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Ein famoses Beispiel gelungener Integration

Akif Pirincci. Deutschland von Sinnen

Was ist eine Polemik? Eine Art der Überzeichnung, die provoziert und zum Nachdenken anregt. Und wann tut eine Polemik richtig weh? Genau: wenn sich jemand zu Wort meldet, über den in der Regel sehr viel spekuliert wird, der aber bisher geschwiegen hat. Akif Pirincci, 1959 in Istanbul geboren und seit 1969 in Deutschland ist genau das, was man einen Deutschen mit eindeutigem Migrationshintergrund nennt. Sein Weg ist beeindruckend, als Autor schrieb er Kultbücher wie Felidae, Der Rumpf und Francis, in viele Sprachen übersetzt und verfilmt. Man kann ohne Zweifel sagen, dass er es geschafft hat. Und er verfügt daher über das, was die größte Motivationsquelle des menschlichen Daseins ist, nämlich Erfolg aufgrund eigener Leistung.

Dieser Akif Pirincci kommt nun mit einem Buch auf den Markt, das dem politischen Mainstream in seinem Deutschland, wie er sagt, so richtig die Meinung bläst. Deutschland von Sinnen. Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer sorgt als Titel alleine schon dafür, dass manche es nicht wagen werden, das Buch zu lesen, was sie aber tun sollten, weil vieles, das Pirincci mit scharfer Polemik thematisiert, nicht nur lange überfällig ist, sondern auch dazu beiträgt, die Frage zu stellen, wie weit das öffentliche Bewusstsein noch bereit ist, sich von sektenhaften Wahnvorstellungen betäuben zu lassen.

In insgesamt sieben Kapiteln wird Tacheles geredet, wobei das erste als Einleitung gelten muss. Da outet sich Pirincci als deutscher Patriot und schafft damit die Grundlage für seine späteren Ausführungen. Diese befassen sich mit den wesentlichen Themen der in der medialen Manipulationsmaschine abgehandelten Ideologisierung der Gesellschaft, da geht es um die Idealisierung der Homosexuellen, die Beschönigung des Islam als einer weit von der Aufklärung entfernten Religion, der Feminisierung aller Lebensaspekte und die längst stattgefundene Götterdämmerung der deutschen Intellektuellen.

Dass keine Missverständnisse entstehen: Akif Pirincci diskriminiert keine Schwulen, er spricht keinem Menschen das Recht auf freie Religionsausübung ab, er hält Frauen gattungsgeschichtlich für das Maß der qualitativen Weiterentwicklung und er bekennt sich zur Tradition des kritischen Dnkens. Und gerade deshalb schlägt er so gnadenlos mit dem Vorschlaghammer seiner Formulierungen ein auf den Kult um das andere, weil es latent immer die Diskriminierung derer beeinhaltet, die ihr Ding machen, die sich nicht abbringen lassen durch Widrigkeiten, die Tür an Tür mit dem Anderen leben und sich dafür nicht mit Orden des Mainstreams dekorieren lassen. Akif Pirincci entpuppt sich als Fürsprecher all derjenigen, die einmal als bettelarme Arbeitsmigranten nach Deutschland kamen und hier aufgrund ihres Fleißes, ihrer Disziplin, ihrer Ausdauer und ihres Könnens Erfolg hatten. Sie achten und lieben dieses Land, und sie können nicht verstehen, welcher Wahn die Deszendenten derer leitet, die schon immer hier waren und die unreflektiert das Mantra nachplappern, wonach alles hier so schrecklich ist.

Man muss wissen, dass Akif Pirincci das Buch so geschrieben hat wie er es geschrieben hat, um heftig zu provozieren. Das ist ihm gelungen. Und nicht nur das: Er ist ein aufgeklärter Mensch und hat wenig Angriffsfläche geboten, ihn der Diskriminierung zu bezichtigen. Aber dennoch wird sich die Betreuungsindustrie misslungener Integration mit gefletschten Zähnen auf ihn werfen. Das Buch ist ein Muss. Es ist ein beredtes Dokument eines famosen Beispiels gelungener Integration. Wer die Lektüre nicht aushält, der sollte Worte wie Toleranz und Integration nie wieder in den Mund nehmen!

