu 100 Prozent subventionierten Monopol. Wenn sich daran nichts ändert, blühen uns böse Zeiten. Man mache sich keine Illusionen.

Amerikanische Wahlen und deutsche Märchen

Gott sei Dank! Die Demokraten verteidigen den Senatssitz von Arizona! Der ehemalige Astronaut Kelly setzt sich gegen den Kandidaten der Republikaner durch. Jetzt fehlt den Demokraten nur noch ein Sitz, um die Mehrheit im Senat zu halten. Und nun haben sie ihn, den Sitz!

Das ist der Tenor der hiesigen Berichterstattung und er zeigt, wie es um den Orientierungssinn in der politischen Berichterstattung bestellt ist. Jede Stimme für die Demokraten wird gefeiert als Sieg der Demokratie und eine Mehrheit der Republikaner in beiden Kammern mit dem Weltuntergang gleichgesetzt. Das einzige, was bei dieser Sichtweise klar wird, ist der Einfluss demokratischer Stiftungen und Think Tanks auf den deutschen Journalismus. Mehr aber auch nicht. Und dass Politiker diesen Unsinn auch noch nachbeten, nährt die bereits grassierende Verzweiflung. 

Der Krieg in der Ukraine ist, jenseits der immer wiederholten Erzählungen eben jener Zunft, das Ergebnis eines mehrere Jahrzehnte umfassenden Prozesses, bei dem es um das Zwischenergebnis eines Kalten Krieges ging, an dessen vermeintlichem Ende es um die Ansprüche der zusammengebrochenen Sowjetunion genauso ging wie um die geostrategischen Perspektiven der vermeintlich obsiegenden USA. Die konsequente NATO-Osterweiterung war das eine, der Revisionismus einer gedemütigten Supermacht das andere. Den großen Gewinner, soviel ist gewiss, den gab es nicht.

Russland hat nicht nur Raum und Menschen in großer Zahl verloren, sondern auch, ganz in der Tradition des eigenen Imperialismus, zu sehr auf den eigenen Ressourcenreichtum vertraut und die gesellschaftliche wie technische Modernisierung verschlafen. Die USA, vom Triumphalismus trunken, schwächten sich selbst durch zahlreiche Kriege, verloren die Dominanz durch die Weltfinanzkrise 2008 und verpassten ihrerseits die Möglichkeiten, die Gesellschaft vor einer rapiden Erosion zu bewahren. Das Land ist gespaltener denn je und wer glaubt, es läge lediglich an einem schillernden Baulöwen aus dem republikanischen Lager, der folgt blauäugig den Schauergeschichten demokratischer Wahlkampagnen. Die Zerrissenheit hat andere Ursachen als das Psychogramm der Spitzenkandidaten. Sie sind die Symptome, aber nicht die Ursache.

In den drei Dekaden nach dem vermeintlichen Ende des Kalten Krieges hat sch China durch die Entwicklung der eigenen Produktivkräfte, durch Technologie, durch Investition in Bildung und Infrastruktur zu einem Schwergewicht in den internationalen Beziehungen entwickelt, ohne, und das sei einmal unterstrichen, bis heute in nur einem Land außerhalb der eigenen Grenzen militärisch interveniert zu haben. Chinas Dominanz resultiert aus eigenen Anstrengungen, aus eigenen Investitionen und aus geschickter Diplomatie. Im Vergleich dazu stehen sowohl die USA, als auch die sich immer mehr zu deren brotlosem Appendix entwickelnde EU sowie Russland schlecht da.

Die amerikanischen Demokraten standen bereits 2016 für die Option eines heißen Krieges mit Russland. Die damaligen Kandidatin Clinton hatte immer wieder diese Notwendigkeit betont. Da mit einer Ukraine, in der ein erfolgreicher Regime Change durchgeführt worden war, ein wunderbarer Stellvertreter gefunden war, mit dem man Russland in den Waffengang locken konnte, war die Möglichkeit gegeben.

Nach der Abwahl von Trump war es dann soweit und es dauerte nicht lange, bis der heiße Krieg entfacht war. Wunderbarerweise stand aufgrund der kausalen Abfolge Russland als Aggressor da. Alles, was aus dem demokratischen Lager zu entnehmen ist, deutet darauf hin, den militärischen Konflikt solange am Leben zu erhalten wie möglich, um den Keil zwischen Russland und Rest-Europa so tief wie möglich zu treiben. Dabei werden Kollateralschäden in Kauf genommen, die die europäische Entwicklung auf Jahrzehnte vehement beeinträchtigen werden.  

Wer da als Journalist um demokratische Mehrheiten bangt, ist exzellent gebrieft und verbreitet Nachrichten, die weit vom Wesen der Geschehnisse weit entfernt sind. Das eigene Handwerk beherrscht er nicht.