Zur Sprache zurück gefunden

Wolfgang Pohrt. Kapitalismus Forever. Über Krise, Krieg, Revolution, Evolution, Christentum und Islam

Er hat zur Sprache zurück gefunden. Einer der streitbarsten deutschen Publizisten, der seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts immer wieder mit Eloquenz, Tiefsinn, analytischer Schärfe und beißendem Spott dem Mainstream wie dem Dogmatismus den Kampf angesagt hatte, stellte Mitte der neunziger Jahre fest, dass das alles keinen Sinn mehr ergab. Seiner Meinung nach vermochte er mit seinen Schriften nichts zu ändern. Nach Büchern, deren Titel die Komplexität seines Geistes dokumentieren, wie Theorie des Gebrauchwerts, Balzac. Der Geheimagent der Unzufriedenheit, Stammesbewusstsein, Kulturnation, Der Weg zur inneren Einheit, Borthers in Crime, Gewalt und Politik etc., verkündete er das Ende seiner Schreibtätigkeit. Knapp zehn Jahre später meldete er sich das erste Mal zurück, dann 2010 mit Gewalt und Politik und 2012 mit dem vorliegenden Kapitalismus Forever. Über Krise, Krieg, Revolution, Evolution, Christentum und Islam.

Wolfgang Pohrt wäre nicht Wolfgang Pohrt, wenn er nicht, zumal nach so langer Zeit, zu einem Generalangriff bliese, wie dem Titel zu entnehmen ist. Der als Marxist Sozialisierte und Profilierte verzichtet jedoch darauf, eine Ehrenrettung seiner historischen Standpunkte zu versuchen. Er rechnet brutal mit sich und der Welt ab und hinterlässt dabei seine ungeschminkte Wahrheit. Und dabei bekommen alle ihr Fett ab.

Pohrt zieht Bilanz und stellt – immer en passant, aber deutlich – fest, dass die Bildungsreform mit einer Massenverblödung endete, dass die Linke zu einem Zankverein in Filzpantoffeln wurde, dass die Frauenemanzipation das Kapital vom Arbeitskräftemangel befreit hat, dass es sich bei den Kämpfern gegen Stuttgart 21 um eine geriatrische Bewegung handelt, die weiß, warum sie „oben bleiben“ will, dass die Desaster-Voraussagen des Marxismus einfach nie eintreffen, dass das Kapital selbst in Denk- und Wirkungsweise dem Hirn eines Krokodils entspricht, dass das Christentum an Destruktivität dem Islam weit voraus ist und dass die Kolonialvölker aus der Globalisierung wahrscheinlich als Sieger hervorgehen.

Einzeln gesehen sind viele von Pohrts Thesen nicht unbedingt neu. In ihrer Summe und der Art der Decodierung jedoch wirken sie wie ein Volltreffer gleich nach Beginn der ersten Runde. Wie ein Boxer schlägt Pohrt mit unerbittlicher Präzision gleich mit einer Geraden auf den Solar Plexus, um danach noch einen Haken auf das Sprachzentrum zu setzen. Der Kontrast, den die in Kapitalismus Forever formulierten Gedanken schaffen, besteht einerseits in der Stringenz der Pohrtschen Argumentationslogik und andererseits in dem Nebel und Dunst der Konsenskultur, die durch das Opiat der Political Correctness geschaffen wurde. Wir sind es schlichtweg nicht mehr gewohnt, dass jemand Tacheles redet und den Konflikt geradezu provoziert. Das ist kein Zufall, sondern liegt in voller Absicht des Autors.

Neben den Themen, um die sich Wolfgang Pohrts Ausführungen drehen, die alle etwas mit zeitgenössischer Geschichte und Gesellschaftskritik zu tun haben, geht es auch um eine längst vergessene und auf den Black Lists der neuzeitlichen Inquisition stehende Diskursform. Der Autor entstammt einer Zeit, in der Polemik und Konflikt die gängige Form der kognitiven Auseinandersetzung waren. Das wirkte, historisch betrachtet, manchmal übertrieben, aber im Vergleich zu der weichgespülten Indoktrinierung unserer Tage, in der der geheuchelte Konsens die magenfreundliche Verpackung ausmacht, mit der das Manipulative in die Blutbahn geschickt wird, sind die Offenheit und das Unverblümte, mit der Wolfgang Pohrt seine Argumente führt wie ein heilsamer Schock, der den Verstand in voller Klarheit reinstalliert.

Psychopathologie als Kollektivsymbolik

Claire Danes, Damian Lewis. Homeland, Season 1

Dass sich die Welt nach dem 11. September 2001 geändert hat, wird immer wieder aus unterschiedlichen Blickwinkeln festgestellt. Wie sie sich verändert hat, hängt zumeist von der jeweilig gewählten Perspektive ab. Sicher scheint zu sein, dass sich ein vermeintlich politischer Konflikt, der zwischen dem christlich-kapitalistischen Westen und dem merkantil-islamischen Osten entstanden ist noch andere, schwerwiegende Symptome zu verkraften hat als sie in Kategorien der Geostrategie, der Ökonomie oder der Außenpolitik zu begegnen wären. Dabei handelt es sich um Dimensionen der Psychopathologie, die verursacht wurden durch allseitige kriegerische und terroristische Akte, die zu Verletzungen, Traumatisierungen und Schockerlebnissen geführt haben.

Ausgerechnet einer TV-Filmserie, diesmal von FOX und nicht aus dem Hause HBO, bleibt es vorbehalten, das Thema der psychischen Implikationen dieses Kultur- und Interessenaufpralls zu thematisieren. Kein Wunder, dass die Vorlage einer israelischen Serie entlehnt wurde, weil dort das Thema weit länger zum Alltag gehört als in Washington oder Berlin. Die erste Staffel von Homeland setzt auf eine einfache Regieanweisung: US-Marine gerät bei einem Einsatz im Irak in Gefangenschaft und landet bei Al Quaida. Nach acht Jahren wird er wie ein Wunder befreit und kehrt in die Heimat zurück. Natürlich wird er zum Politikum und natürlich liegen der CIA Hinweise vor, dass ein US-Soldat umgedreht worden sein soll. Das alles ist ein schlichtes und nicht besonders aufregendes Konstrukt.

Wie allerdings sowohl das Regiebuch als auch Damian Lewis als Nicholas Brody und Claire Danes als Carrie Mathison ihre Rollen ausfüllen, das ist eine neue Dimension der subkutanen Dramatik. Hier die strebsame und durch eine bipolare Störung forcierte CIA-Agentin, dort der durch Folter- und Verlusterlebnisse traumatisierte Soldat, der in ein Karussell der Loyalitäten geraten ist. In dem gesamten Konsortium der Akteure ist es ausgerechnet die Manisch-Depressive, die der Interpretationswahrheit der verworrenen Ereignisse am nächsten kommt und ihr Pendant, der Held, lässt menschliche Qualitäten wie Loyalität und Treue ebensowenig missen wie die kaltblütige innere Logik der Zerstörung. Beide Pole ziehen sich an und stoßen sich ab, aber sie sind die einzigen, die das gesamte Spiel zu durchschauen scheinen. Um sie herum erleben sie eine Welt, in der die Vertreter von Recht und Gesetz sich nur noch durch den Rechtsbruch zu helfen wissen und kalte Revanchisten aus Trauer zu Verzweiflungstätern werden.

In den Folgen der ersten Staffel wirkt nichts holzschnittartig und kein Klischee ist so schal, als dass es abstieße. Das Bezwingende ist die Raffinesse, mit der es gelingt, das scheinbar Absurde als folgerichtig in die Welt zu bringen. Dadurch kommt es zu einer Signatur für den Zustand der Protagonisten in diesem Konflikt: Jede Seite hat humane wie machtpolitische Argumente, um das Fortschreiten der Destruktion zu rechtfertigen. Dass die Akteure dabei unzweifelhaft und unwiederbringlich vor die Hunde gehen, ist unumgänglich. Fast könnte man sagen, um in der psychopathologischen Metaphorik zu bleiben, in dieser bipolaren Welt ist die Störung zum Normalzustand geworden, und diejenigen, die sich der Störung als Konsens der Konflikteure widersetzen, haben sich selbst auf die Liste der zu Zerstörenden gesetzt. Das einzige, das bei Homeland versöhnt, ist die Gewissheit, dass die Designer der Serie das Absurde durchschaut haben. Aber das ist der richtige Genuss im falschen!